Der Streit um die Ansiedlung der Goldscheideanstalt C. Hafner entzweit den Ort. Der Disput reicht bis in den Alltag. Das Klima in der Diskussion ist aufgeheizt, die Emotionen schlagen hoch. Kann ein Bürgerentscheid die Lösung des Zwistes bringen?

Wimsheim - Wolfgang Jentner steht im Frischegrund, die Sonne scheint, die Vögel zwitschern. Obwohl die Bagger und Lastwagen im Einsatz sind, ist es idyllisch im Wimsheimer Neubaugebiet. Jentner lässt seinen Blick schweifen über die kleine Gemeinde und den ortskernprägenden Kirchturm, die grünen Wiesen und über den Wald am Horizont. Dann bleibt sein Blick an einer ganz bestimmten Stelle hängen.

 

„Dorthin, rechts neben den Hallen von Camlog, könnten das Industriegebiet und Hafner hinkommen“, erklärt er und zeigt auf ein großes Waldstück. Wolfgang Jentner ist Vorsitzender der Bürgerinitiative (BI) die die Ansiedelung der Pforzheimer Gold- und Silberscheideanstalt verhindern möchte. Der 69-Jährige ist ein Wimsheimer Urgestein, einen Großteil seines Lebens hat er in der Enzkreisgemeinde verbracht. „Ich habe miterlebt, wie sich dieses kleinen Kuhdorf entwickelt hat“, erzählt er. Wolfgang Jentner lebt gerne in Wimsheim mit seinem dörflichen Charakter. Man kennt sich in der kleinen Kommune. Auf der Straße grüßt man einander, bleibt häufig stehen, um kurz zu plaudern.

Doch genau das scheint derzeit kaum noch möglich zu sein. Die Fronten sind verhärtet. Auf der einen Seite steht die Bürgerinitiative Wimsheim, die gegen ein Industriegebiet im Ort ist und nicht müde wird, ihre Meinung mit Plakaten, Flyern und Demonstrationen zu untermauern. Auf der anderen Seite steht die Interessengemeinschaft für Wimsheim (IFW), die Hafner t gerne im Ort sehen würde. Seit sich der Bürgermeister Mario Weisbrich und der Gemeinderat im Dezember für die Ansiedelung im Gewerbegebiet Breitloh-West ausgesprochen haben, schlagen die Wogen hoch.

Die Hafner-Befürworter von der IFW haben sich inzwischen zurückgezogen und ihre Aktivitäten erst einmal eingestellt. Zu stark ist die Konfrontation in ihren Augen bereits eskaliert, sie wollen nicht weiter Öl ins Feuer gießen. Bis alle Gutachten auf dem Tisch liegen, wollen sie sich nicht mehr öffentlich äußern, erklären sie.

Doch wie empfinden die Bürger eigentlich diesen Konflikt? Sina Kräh betreibt einen Blumenladen. Nie hätte sie gedacht, dass das Klima im Ort sich so aufheizen könnte. Menschen, die sich schon lange kennen, sprechen plötzlich nicht mehr miteinander, gehen sich aus dem Weg. „Ich finde es sehr schade, was hier passiert“, sagt sie. Die Geschäftsfrau verhält sich neutral, und erklärt das auch ihren Kunden.

Diese Strategie hat sich aus ihrer Sicht bewährt. „Egal, was man auch sagt, man sticht in ein Wespennest“, sagt Sina Kräh. Sie hofft, dass die Streitereien im Dorf bald ein Ende haben. „Ich wünsche mir, dass es in ein faires Miteinander umschlägt und man sachlich diskutieren kann.“

Davon ist man in Wimsheim aber noch weit entfernt. Das bestätigt auch eine junge Wimsheimerin auf dem Parkplatz des Edeka-Supermarkts, die ihren Namen lieber nicht in der Zeitung lesen möchte. Der Streit reiche weit in den Alltag der Bürger herein, sagt sie. Sogar im Kindergarten wird über die Goldscheideanstalt diskutiert. „Manche Eltern werden richtig angegangen, wenn sie Position beziehen“, erzählt die Mutter einer kleinen Tochter.

Sie selbst sei zwar gegen die Industrieansiedlung. Aber deswegen mit Andersdenkenden nicht mehr zu sprechen, komme für sie nicht in Frage. Ihr Forderung: „Man soll sich gut informieren und seine Meinung frei vertreten dürfen.“ Gerade weil der Ort so polarisiert ist, sind viele Wimsheimer in diesen Tagen wenig gesprächig, wenn man sie dazu befragt.

Viele meiden das Thema, wollen sich nicht öffentlich äußern. „Ich will die Stimmung nicht noch schlechter machen“, sagt ein Passant auf der Hauptstraße kurz angebunden. Aber dann scheint er doch etwas loswerden zu wollen. Der Rentner, der seit 40 Jahren in dem Ort lebt, ist nämlich für die Ansiedlung. „Wenn Hafner nach Wimsheim kommt, wäre das eine Chance für das Dorf“, sagt er dann. So mancher der „alteingesessenen“ Wimsheimer würden das ganz ähnlich sehen. Er hofft auf den Bürgerentscheid: „Dann zeigt sich, was die Leute wirklich möchten.“

Wie genau die Mehrheit im Ort denkt, bleibt offen. Anfang Juni hat die Bürgerinitiative die Stimmen von 755 Bürgern im Rathaus abgegeben. Sie haben sich dafür ausgesprochen, dass ein kommunales Referendum über die Ansiedelung entscheiden soll. „Derzeit prüft die Verwaltung die Voraussetzungen für ein Bürgerbegehren“, erklärt der Bürgermeister Weisbrich.

Der Gemeinderat werde dann darüber entscheiden, ob eine Volksabstimmung stattfindet. Dann hätten es die Bürger selbst in der Hand, ob Hafner nach Wimsheim kommt oder nicht. Und der Dorffriede wiederhergestellt werden kann.