Das Weltcafé ist zu, die Stadt Gerlingen wälzt zurzeit die Bewerbungen möglicher neuer Pächter. Der jüngste, Carlos Dourado, war ein ungewöhnlicher Gastronom.

Es ist aus und vorbei, und das nach weit weniger als zwei Jahren: Carlos Dourado, der im Mai 2021 neben der Bücherei das beliebte Weltcafé Exlibris öffnete, es mit Herzblut erst einrichtete und dann betrieb, hat sich dauerhaft aus dem Geschäft zurückgezogen. Nachdem etwa Anfang Oktober an der Eingangstür als Begründung für die Schließung zunächst Betriebsferien beziehungsweise Urlaub stand, war es später „wegen Krankheit“.

 

Sowohl Carlos Dourado als auch die Bürgerinnen und Bürger und die Stadtverwaltung bedauern die Schließung. „Das nachhaltige Betriebskonzept des Weltcafés hat das Gastronomieangebot der Fair-Trade-Stadt Gerlingen gut ergänzt“, sagt Nina Fänger, die Leiterin des Amts für Gebäudemanagement. Ihr zufolge sei die Geschäftsbeziehung zwischen dem so engagierten wie motivierten Pächter und der Verwaltung stets vertrauensvoll gewesen. „Durch frühzeitige Gespräche miteinander hat sich eine Aufgabe der Café-Bar angekündigt“, sagt Nina Fänger. Die Auflösung des Pachtverhältnisses sei in beiderseitigem Einvernehmen erfolgt. Rund 250 000 Euro investierte die Stadt als Eigentümerin in die Sanierung des Weltcafés. Ein Café öffnete im Zuge des Neubaus und der Eröffnung der Stadtbibliothek erstmals anno 1998.

Nachhaltigkeit bleibt im Fokus

Und jetzt? Sucht Gerlingen einen neuen Pächter, der dann der sechste ist. „Wir möchten durch die Café-Bar Exlibris den neu benannten Europaplatz weiter beleben und mit einer gut besuchten Lokalität über den Tag hinweg bereichern“, sagt Nina Fänger. Die Stadt habe bewusst weit ausgeschrieben, um der ganzen Bandbreite an Konzeptionen eine Möglichkeit zu geben. „Es wird jedoch nach wie vor Wert auf Nachhaltigkeit gelegt“, betont Nina Fänger. Die auch berichtet, dass viele Bewerbungen mit „vielseitigen Konzepten“ eingegangen seien. Schon vor der Ausschreibung, als das Weltcafé bereits zu war, habe es viel Interesse und zahlreiche Nachfragen gegeben. Man werde die Qual der Wahl haben, sagt Nina Fänger. Über die Zukunft der Lokalität entscheidet der Gemeinderat. Die Verwaltung rechnet damit, dass sie im Frühjahr wieder öffnet.

Carlos Dourado setzte stark auf Nachhaltigkeit. Die Einrichtung, die er in weiten Teilen selbst gemacht hat, besteht aus nachhaltigen Materialien. Auch das vegetarische und vegane Essen aus Bio-, regionalen und fair gehandelten Produkten war, wie er erzählte, möglichst selbst gemacht. Er achtete darauf, dass abends nichts im Müll landete.

„Ich bin ein Gastgeber, kein Geschäftsmann“

Zudem war ihm soziale Verantwortung wichtig. So bot er jungen Leuten ein Domizil oder Arbeit, damit sie sich nicht an der U-Bahn-Haltestelle aufhalten. Was einigen Gästen laut Dourado missfiel, zum Beispiel wegen des Lärmpegels. Insgesamt kann man den 40-Jährigen durchaus als einen ungewöhnlichen Gastronomen bezeichnen. „Ich bin ein Gastgeber, kein Geschäftsmann“, sagte er einmal im Gespräch von sich – und dass das Konzept in Gerlingen fast einzigartig sei. Ihm gehe es nicht darum, möglichst viel Gewinn zu erwirtschaften, sondern, alle willkommen zu heißen – so, dass sie sich im Weltcafé wohlfühlen. Vergleichsweise günstig waren die Preise seiner Speisen.

Im Strohgäu führte Carlos Dourado fort, was er im Weltcafé am Stuttgarter Charlottenplatz mit Ludéric Belhadj und Reiner Bocka begonnen hatte, unter dem Dach des Welthauses, in dem sich auch ein Weltladen befindet. Dort hatte Carlos Dourado sich zurückgezogen, um sich ganz auf Gerlingen zu konzentrieren.