Zwei Weissacher Gemeinderätinnen wehren sich: Ob Weissach gegen die frühere Bürgermeisterin vorgeht, war umstritten.

Weissach - Ob die Gemeinde Weissach vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart gegen die frühere Bürgermeisterin Ursula Kreutel vorgeht, war nicht einstimmig beschlossen worden. Das betonen Susanne Herrmann und Marga Schmälzle in einer Pressemitteilung an unsere Zeitung. „Wir haben als damalige Gemeinderatsmitglieder gegen den Beschluss gestimmt“, heißt es darin.

 

Vor zwei Wochen hatten wir über das Urteil gegen Ursula Kreutel berichtet. Das Verwaltungsgericht Stuttgart hatte sie dazu verurteilt, 223 000 Euro Schadensersatz an die Gemeinde Weissach zu zahlen, weil sie in ihrer Amtszeit als Bürgermeisterin ihre Amtspflichten missachtet habe. Rechtskräftig ist das noch nicht, Kreutel will beim Verwaltungsgerichtshof Mannheim gegen das Urteil vorgehen.

Der Gemeinderat hatte über die Aufarbeitung zu entscheiden

Kreutel war von 2006 bis 2014 Weissacher Bürgermeisterin. Schon seit 2003 hatte die Gemeinde – zum Beispiel – keinen Jahresabschluss mehr vorgelegt. 223 000 Euro hat die spätere, aufwendige Ausarbeitung dieser Versäumnisse gekostet. Seit dem Amtsantritt ihres Nachfolgers Daniel Töpfer (CDU) im Jahr 2014 hatte der Gemeinderat nun zu entscheiden, ob die Gemeinde diese Kosten der Aufarbeitung von Ursula Kreutel zurückfordern soll.

Einstimmig sei dieser Beschluss damals gefallen, hatte Töpfer unserer Zeitung mitgeteilt. Die Sitzungen des Gemeinderats zu diesen Fragen waren alle nichtöffentlich. In der Gemeinde hatte diese Information für Wirbel gesorgt, weil das bedeutet hätte, dass alle damaligen Gemeinderäte für die Klage waren. Zumindest zwei Nein-Stimmen, von Susanne Herrmann (Unabhängige Liste) und Marga Schmälzle (Bürgerliste), gab es aber. „Wir fühlen uns durch die Aussage des Bürgermeisters in unserer Ehre als Gemeinderatsmitglieder verletzt, wie uns zahlreiche Rückfragen aus der Bürgerschaft zeigen“, schreiben sie.

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Daniel Töpfer sieht es auf Nachfrage unserer Zeitung hin differenzierter. Seiner Meinung nach hatte unsere Zeitung korrekt berichtet. Es habe aber viele verschiedene Abstimmungen zu dem Sachverhalt gegeben. „Die Grundsatzentscheidung zur juristischen Aufarbeitung durch eine spezialisierte Rechtsanwaltskanzlei wurde vom Gemeinderat bereits Ende 2015 gefasst“, sagt er. „Und zwar einstimmig.“ Seit Anfang 2016 habe es dann zahllose und sehr zeitintensive Sitzungen zu den Themen gegeben. „Dies vor allem mit dem Ziel, entstandene Schäden gegenüber den richtigen Adressaten geltend zu machen“, erklärt der Bürgermeister.

Zum Teil waren bei diesen Abstimmungen auch „wenige Enthaltungen oder teilweise Gegenstimmen“ dabei. „Fakt ist jedoch, dass alle Beschlussvorschläge zur Aufarbeitung, die vom Gemeinderat nicht abgelehnt wurden, mit sehr großer Mehrheit beschlossen wurden“, sagt Töpfer.

„Auch der frühere Gemeinderat hat eine Mitverantwortung“

Susanne Herrmann und Marga Schmälzle wollen aber festhalten, speziell bei der Causa Kreutel dagegen gewesen zu sein: „Wir haben gegen den Beschluss gestimmt, weil wir auch eine Mitverantwortung beim ehemaligen Gemeinderat sehen, der seiner Kontrollpflicht offenkundig nicht nachgekommen ist.“ Außerdem seien sie der Auffassung, dass es nicht der Befriedung in der Gemeinde dient, den „wirtschaftlichen Ruin der ehemaligen Bürgermeisterin durch jahrelange Prozesse voranzutreiben“. Die Versäumnisse reichten zum Teil weit vor Kreutels Amtszeit zurück, deshalb wäre ein Schlussstrich längst angemessen gewesen.

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Daniel Töpfer betont dagegen, die „vollständige und rigorose Aufarbeitung“ sei Wunsch des Gemeinderates gewesen. Die Abstimmung bei der Causa Kreutel war zwar nur mehrheitlich, nicht einstimmig. „Ob dadurch einzelne Personen ihre persönliche Meinung nicht vertreten sehen, ist irrelevant“, findet Töpfer. „Denn die Gemeinderäte vertreten allesamt die Interessen der Bevölkerung, nicht ihre eigenen.“ Der Bürgermeister betont zudem, dass es nicht der Willkür der Gemeinde zu obliegen habe, Schadensersatz von Ursula Kreutel einzufordern – schließlich sei ein Schaden einstanden. „Es gibt eine klare, höchstrichterliche Rechtsprechung, wonach Ansprüche in einem solchen Fall, wie er in Weissach aufgetreten ist, zwingend geltend gemacht werden müssen“, sagt der Bürgermeister.