Es ist nicht unbedingt üblich, dass eine Bürgermeisterwahl in einer kleineren Gemeinde für solch großes Aufsehen sorgt. Doch in Weissach ist vieles anders, auch die Sache mit der Wahl. Der CDU-Kandidat Daniel Töpfer hätte fast Ursula Kreutel besiegt.

Weissach - Es ist nicht unbedingt üblich, dass eine Bürgermeisterwahl in einer kleineren Gemeinde für solch großes Aufsehen sorgt. Doch in Weissach ist vieles anders, auch die Sache mit der Wahl.

 

Zweieinhalb Stunden vor dem Anpfiff des WM-Finales ist das Rathausfoyer gut gefüllt. Viele wollen wissen, wie der andere wichtige Wettkampf dieses Tages ausgeht: Schafft es der erst 25-jährige Daniel Töpfer tatsächlich, die seit acht Jahren amtierende Bürgermeisterin vom Chefsessel zu verdrängen? Nicht nur Bürger und örtliche Gemeinderäte interessiert das, sondern auch die Bürgermeister der Nachbargemeinden. Tilo Schreiber ist aus Weil der Stadt gekommen, Wolfgang Faißt aus Renningen. Auch das Spitzenduo aus Rutesheim, Dieter Hofmann und Martin Killlinger, ist da. Nicht weit hatte es Thomas Fritsch aus dem benachbarten Mönsheim.

Zugegen ist auch die Frau, um die es an diesem Abend vor allem geht: Ursula Kreutel trifft schon um kurz nach halb sieben mit ihrer Tochter im Rathaus ein. Sie ist aufgeregt. „Alles andere wäre ja auch unnatürlich“, sagt sie. Sie gesellt sich zu ihren Kollegen. Von ihren Hauptherausforderern, dem CDU-Mann Töpfer und dem Sozialdemokraten Gerhard Dietz, ist nichts zu sehen.

Die mehr oder minder öffentliche Stimmenauszählung ist um 18.40 Uhr abgeschlossen. Der stellvertretende Bürgermeister Volker Kühnemann lässt die Auszählungstische, die mitten im Foyer platziert sind, wieder abbauen. Zur Feinauszählung und zum Eintakten der Briefwahl-Stimmen zieht sich das Wahlteam in einen separaten Raum zurück.

Es ist schon nach sieben. Das Foyer ist mittlerweile rappelvoll. Einige wenige tragen Deutschland-Trikots. Die Luft ist stickig. Das Endspiel auf der anderen Seite des Atlantiks rückt näher. Immer ebben die Gespräche ab, weil einer meint, das Ergebnis ist da. Doch es lässt auf sich warten.

19.09 Uhr. Endlich. Volker Kühnemann tritt mit Zetteln an eine Art Tresen. Der Wahlleiter macht es spannend. Eine Stimme gab es für Angela Merkel. Für einen gewissen Peter Rebmann hat auch jemand votiert, wer immer das ist. Spaßbewerber Alwin Müller erhält zwölf Kreuze. Der selbst ernannte Querdenker Helmut Epple 20.

Dann der erste Hammer: Für Gerhard Dietz gibt’s nur 178 Voten. 4,6 Prozent. Dass der Sozialdemokrat in die Stichwahl kommt, war nicht erwartet worden. Aber so eine Klatsche, das ist bitter. Der einstige Oberbürgermeister vom badischen Rheinstetten lässt sich denn auch nur ganz kurz blicken und ist ganz schnell wieder weg.

Hammer Nummer 2: Daniel Töpfer bekommt 1928 Stimmen. Das sind 49,81 Prozent, hauchdünn unter der absoluten Mehrheit. Der junge Mann im dunklen Anzug ist erst kurz Verkündung des Resultats im Rathaus eingetroffen.

Hammer Nummer 3: Amtsinhaberin Kreutel kommt auf 1720 Stimmen, 208 weniger als ihr Herausforderer. 44,43 Prozent sind das. Sie hat die Stichwahl, man muss es so sagen, gerade noch geschafft.

Ihre Bürgermeister-Kollegen, die wahrscheinlich am ehesten nachvollziehen können, wie man sich in solch einem Moment fühlt, sprechen ihr gut zu. Die einstige deutsche Meisterin im Diskuswerfen macht aus ihrer Enttäuschung keinen Hehl. Geschäftsmäßig lobt sie die mit 64,61 Prozent tatsächlich sehr hohe Wahlbeteiligung. Dann: „Ich hatte zumindest das beste Ergebnis erwartet“, sagt sie, erkennbar geschockt. „Jetzt geht es weiter. Ich werde kämpfen.“ Ob die Dauerquerelen im Gemeinderat und die Auseinandersetzung mit ihrem einstigen Hauptamtsleiter Jürgen Troll maßgeblich zu dem Dämpfer beigetragen haben, will sie nicht sagen.

Das will auch der gefühlte Gewinner des Abends nicht. „Die Wähler haben die vergangenen acht Jahre bewertet“, erklärt Daniel Töpfer ohne Euphorie in der Stimme. „Die Botschaft ist eindeutig: Die Mehrheit will einen Neustart. Dafür werde ich kämpfen und zwei Wochen Gas geben.“

Inzwischen ist ein weiterer Bürgermeister eingetroffen: Jürgen Troll aus Heimsheim. Der frühere Hauptamtsleiter hatte im Zorn das Weissacher Rathaus verlassen. Nein, das Ergebnis will er nicht kommentieren, sagt er. Dabei grinst der Intimfeind Kreutels über beide Backen.