Genau diese Summe, also rund 223 000 Euro, wollten sich Daniel Töpfer und die Gemeinderäte nun von Ursula Kreutel und Haindl zurückerstreiten. Das Argument: „Wären die Jahresabschlüsse ordnungsgemäß erstellt worden – wie dies regelmäßig auch allen anderen Kämmerern in anderen Gemeinden gelingt –, wären die geltend gemachten Schäden nicht entstanden“, heißt es in der 46-seitigen Klageschrift, die der Karlsruher Rechtsanwalt Peter Sennekamp verfasst hatte.
Und wäre Kreutel ihrer Organisationspflicht nachgekommen, „wären die Aufwendungen für die Beratungsverträge überhaupt nicht notwendig gewesen“. Sennekamp weiter: „Selbst für einen Laien war hier offensichtlich, dass etwas getan werden musste.“
Letzter Jahresabschluss betraf das Rechnungsjahr 2002
Der Anwalt meint die Situation in der Kämmerei. Die sind in dem 64 Seiten umfassenden Urteil genau aufgelistet: „Der letzte festgestellte Jahresabschluss betrifft das Rechnungsjahr 2002“, heißt es da zum Beispiel. Jahresabschlüsse müssen Gemeinden eigentlich jedes Jahr aufstellen, damit klar ist, wie hoch ihr Vermögen ist. Das aber war in Weissach über lange Jahre hinweg versäumt worden – trotz zahlreicher Ermahnungen der „Gemeindeprüfungsanstalt Baden-Württemberg“.
Ursula Kreutel hatte in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erklärt, als Bürgermeisterin für die Führung der Finanzbücher gar nicht zuständig zu sein. Das habe sie nicht als ihre originäre Aufgabe, sondern als die des Kämmerers, begriffen.
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Horst Haindl habe sie stets als loyalen Mitarbeiter wahrgenommen und sie sei davon ausgegangen, dass er die Rückstände bereinigen werde und hierzu auch die Fähigkeit besitze. Das sehen die Stuttgarter Richter allerdings anders. „Das ordnungsgemäße Zustandekommen der Jahresabschlüsse hat der Bürgermeister zu verantworten“, schreiben sie im Urteil.
Einstimmiger Ratsbeschluss
Im Dezember 2017 bereits hatte die Gemeinde Weissach die Klageschrift nach Stuttgart senden lassen. „Einstimmig“ habe sich der Gemeinderat dafür entschieden, die Vergangenheit auch juristisch aufzuarbeiten und Ursula Kreutel in Regress zu nehmen, berichtet Daniel Töpfer.
Den Schaden durch die Missstände setzt der Bürgermeister weit höher an. Fünf Millionen Euro, so Töpfer, habe die Gemeinde im Laufe der Jahre verloren, etwa wegen vergessener Skontoabzüge oder weil die Gemeinde ihr Geld zinslos auf einem Tagesgeldkonto liegen ließ.
„Der Gemeinderat hat sich aber entschieden, nur die Mehraufwendungen der Honorarkosten einzufordern“, berichtet der Bürgermeister.
Er sieht in dem Verfahren ein Beitrag zur „Befriedung“ in Weissach. Sein harter Kurs bei der Aufklärung der Vergangenheit ist schließlich nicht unumstritten im Ort. „Jetzt hat aber auch die in Deutschland hoch angesehene Gerichtsbarkeit die Missstände festgestellt“, sagt Töpfer. „Ich glaube und hoffe, dass man das akzeptiert.“ Er könne sich nur schwerlich vorstellen, dass die zweite Instanz anders entscheidet.