Die Ratsstuben sind weit weniger wert als gedacht. Zumindest gibt es jetzt einen neuen Pächter.

Weissach - Es ist ein Neuanfang – allerdings einer mit einem Paukenschlag: Die Kommbau als Eigentümerin der leer stehenden Ratsstuben in Weissach hat das Gebäude vor einiger Zeit neu schätzen lassen. Mit dem Ergebnis: das Haus hat keinen Gesamtwert von 1,6 Millionen Euro, wie bis zum Jahr 2014 angenommen, sondern von nur 550 000 Euro. Dies teilte der Bürgermeister Daniel Töpfer, der zusammen mit anderen Ratsmitgliedern im Aufsichtsrat der Kommbau sitzt, auf Nachfrage unserer Zeitung mit. Immerhin kann auf dieser Basis nach all den Querelen der Vergangenheit ein Neuanfang gestartet werden. Im Juli soll auch endlich ein neuer Pächter seinen Betrieb aufnehmen, kündigte Töpfer an.

 

Ein Jahr lang herrschte gähnende Leere in den Ratsstuben. Nicht wegen schlechten Essens, sondern weil sich nach dem Weggang des letzten Betreibers im März 2015 kein Nachfolger fand. Jetzt kommt wieder Bewegung in die Sache. Wie Daniel Töpfer mitteilte, „konnten wir nach vielen, vielen Gesprächen und Vorstellungen von Interessenten im Aufsichtsrat einen neuen Pächter finden“. Von Juli an wird Frank Metzger, der derzeit das Lokal „Am letzten Brunnen“ in Bruchsal führt, das Weissacher Restaurant übernehmen.

Von Beginn an gab es Schwierigkeiten

Das Gebäude an der Bahnhofstraße lässt sich ohne Übertreibung als großes Sorgenkind des Ortes bezeichnen. Die kommunale Baugesellschaft Kommbau, die zu 100 Prozent der Gemeinde Weissach gehört, kaufte das Gebäude 2002 der Kommune ab und ließ einen Neubau für knapp zwei Millionen Euro errichten, um diesen weiter als Restaurant zu vermieten. Von Beginn an gab es Schwierigkeiten: Der erste Pächter sprang noch vor der Eröffnung 2006 ab, der letzte Betreiber ging insolvent. Viele Probleme hingen mit der Fehleinschätzung beim Wert des Gebäudes zusammen. „Die Erhebung der Pacht war immer ein sehr schwieriges Thema bei den Ratsstuben“, erklärte Töpfer. Denn die Miete muss sich immer an den allgemeinen Standards orientieren. „Sonst verzerre ich unzulässigerweise den örtlichen Markt.“ Außerdem soll sich die Investition ja irgendwie rentieren. Das Problem war nur: Bei dem angenommenen Wert des Gebäudes von 1,6 Millionen Euro hätte die kalkulierte Pacht so immens hoch sein müssen, „dass dort kein Restaurantbetreiber jemals einen rentablen Betrieb hätte führen können“, so Töpfer. Zumal die Betriebskosten ebenfalls nicht zu unterschätzen seien.

Also wurde die Miete in der Vergangenheit jedes Mal individuell angepasst, „damit man überhaupt jemanden dafür gefunden hat“. Und die Kommbau fuhr jedes Jahr neue Verluste ein, weil die Abschreibungen für das Gebäude entsprechend hoch waren.

Wert des Gebäudes viel niedriger als gedacht

Fest stand: So konnte es nicht weitergehen. 2014 machte die GmbH unter neuer Führung deshalb einen Schnitt und ließ den sogenannten Ertragswert des Gebäudes per Gutachter sachkundig und verbindlich ermitteln. Es folgte die denkbar schlechte Nachricht: Der Wert des Gebäudes lag schlagartig nur noch bei rund 550 000 Euro. Das bedeutete für die Gesellschaft einen Verlust von einer Million Euro auf einen Schlag. Damit ist es quasi amtlich: „Der Neubau damals war viel zu teuer für das, was wir damit geplant hatten“, nämlich einen Restaurantbetrieb. Und: „Das Geld, das wir da reingesteckt haben, kommt nicht mehr raus“, stellte Töpfer fest. Ob danach ein Verkauf des Gebäudes eine Option für die Kommbau war, dazu wollte sich Töpfer nicht äußern. „Aber es gab immer den klaren Wunsch, die Ratsstuben wieder zu verpachten und dort ein Restaurant für den Ort zu erhalten.“ Mit der Neueinstufung des Gebäudes sei dies nun auf einer sinnvollen Basis und mit einer angemessenen Pachthöhe möglich.

Dass sich die Suche nach einem Nachfolger so lange hingezogen hat, hat aber noch andere Gründe. „Der Aufsichtsrat hatte genaue Vorstellungen, was er in dem Gebäude haben möchte.“ Eine gehobene Gastronomie sollte es sein, aber nicht mit internationaler, sondern mit deutscher Küche. Das schränkte den Pool der Bewerber weiter ein. Mit dem neuen Pächter ist Töpfer aber guter Dinge, dass mit der Eröffnung im Juli die Geschicke der Ratsstuben wieder einen positiven Verlauf nehmen.