Bei der Vorerntebesichtigung in Eltingen zeigt sich ein gemischtes Bild. Der viele Regen ist nicht ohne Folgen gewesen.

Leonberg - Es ist die erste Vorerntebesichtigung des gut 500 Mitglieder starken Obst-, Garten- und Weinbauvereins Eltingen-Leonberg seit Corona-Ausbruch. Diese Rundgänge durch das einzige Weinanbaugebiet im Kreis Böblingen haben Tradition im Verein, denn die Pflege und der Erhalt der Weinberge und auch der Streuobstbestände sind dem OGWV und seinem Vorsitzenden Albert Kaspari ein besonderes Anliegen.

 

Mit Voranmeldung der Teilnehmer und in gebührendem Abstand geht es in zwei Gruppen durch die Weinberge am Ehrenberg. Eins zeigt dieser Rundgang, und das gilt wohl auch für die anderen beiden Weinlagen der Stadt, die Feinau und die Lange Furche, es wird kein Super-Weinjahrgang werden. Da sind sich die OGWV-Fachleute einig.

Kühles Frühjahr, verregneter Sommer

Es gab in diesem Jahr einfach zu viel Regen. Wegen des kühlen und nassen Frühjahrs mit wenig Sonne sind die Trauben schon mit Verspätung in die neue Saison gestartet. Und mit reichlich Regen ging es weiter. So konnte sich der von den Wengertern gefürchtete Perenospora-Pilz, auch falscher Mehltau genannt, bereits vor der Blüte in fast allen Weinbergen ausbreiten. „Nur wer in den Regenpausen konsequent Pflanzenschutz betrieben hat, egal ob Bio oder konventioneller Weinanbau, der kann jetzt überhaupt etwas ernten“, sagt Geologe und Vereinsmitglied Thomas Friedrich.

Doch es kam noch schlimmer, später im Jahr hat sich auch der echte Mehltau stark in den Weinbergen verbreitet. Beides führt dazu, dass Blätter absterben, Trauben abrieseln oder die blauen Trauben sehr ungleich ausreifen. Während die eine Traube bereits eine schöne blaue Farbe hat, sind andere am selben Stock noch grün.

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„Wer aber Trauben hat, der sollte sie jetzt prüfen, kaputte Beeren herausschneiden und wenn die Trauben gesund sind, die alten Blätter um die Trauben herum abschneiden“, rät der Fachmann. „Nur die oberen jungen Blätter geben dem Weinstock jetzt noch Leben, die alten sollten raus, damit die Trauben mehr Luft, Licht und Sonne bekommen. Dann kann alles besser abtrocknen.“

Einige Wengerter haben bereits im Juli ihre Trauben freigestellt, dadurch können sie auf mehr Ertrag hoffen. Auch das Gras unter den Stöcken sollte gemäht werden, so der Fachmann. Denn hier hält sich die Feuchtigkeit der Nacht und könnte auf die Trauben überspringen. „Wir müssen jetzt unbedingt Hygiene in den Weinstock bringen“, so ein weiterer Tipp von Thomas Friedrich an die heimischen Wengerter.

Rote Sorten sind weniger betroffen

Wobei die Weinberge sehr unterschiedlich betroffen sind. Im Gebiet Feinau südlich der A 8 gibt es im unteren Bereich durch den Frost kaum Trauben, in den oberen Bereichen ist es wie im Ehrenberg nördlich der Autobahn ein gemischtes Schadbild durch den Mehltau, auch sortenabhängig. Rote Sorten sind weniger betroffen, der Kerner hat bis zu 80 Prozent Ausfall, der Silvaner dagegen kaum.

Im Weinberg von Stefan Hartmann im Ehrenberg sehen die roten Helfensteiner Trauben noch recht gut aus. Auch er hat die Regenpausen zum Spritzen des Weins genutzt, „anders geht es nicht“, sagt der Wengerter. „Es war ein wildes Jahr.“ Er hat noch Glück, da er nach eigenen Angaben einen der drei befahrbaren Weinberge in den Württemberger Steillagen hat. Das erleichtert die Arbeiten rund um den Weinstock.

Nach dem Pilz kommen die Wespen

Insgesamt wird es schwierig werden, den richtigen Erntezeitpunkt zu finden, denn durch den üblichen „gemischten Satz“ im Weinberg, bei dem Trauben aus mehreren Sorten für den Schiller gemeinsam gekeltert werden, kommen frühe und späte Sorten zusammen ins Fass. In diesem Jahr macht das angesichts der geringeren Mengen einzelner Sorten noch mehr Sinn. Zudem gibt es weitere Unsicherheitsfaktoren, denn sobald die Trauben reif werden, kommen die Wespen und vermehrt auch Ameisen, die sich an den angefressenen Trauben schadlos halten.

„Noch sind die Trauben nicht im Fass“, sagt Thomas Friedrich. Heißt: Letztlich kann man erst nach der Ernte voraussagen, wie der Wein werden wird. Und die wird in diesem Jahr wohl erst ab Mitte Oktober beginnen, also später als im Vorjahr.

Nur vollreifes Lesegut darf geerntet werden

„Wegen des stark schwankenden Reifefortschritts darf nur vollreifes Lesegut geerntet werden,“ sagt Winzermeister Heiko Fink und rät, bei der Lese streng darauf zu achten, dass schlechte oder unreife Beeren aussortiert werden. Doch Fink hat auch Positives zu berichten. „Die aktuell niedrigeren Temperaturen, vor allem nachts, sind der Aromenausprägung sehr zuträglich. Auch der spätere Zeitpunkt und das langsamere Reifen der Trauben begünstigen das Aroma.“