Kaum einer kennt sich so gut aus in der Historie der Keplerstadt wie Wolfgang Schütz. Für seine Verdienste für die Stadt wird ihm die Ehrenbürgerschaft verliehen.

Wolfgang Schütz wird nach seinem Urgroßvater Hugo Beyerle und seinem Onkel Siegfried Schütz der dritte Ehrenbürger aus der Familie in Weil der Stadt. Die Ehre bleibt also in der Familie. 

 

Wohl niemand weiß so viel über die Keplerstadt wie Schütz. Keiner hat tiefer in der Weil der Städter Historie gegraben und mehr Histörchen ans Tageslicht gebracht. Wolfgang Schütz, gerade 80 Jahre alt geworden, ist ein echtes Weiler Original, dessen Wurzeln tief zurückreichen. Stammvater Schütz ist während des 30-jährigen Krieges in Weil gestrandet, und so sind die Schützens seit Mitte des 17. Jahrhunderts ortsansässig.

Er ist im Stadtmuseum aufgewachsen

Wolfgang Schütz zog nach Kriegsende mit seinen Eltern ins großväterliche Haus am Marktplatz 12. Aufmerksame Leser horchen auf, denn das ist die Adresse des heutigen Stadtmuseums. „Hier bin ich aufgewachsen“, erzählt Wolfgang Schütz. Inmitten der Porträts seiner Ahnen, alter, geliebter Möbelstücke und blank polierter Messingknäufe hat er also schon früh Geschichte eingeatmet.

Ende der 50er Jahre gründete Wolfgang Schütz‘ Vater Helmut die Schütz’sche Apotheke in Renningen, die Familie zog um. Sohn Wolfgang ging weiterhin in Weil der Stadt zur Schule. „An dem Gymnasium, das ich selbst besucht habe, habe ich mein ganzes späteres Lehrerleben zugebracht“, sagt er und lacht. In die pharmazeutischen Fußstapfen des Vaters wollte er nicht treten: „Während eines Praktikums saß ich im Apothekenlabor, sinnierte vor mich hin und fragte mich, ob ich diese Arbeit mein Leben lang machen wollte.“

Er entschied sich für die Pädagogik. Im Jahr 1969 trat er seine Stelle als Deutsch- und Englischlehrer im heutigen Johannes-Kepler-Gymnasium in Weil der Stadt an und hob zahlreiche Projekte aus der Taufe, darunter eine Schülerzeitung und die Museums-AG. Kaum als Lehrer angekommen, lernte er an der Schule seine Frau Trudel kennen. Es hat schnell gefunkt, noch im selben Jahr feierten die beiden ihre Hochzeit und zogen in den Weiler Teilort Merklingen.

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1968 trat Wolfgang Schütz dem Heimatverein bei. Sein Onkel Siegfried, Arzt in Merklingen, hatte das Interesse an der Ortshistorie bei seinem vielseitig interessierten Neffen wachgehalten. „Ich hatte während des Studiums Seminare in Volkskunde belegt“, erzählt dieser, „und dabei habe ich etwas sehr Wichtiges gelernt: Wissenschaft und Humor schließen sich nicht aus.“

Das ist eine Maxime im Leben des dreifachen Vaters geworden. Ohne eine ordentliche Prise Witz hat kein Text je seine Feder verlassen. Und wo das Wort nicht genügt, fügt er seine humorvollen Zeichnungen bei. Die waren schon bei seinen Schülern begehrte Sammelobjekte und brachten ihm schnell seinen Spitznamen ein: „woSch“. So signiert er noch heute seine Werke, von denen aktuell eine Auswahl im Stadtarchiv Weil der Stadt ausgestellt ist.

„Mit der Pensionierung begann ein neues Leben für mich“, sagt Schütz und schmunzelt, „und mit dem Internet sowieso.“ Das ist inzwischen ein unverzichtbarer Impulsgeber für den bekennenden Listenschreiber und leidenschaftlichen Rechercheur.

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Die Liste von Wolfgang Schütz‘ Verdiensten um die Stadt ist lang. Angefangen bei der Erforschung der Heimatgeschichte über den ehrenamtlichen Aufbau und die Leitung des Stadtmuseums bis hin zu unzähligen abendfüllenden Vorträgen für Vereine, Jubiläen und Institutionen, regelmäßige Beiträge im Wochenblatt und nicht zu vergessen etliche Veranstaltungsplakate, Cartoons rund ums Klösterle sowie Buchpublikationen zur Heimatgeschichte.

Der Schütz“ weiß immer Bescheid

Und wann immer es einem Ortsverein an historischen Details und Kolorit fehlt, kann Wolfgang Schütz helfen. Zum Beispiel, als im Jahr 1999 die Bürgergarde in Anlehnung an die historische Bürgermiliz des frühen 19. Jahrhundert gegründet wurde. Oder wenn die beliebten Weiler Nachtwächter neue Anekdoten für ihre Führungen brauchen. Schütz findet immer etwas.

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Es ist die Neugier, die ihn antreibt, immer noch. Und die hat schon so manches über Weiler Bürger und Familien ans Tageslicht gebracht. Wie die Geschichte des Mediziners Franz Joseph Gall, Spross einer der über Jahrhunderte hinweg einflussreichsten Weiler Familien: „Gall war überzeugt davon, das Wesen eines Menschen an dessen Kopfform ablesen zu können. Er war der Urheber der Phrenonlogie und eigentlich ein Vorreiter der modernen Hirnforschung“, erklärt Schütz.

Die Ehrungen sprechen für sich

Aufzuführen, wo Wolfgang Schütz noch überall gewirkt und gestaltet hat, würde wohl den Rahmen sprengen. Doch die Ehrungen sprechen für sich: 1996 die Medaille für Verdienste um die Heimat, 2010 ein Landespreis für Heimatforschung, 2011 die Goldene Bürgermedaille. Und pünktlich zum 80. Geburtstag am 3. Mai wurde die Verleihung des Ehrenbürgerrechts der Stadt verkündet – am Donnerstag bekommt er sie verliehen.