Christian Walter leitet seine erste Gemeinderatssitzung. Der Pflasterbelag auf dem Marktplatz steht dabei im Mittelpunkt.

Weil der Stadt - Christian Walter blickt noch einmal auf seine Armbanduhr. „Bei mir ist es jetzt 18 Uhr“, sagt er und gibt damit das Signal zum Start der öffentlichen Sitzung des Weiler Gemeinderates am Dienstagabend.

 

Es ist die erste Sitzung, die Walter leiten wird. Zwar fehlen noch einige Gemeinderäte – sie werden mit Verspätung eintreffen –, doch die pandemiebedingt mit Abstand aufgestellten Plätze für Besucher in der Halle in Merklingen sind gut besetzt. Unter ihnen ist auch der Weissacher Helmut Epple, der mit seiner Klage vor dem Verwaltungsgericht dafür gesorgt hat, dass Christian Walter vorerst nur als Amtsverweser tätig sein kann. Das bedeutet in erster Linie, dass er als Vorsitzender des Gemeinderats kein Stimmrecht hat. Der neue Bürgermeister führt zwar mit ruhiger Stimme und eher zurückhaltend, aber doch routiniert durch den öffentlichen Teil der Sitzung.

Der Kepler wurde versetzt

„Heute ist ein besonderer Tag“, sagt der 30-Jährige, der sechs Jahre kommunalpolitische Erfahrung als Mitglied und Fraktionsvorsitzender im Stuttgarter Gemeinderat mit in die Keplerstadt bringt. Besonders sei dieser Tag nicht nur, weil „Kepler seit heute nicht mehr auf seinem Sockel steht“, sagt Walter und schmunzelt dabei. Das Denkmal musste wegen der Arbeiten auf dem Marktplatz vorläufig weichen. Besonders für ihn sei dieser Tag auch, weil seine Wahl am 16. August fast genau drei Monate her ist, erklärt der in dezentem Schwarz gekleidete Verwaltungschef, der am 2. November seine Arbeit im Rathaus aufgenommen hat.

Er schickt zuerst einen Dank an seinen Vorgänger Thilo Schreiber „für die tolle Übergabe“ der Amtsgeschäfte. Ganz besonders wolle er auch Jürgen Katz danken für das herzliche Willkommen, mit dem er empfangen worden sei, sagt Walter mit Blick auf den neben ihm sitzenden Ersten Beigeordneten. Katz hatte im Sommer im ersten Wahlgang ebenfalls für das Bürgermeisteramt kandidiert,aber danach zurückgezogen, nachdem Walter deutlich mehr Stimmen bekommen hatte.

Christian Walter, der immer wieder auf seine Unterlagen schaut, spricht über seine Prioritäten für die nächste Zeit. Wichtig sei, dass die laufenden Verwaltungsgeschäfte weitergehen. Man sei schon in die Planungen für den kommenden Haushalt der Stadt eingestiegen. Der neue Chef lobt die Abteilungsleiter und Mitarbeiter, die schon viel Vorarbeit geleistet hätten. Es gehe jetzt darum, eine Bestandsaufnahme zu machen. „Wo stehen wir, welchen Spielraum haben wir?“, fragt Christian Walter. „Ich werde Sie nach und nach an meinen Erkenntnissen teilhaben lassen“, antwortet er mit einem Schmunzeln. Spätestens im Frühjahr bei den Haushaltsberatungen könne er konkreter werden.

Doch dass er mit seiner Meinung nicht hinterm Berg hält, macht Christian Walter beim ersten großen Punkt auf der Tagesordnung deutlich. Jürgen Katz präsentiert den Gemeinderäten eine Entscheidung zum Pflasterbelag auf dem Marktplatz. Statt dem wie in der Ausschreibung vorgesehenen komplett dunkelgrauen Naturstein-Belag solle jetzt nur der innere Platzteppich mit diesem Granit belegt werden, die großflächigen Randbereiche des Platzes mit einem rötlichen Granitpflaster. Dieses aus den Vogesen stammende Material füge sich positiver in das vorhandene Farbbild der Altstadt ein, erklärt Katz.

Dieses Material war ursprünglich für den gesamten Platz angedacht, aber aus Kostengründen verworfen worden. Nun aber zeige sich, dass der aktuelle Kostenstand die Mehrkosten von 135 000 Euro zulasse, erklärt der Erste Beigeordnete. Für die Neugestaltung des Platzes wurden insgesamt rund 3,8 Millionen Euro veranschlagt. „Wir machen diesen Platz für die nächsten 80 bis 100 Jahre“, appelliert Katz an die Weiler Gemeinderäte.

Walter stärkt Katz den Rücken

In der anschließenden, vom Beigeordneten moderierten Diskussion hält sich der Bürgermeister zurück, hört zu, macht sich Notizen. Während Hans Dieter Scherer (FDP) und Martin Buhl (CDU) das vorgelegte Konzept befürworten und Jürgen Widmann (FWV) meint, ihm persönlich reiche das Grau in Grau, komme dies doch dem Entwurf am nächsten, fragt David Götz (CDU), ob sich die Stadt in der jetzigen Lage die Mehrkosten leisten könne. Er fordert einen Streifen mit Asphaltbelag besonders für große Fahrzeuge, der auch wesentlich günstiger und pflegeleichter sei. Jürgen Katz widerspricht dem Argument von Götz, „dass uns der Pflasterbelag um die Ohren fliegt.“ Es sei immer klar gewesen, dass auf dem Platz alles möglich sein müsse, auch große Fahrzeuge, und schildert im Detail, wie der Belag aufgebaut wird. Silvia Tanczos-Lückge (SPD) bringt es auf den Punkt: „Die beiden unterschiedlichen Beläge sind ein Kompromiss in Stein gehauen.“

Bevor er zur Abstimmung aufruft, stimmt der Bürgermeister zwar dem Argument zu, dass man sparsam sein müsse und das Geld auch anderweitig einsetzen könnte. Doch er stärkt dem Beigeordneten Katz den Rücken: Die Vorlage sei gut, Jürgen Katz habe gute Vorarbeit geleistet und alles genau geprüft. „Der Vorschlag hat meine Unterstützung“, sagt Christian Walter. In der anschließenden Abstimmung wird die Vorlage bei sieben Nein-Stimmen angenommen.

Nachdem der Gemeinderat noch einige weitere Punkte behandelt hat, beendet Bürgermeister Walter nach knapp einer Stunde seine erste öffentliche Sitzung und berät mit den Gemeinderäten hinter verschlossenen Türen weiter.