Weil der Stadt wird keine Windräder auf der Grenze zu Heimsheim errichten. Ein Gutachter hat dort im Wald den Rotmilan nachgewiesen.

Energie - Das Heimsheimer Aufatmen in der Weiler Stadthalle war deutlich zu spüren. Vor großem Publikum hatte der Weil der Städter Gemeinderat am Dienstagabend über die Zukunft der Windkraft zu entscheiden. In den Zuschauerrängen saßen vor allem nicht die Bürger der eigenen Stadt, sondern Heimsheimer Gemeinderäte, Bürger, der Bürgermeister und Vertreter der Bürgerinitiative.

 

Alle Weiler Gemeinderäte heben am Ende ihre Hände. Einstimmig beerdigt Weil der Stadt damit jegliches Ansinnen, im Merklinger Wald, direkt an der Grenze zu Heimsheim, Windkraftanlagen zu errichten. Der Biologe Rainer Gottfriedsen hatte zuvor sein Artenschutzgutachten vorgestellt. „Im Umkreis des Standorts haben wir deutlich mehr als drei Reviere des Rotmilans gefunden“, berichtet der Experte.

Nicht nur Rotmilane gibt es im Merklinger Wald

Das ist deshalb relevant, weil man bei drei Rotmilan-Paaren von einem Dichtezentrum des Vogels spricht – und das darf nicht im Umkreis von einem Kilometer rund um einen Windkraft-Standort vorkommen. Aber nicht nur Rotmilane gibt es im Merklinger Wald. „Auch viele andere geschützte Arten haben wir gefunden“, sagt Gottfriedsen und berichtet vom Schwarzmilan, vom Uhu und vom Wanderfalken, die im Heimsheimer Steinbruch leben. Sein Fazit daher: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand an diesem Standort festhalten will.“

Weil der Stadts Bürgermeister Thilo Schreiber (CDU) sieht darum keinen Verhandlungsspielraum. „Die Stellungnahme ist eindeutig, Windkraft ist dort nicht möglich“, sagt er. Ähnlich formulieren es die Vertreter der Fraktionen. „Es kann nicht unser Ziel sein, dass streng geschützte Arten in unseren Windkraftanlagen zu Schaden kommen“, sagt Martin Buhl (CDU). „Gegen große Teile der Bevölkerung von Heimsheim und gegen den Vogelschutz wollen wir nicht entscheiden“, findet SPD-Fraktionschef Josef Weber. Und die FDP-Stadträtin Brigitte Benzinger-König ergänzt: „Das Ergebnis hat gezeigt, dass wir uns mit unseren Kollegen aus Heimsheim auf den richtigen Weg gemacht haben.“ Nur die Grünen äußern sich kritisch. „Bei vielen Menschen endet das Verantwortungsgefühl vor der Haustüre“, sagt ihr Fraktionsvorsitzender Alfred Kappler. „Wir respektieren das Gutachten, bedauern aber, dass die klimafreundliche Energieerzeugung nicht möglich ist.“

Große Freude bei den Heimsheimern

Große Freude kommt dagegen aus Heimsheim. „Unsere Nachbarn aus Weil der Stadt hatten den Finger schon am Drücker, reagierten aber auf unsere Einwände und haben uns zugehört“, sagt der dortige Bürgermeister Jürgen Troll. Er meint die Weiler Gemeinderatssitzung im September 2016. Damals hatte der Weiler Bürgermeister schon alles vorbereitet und wollte vom Gemeinderat das Einverständnis abholen, mit dem Stuttgarter Investor „WEBW Neue Energie“ einen Pachtvertrag aushandeln zu dürfen. WEBW-Chef Stefan Groos war damals auch anwesend und präsentierte recht konkrete Pläne: Drei Windräder sollten es sein, 150 Meter groß (bis zur Kabinenkanzel), 200 bis 230 Meter Gesamthöhe, 15 000 Tonnen CO2-Einsparung, drei Megawatt Stromproduktion pro Jahr, Strom für etwa 16 000 Menschen.

Massive Kritik kam aus Heimsheim, weil die Stadt nur etwa 810 Meter von dem Windkraft-Standort entfernt liegt. Nachdem das Thema im September 2016 vertagt worden war, gab es hinter verschlossenen Türen im März 2017 eine gemeinsame Sitzung der Gemeinderäte aus Weil der Stadt und Heimsheim. Kompromiss damals war das Artenschutzgutachten, denn beerdigen wollte Thilo Schreiber das Thema damals nicht. „Wir haben hier auch einen energiepolitischen Auftrag“, sagte er damals im Gespräch mit unserer Zeitung. Was sie gemacht hätten, wenn der Gutachter nichts gefunden hätte, wollten die Bürgermeister Schreiber und Troll nicht verraten.

Hintergründe: Ein langer Streit

Im September 2015 hat sich der Verband Region Stuttgart auf 41 Gebiete geeinigt und diese als geeignet für die Windkraft befunden. Ein Gebiet davon liegt im Kreis Böblingen, nämlich im Merklinger Wald, an der Grenze zu Heimsheim. 2016 war der Weiler Gemeinderat kurz davor, das Gebiet an einen Investor zu verpachten. Weil sich das Grundstück in städtischem Besitz befindet, kann der Gemeinderat entscheiden, was dort passiert.

Im März 2018 wurde bekannt, dass auch der Regionalverband Nordschwarzwald die Ausweisung von Windvoranggebieten angehen will. Besonders pikant: eine der Flächen, die man in Pforzheim untersuchen will, liegt in Heimsheim – direkt neben dem Weil der Städter Gebiet. Das Grundstück befindet sich aber im Besitz der Stadt Heimsheim. Der dortige Gemeinderat hatte daraufhin sofort klargemacht, die Fläche keinesfalls für Windkraft zur Verfügung zu stellen.