Fritz und Brigitte Nüßle engagieren sich in Malawi. Dort haben sie den Bau eines Brunnens finanziert und damit vielen Menschen den Zugang zum Trinkwasser ermöglicht.

Weil der Stadt - Würstchenbuden und Bierzelte sucht man in Malawi zwar vergeblich, aber Volksfeststimmung kommt auch schon mal in dem südafrikanischen Land auf – dann nämlich, wenn die Errichtung eines neuen Tiefbrunnens gefeiert wird. Seit Oktober 2016 versorgt ein mit einer elektrischen Pumpe betriebener Brunnen knapp 200 Schüler des katholischen Seminars „Mzimu Woyera“ in Chikwawa und auch viele Bewohner der Kleinstadt im Süden des Landes, die am Nordende der Elefantenmarsch liegt, einer fruchtbaren Aue entlang des Shire-Flusses. Ermöglicht wurde der Bau durch Fritz Nüßle und seine Frau Brigitte. Das Ehepaar aus Weil der Stadt engagiert sich in dem Land und hatte die Bohrung finanziert.

 

Der 69-Jährige hatte es damals nicht für möglich gehalten, dass es überhaupt gelingen würde, die hydraulische Bohrmaschine, die nicht gerade ein Leichtgewicht war, an die gewünschte Stelle zu verfrachten – schließlich gab es keine Zufahrtsmöglichkeit, und der Weg ins Tal führte nur über einen steilen Pfad. „Am Ende wurde die Maschine von Schülern und Dorfbewohnern in ihre Einzelteile zerlegt, hinunter getragen und dort wieder zusammengebaut“, erzählt der Mann mit einem Schmunzeln. Später wurde dann die 500 Meter lange Leitung vom Brunnen bis zum Hochplateau mit den Wassertanks per Hand ausgebuddelt. „Das ist Afrika“, sagt er grinsend.

Und Afrika ist nach wie vor auf Hilfe angewiesen – vor allem Malawi, das zu den ärmsten Ländern der Welt zählt. Gleich zwei Mal war der Weiler im vergangenen Jahr im Süden des Landes, der „Armenkammer schlechthin“, wie er sagt, um sich ein Bild zu machen, wo Hilfe notwendig ist. „Das größte Problem ist die Trinkwasserversorgung“, sagt er. Die Menschen in Chikwawa hätten keinen Zugang zum Leitungsnetz und müssten das Wasser vom Fluss holen, das aber alles andere als genießbar sei, handele es sich doch quasi um „braune Brühe“. „Die Frauen balancieren Wasserkübel mit bis zu 30 Liter Inhalt über viele Kilometer auf dem Kopf“, erzählt er.

Einfach und improvisiert

Überhaupt sei die ganze Infrastruktur rückständig. „Es ist alles unglaublich einfach, vieles wirkt improvisiert oder ist gar nicht vorhanden“, sagt er. Verkehrsmittel Nummer eins ist das Fahrrad, auch weil eine 200-Kilometer-Fahrt auf den mit Schlaglöchern übersäten Straßen schon mal zu einem Tagesausflug werden kann. „Mit dem Rad transportiert man alles – von der Ehefrau über ein Doppelbett bis zum lebenden Schwein“, erzählt er. „Die Leute leben von der Hand in den Mund, Vorratshaltung ist kein Thema“, sagt seine Frau, die kurzerhand die Internatsküche in Beschlag genommen hatte, um aus Mangos Marmelade zu machen – eine Lehrstunde in Sachen Lebensmittelkonservierung.

Die meisten Häuser müssten nicht nur ohne Leitungswasser auskommen, auch die Stromversorgung sei miserabel. „Die Verfügbarkeit von Elektrizität liegt bei 40 Prozent“, weiß der Weiler. Deshalb schweben ihm Solar-Module vor. „Wir haben Kontakt zu einem deutschen Start-up geknüpft, das sich darauf spezialisiert hat“, erzählt er. Wenn alles klappt, wird in Chikwawa ab dem Frühjahr Strom aus Solarenergie gespeist. Und die Liste ist noch länger: Da in der Trockenzeit akuter Regenmangel herrscht, möchte er einen Regenspeicher anlegen, und dann setzt er alles daran, eine von Kleinbauern für die landwirtschaftlichen Flächen angeschaffte Bewässerungsanlage zum Laufen zu bringen.

Weil in Malawi Zuckerrohr in großen Mengen wächst, haben die Nüßles eine Handmühle aus China organisiert. Diese dient dazu, den Saft herauszupressen und soll einmal Witwen den Lebensunterhalt sichern. „Wir planen, die Maschine in der Firma meines Bruders serienmäßig herzustellen“, erklärt er. Der süße Saft, der reich an Mineralien ist, würde aber auch die einseitige Ernährung, die vor allem aus Maisbrei besteht, gut ergänzen. „Den Leuten fehlen Vitamine, und viele sehen schlecht“, berichtet seine Frau. Deswegen sind die Weiler auch an die Organisation „One Dollar Glasses“ herangetreten, die eine Manufaktur im Ort eröffnen wird. Dort werden die Einheimischen Brillen herstellen, die für etwa drei Euro verkauft oder dank Spenden kostenlos unter den Ärmsten verteilt werden.

Die kleinen und großen Hindernisse

Mit dem Bau von technischen Anlagen kennt sich der Geschäftsführer eines Maschinenbau-Unternehmens und Ingenieur für Gebäude- und Versorgungstechnik aus. Dass er alle Baupläne selbst entwirft, versteht sich da von selbst. Doch auch wenn er über allem ein wachsames Auge hat, braucht er verlässliche Leute vor Ort. „Vieles gerät schon wegen Kleinigkeiten ins Stocken“, weiß Nüßle. Die Leute seien religiös und schicksalsergeben. „Wenn eine Sache nicht läuft, dann wird es hingenommen“, sagt er. Zudem gibt es ein großes Geschacher mit dem Beamtentum, das immer die Hand aufhält. „Die Erfahrung hat aber gezeigt, dass es Eindruck macht, wenn es Sponsoren aus dem Ausland gibt“, sagt Nüßle, dem es gar gelungen war, die vom staatlichen Elektrizitätswerk geforderte Gebühr für den Anschluss der Wasserpumpstation zu drücken.

Erleichterung für viele Menschen

In Lazarus Maloya, Priester und Rektor des katholischen Internats, haben sie einen vertrauenswürdigen Partner gefunden. Er war es auch, der den beiden vor Augen geführt hatte, welche Not in dem Land herrscht. Kennengelernt hatten sie ihn über die Tochter der Weiler Gemeinderätin Brigitte Benzinger-König – sie hatte als Missionarin in einem Buschkrankenhaus in Malawi gelebt. „Die Menschen tun uns leid, und der Aufwand ist nicht groß, ihnen das Leben zu erleichtern“, sagt Brigitte Nüßle. Bislang kommen sie für alle Kosten selbst auf. „Es ist uns aber wichtig, dass sich auch die Leute mit einem Eigenanteil einbringen“, betont sie. Damit wüssten sie die Arbeit mehr zu schätzen.

Trotz der Armut strotzten die Malawis vor Fröhlichkeit. „Dieser Lebensmut hat uns am meisten imponiert“, sagt die 66-Jährige. In diesem Jahr fliegt das engagierte Paar wieder rüber, um die „alten Ideen voranzutreiben“ und „neue auszutüfteln“. Afrika sei wie ein Bazillus, sagen sie. Wenn man davon befallen werde, lasse er einen nicht mehr los.