Auch im Leobad nimmt das Aggressionspotenzial und die Respektlosigkeit gegenüber der Mitarbeiter zu, berichtet der Leiter des Bäderbetriebs. Zum Schutz von Gästen und Personal wurden nun externe Sicherheitskräfte engagiert.

Eskalationen, ein geschlossenes Berliner Bad und eine Innenministerin, die mehr Polizeipräsenz fordert: Freibäder sind in der aktuellen Badesaison ständiger Gegenstand von Diskussionen. Jetzt hat es auch das Leonberger Freibad, das Leobad, erwischt. Am Sonntag kam es dort zu einer Auseinandersetzung, bei der ein Freibadmitarbeiter verletzt und anderes Personal „massiv bedroht“ wurde. Das berichtete zunächst die Stadtverwaltung Leonberg, die Polizei bestätigt den Vorfall.

 

Demnach habe eine Badebesucherin gegen 13.30 Uhr ein Kind gebeten, vom Beckenrand aus nicht in ihre Richtung zu springen. Daraufhin mischte sich, so die Polizei, der Onkel des Kindes ein. Darauf versetzte dieser einem 44-Jährigen einen Kopfstoß oder Schlag gegen die Nase. Beim Opfer könnte es sich um den Ehemann der Frau gehandelt haben. Der Verdächtige machte sich vor Eintreffen der Polizei aus dem Staub. Ein Bademeister versuchte noch, ihn aufzuhalten, und wurde dabei bedroht. Die Polizei ermittelt nun wegen Körperverletzung, Beleidigung und Bedrohung.

Respektlosigkeit und Drohungen gegenüber dem Personal

Zwar war der Vorfall am vergangenen Sonntag laut Sebastian Küster, Pressesprecher der Stadt Leonberg, der schwerwiegendste der jüngsten Zeit, im Leobad sei es sonst eher ruhig geblieben. Stefan Hilse, Leiter des Bäderbetriebs, berichtet aber dennoch von einer zunehmenden Gewaltbereitschaft mancher Badbesucher. Er erzählt von Respektlosigkeit und Drohungen gegenüber dem Personal, von aggressiven Reaktionen auf die Anweisungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. „Was man in den letzten Tagen und Wochen in den Medien gehört hat, spiegelt das Gesamtbild wieder“, sagt er. „Das ist leider inzwischen Realität.“

Nicht nur in Leonberg gab es jüngst einen solchen Vorfall. Allein am vergangenen Wochenende ist es auch in Stuttgart-Ost, Esslingen, Kirchheim unter Teck, Lenningen und Fellbach zu sexuellen Übergriffen, Bedrohungen und Körperverletzungen gekommen. Die Polizei verzeichnet neun betroffene Badegäste, vom Kleinkindalter bis 53 Jahre alt. Im Inselbad in Untertürkheim, wo es gleich zu Saisonbeginn vier Zwischenfälle mit sexuellen Belästigungen durch junge Männer gegeben hatte, ist inzwischen zweimal mit Sicherheitspersonal aufgerüstet worden. „Die Zahl der Ordnungskräfte am Wochenende ist auf zwölf erhöht worden“, sagt Jens Böhm, Sprecher der Stuttgarter Bäder in der ersten Bilanz.

Im Fellbacher Erlebnisbad F3 macht man sich schon seit längerer Zeit Gedanken über die Sicherheit der Badegäste – nicht erst seit dem Zwischenfall am vergangenen Freitag, als ein unbekannter Badegast eine 53-jährige Angestellte im Streit um einen verlorenen Spind-Chip ins Gesicht schlug. Der Schwimmbadchef Kai Steuernagel sagt, bei mehr als 500 000 Badegästen pro Jahr komme es immer wieder zu Schwierigkeiten. Aber Schwimmbäder hätten definitiv Probleme: „Was wir heute erleben, ist ja nur das vorläufige Ende einer unguten Entwicklung von schwachen Hausherrn mit fataler Signalwirkung“, sagt er.

Auch im Steinheimer Wellarium greifen Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes, ein, wenn jemand den Bogen überspannt. „Seitdem ist es besser geworden. Wir haben jetzt keine Probleme mehr“, sagt die Betriebsleiterin Katrin Schulze. In Sindelfingen gibt es ebenfalls eine Security-Mannschaft. Diesen Beispielen hat sich jetzt auch Leonberg angeschlossen. Seit vergangener Woche sind immer zwei Sicherheitskräfte im Freibad unterwegs.

Die Hauptaufgabe des regulären Personals im Leobad sei die Beckenaufsicht und Erste Hilfe, so Hilse. Zunehmend entstünden aber auch auf den Liegewiesen Rangeleien. „Und wir haben ein Gelände mit 40  000 Quadratmetern“, sagt Hilse. An besonders sonnigen Tagen kommen bis zu 6500 Besucher in das Freibad. Eine Polizeipräsenz in den Freibädern, für die sich jüngst Innenministerin Nancy Faeser und CDU-Chef Friedrich Merz ausgesprochen hatten, hält der Leonberger Bäderleiter aber für kaum umsetzbar. Bereits jetzt würde die Polizei ab und zu auf Streife am Freibad vorbeifahren. Mehr, so schätzt Hilse, geben die personellen Mittel der Ordnungshüter nicht her.

Keine Probleme in Renningen

Ruhig bleibt es weiterhin an anderer Stelle: Im Renninger Freibad habe es bisher keine großen Probleme gegeben, so die Verwaltung. Auch die Zahlen für den gesamten Landkreis lassen nicht auf eine drastische Verschlechterung der Lage schließen: So wurden der Polizei in den Jahren 2018 und 2019 drei Fälle schwerer und elf Fälle einfacher Körperverletzung, zehn Fälle der Beleidigung und drei Fälle sexuellen Missbrauchs gemeldet. „Insgesamt sind die Fallzahlen im Bereich des Polizeipräsidiums Ludwigsburg relativ niedrig und unauffällig“, sagt Polizeisprecher Steffen Grabenstein.