Die Waldbegehung in Renningen offenbart erhebliche Trockenschäden. Dass das dem Laien nicht sofort auffällt, ist allein dem Umstand zu verdanken, dass die Baumschäden nicht flächig auftreten, sondern meist Einzelbäume betreffen.

Renningen - Mitten im Wald, am Rand einer kleinen aufgeforsteten Fläche mit einigen jungen Eichen und Nussbäumen, verteilt Revierförster Rolf Maier rote Bänder, nicht unähnlich solchen, mit denen man Geschenke umwickelt. Unter den Schuhen raschelt eine feuchte Schicht Herbstlaub. Doch die gaukelt die Nässe nur vor. Obwohl es in den vergangenen Tagen ein wenig geregnet hat, ist direkt unter der Laubschicht der Waldboden, über den die Renninger Gemeinderäte am Freitagnachmittag streifen, knochentrocken. „Weiß jemand, wie die Bäume heißen, die man mit diesen Bändern markiert?“, fragt der Waldexperte in die Runde. Einer aus der Gruppe ruft: „Z-Bäume!“ Z wie Zukunft. Die Forstleute markieren auf diese Weise jene jungen Bäume, die auf Grund ihres guten Wuchses stehen bleiben sollen. Drumherum müssen die anderen irgendwann zu deren Gunsten weichen.

 

Im Wesentlichen geht es bei den Ausführungen des Renninger Försters, denen bei der Waldbegehung im Gewann Stöckhof rund ein Dutzend Gemeinderäte gespannt folgen, genau darum: Um die Zukunft des Renninger Stadtwaldes. Der Stöckhof ist ein Waldgebiet von rund 150 Hektar Fläche und liegt zwischen Renningen und Warmbronn. Ein für die Gegend typischer Mischwald mit Eichen, Buchen, Eschen, Tannen, auch ein paar letzten Fichten, die die großen Stürme der vergangenen drei Jahrzehnte überstanden haben. Doch das sind nicht viele: Die gewaltigen Orkane der 90er-Jahre, Wiebke und Lothar, haben die einst großen Fichtenbestände im Gewann weitgehend vernichtet.

„Wiebke“ hat die Fichten umgefegt

Förster Maier faltet eine alte Flurkarte aus den Siebzigern auf und weist auf eine große grau schraffierte Fläche im Stöckhof, die den einstigen Fichtenbestand zeigt, der nach dem Zweiten Weltkrieg gepflanzt wurde: „Wiebke hat diesen grauen Block umgeworfen“, sagt Maier. Danach wurde der Wald mit rund 300 000 Bäumen, davon zwei Drittel Laubwald, wieder aufgeforstet. Ein Grund dafür, so der Förster, weshalb der Waldbestand heute stabiler und widerstandsfähiger sei als vor den großen Sturmereignissen.

Und noch ein Effekt hatten die Sturmschäden der Vergangenheit: Denn insbesondere Eichen vertragen die höheren Temperaturen und die größere Trockenheit, die der Klimaerwärmung geschuldet sind, besser als Nadelbäume, allen voran die Fichte. Weshalb Rolf Maier den Renninger Stadtwald mit seinen rund 1200 Hektar Fläche, davon rund 800 Hektar in kommunalem Besitz, inzwischen relativ gut aufgestellt sieht. „Vorausgesetzt, das Zwei-Grad-Ziel wird erreicht“, schränkt der Förster ein. Sollte es wärmer werden, sieht auch Maier rabenschwarz für die Zukunft der heimischen Wälder.

Vor allem alten Tannen setzt die Trockenheit zu

Gleichwohl: Vor allem alten Tannen, Buchen und sogar den Eichen setzt die anhaltende Trockenheit zu, erfahren Bürgermeister Wolfgang Faißt und die Gemeinderäte beim Waldrundgang. „Bedingt durch die hohen Temperaturen und der viel zu geringen Niederschläge der vergangenen Jahre ist es leider zu erheblichen Schäden gekommen.“ Stichwort: Trockenstress. Der führte dazu, dass der Wald vor allem im staubtrockenen Frühjahr 2020 duftete „wie ein Sägewerk“. Die von den Tannen massiv ausgedünsteten Terpene, die der Spaziergänger als besonders wohltuend empfindet, sei auch eine Reaktion der Bäume auf den anhaltenden Wassermangel. „2019 hatten wir eine Niederschlagsmenge von 570 Millimeter, zwischen Januar und September 2020 bisher 485 Millimeter“, berichtet Maier. Die Sollmenge liege aber bei 730 Millimeter.

Auf die Wirtschaftlichkeit, die ohnehin zunehmend einer Steigerung des ökologisches Werts des Walds Platz mache, so der Förster, habe dies immense Auswirkungen: Von den 3834 Festmetern Holz, die im Stadtwald Renningen 2020 aufgearbeitet wurden, sind 75 Prozent Schadholz, die der Trockenheit oder dem Borkenkäfer zum Opfer gefallen sind. Mit entsprechendem Wertverlust. „Mit Holzverkauf werden noch 180 000 bis 190 000 Euro im Jahr erwirtschaftet“, ergänzt Renningens Erster Beigeordneter, Peter Müller.

Dass die Waldschäden dem Laien im Stöckhof nicht sofort auffallen, ist allein dem Umstand zu verdanken, dass die Baumschäden nicht flächig auftreten, sondern meist Einzelbäume betreffen: „Das Waldbild hat sich für den Waldbesucher deshalb kaum verschlechtert“, resümiert Förster Maier. Doch umgekehrt heißt das: Der Schein eines intakten Waldes trügt.