Susanne Widmaier ist seit 2018 Bürgermeisterin der Stadt. Der unterlegene Kandidat Helmut Epple ficht die Wahl vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart an.

Rutesheim - Es ist ein nüchterner Saal mit einem Wappen an der Wand als einzigem Schmuck, in dem ein Stück weit über die Zukunft der Stadt Rutesheim verhandelt wird. Dort ist Susanne Widmaier seit einem Jahr und drei Tagen Bürgermeisterin, darf aber in den Ratssitzungen nicht abstimmen: Da ihr Mitbewerber Helmut Epple die Wahl, in der sie 70,9 Prozent der Stimmen bekommen hatte, angefochten hat, agiert sie nur als sogenannte Amtsverweserin.

 

Am Mittwoch wurde am Verwaltungsgericht Stuttgart knapp eineinhalb Stunden lang über die Wahlanfechtungsklage Helmut Epples gegen das Land Baden-Württemberg, vertreten durch das Landratsamt Böblingen, verhandelt. Der Weissacher, der in einem weißen Hemd auftrat, sah sich einer numerischen Übermacht der Gegenseite gegenüber: Für das Landratsamt Böblingen waren die Justiziarin Miriam Reich und die Leiterin des Kommunalaufsichtsamtes, Annette Hettler, anwesend, zudem die Bürgermeisterin Widmaier und der Rutesheimer Erste Beigeordnete Martin Killinger.

Wurden die Wähler getäuscht?

Dies beeindruckte Epple nicht: Gleich zu Beginn der Sitzung rügte er die Prozessvollmacht der Justiziarin, die vom August 2016 stammte. Dann führte er aus, warum er die Wahl vom Februar vergangenen Jahres für ungültig hält: Durch einen Artikel in der Leonberger Kreiszeitung sei eine Wählertäuschung im Sinne des Strafrechts begangen worden.

In dem Artikel vom 10. Januar 2018 hätten Wolfgang Diehm, der Vorsitzende der Bürgerlichen Wählervereinigung (BWV), und Harald Schaber, der Vorsitzende der Fraktion Unabhängige Bürger Rutesheim (UBR), Susanne Widmaier und den Leonberger Ordnungsamtsleiter Jürgen Beck als die einzigen beiden fachlich qualifizierten Bewerber unter den fünf Kandidaten dargestellt. „Das kann man als Wahlempfehlung von Multiplikatoren verstehen. Damit haben die beiden Gemeinderatsmitglieder, die auch Mitglied des Wahlausschusses waren, gegen die Neutralitätspflicht verstoßen“, monierte Epple. Die Stadt habe diesen Zeitungsartikel nicht dementiert. Dabei habe es durchaus Zweifel an der Geeignetheit von Susanne Widmaier gegeben, wie sich aus einem anderen Zeitungsartikel vom Oktober 2017 über ihre Tätigkeit als Beigeordnete des Bauamtes Weil der Stadt ergebe.

Martin Killinger erwiderte, es habe keinen Grund für eine Richtigstellung gegeben, da Diehm und Schaber ihre Meinung als Fraktionschefs geäußert hätten, nicht aber in ihrer Funktion als Gemeinderäte.

„Gängige Praxis in ganz Deutschland“

Weiterhin führte Epple aus, im Artikel vom Januar 2018 sei von einer „Vorstellung im Gemeinderat“ die Rede. Da Räume im Rathaus genutzt worden seien, hätte die Stadt eine Rechnung stellen müssen, dadurch seien Finanzmittel der Fraktionen im Wahlkampf eingesetzt worden. „Der CDU-Fraktionschef hat mir gesagt, dass dafür 70 Euro bezahlt worden seien“, erklärte Helmut Epple.

Dies dementierte Killinger energisch: „Es gab nie eine Rechnung. Es ist gängige Praxis in ganz Deutschland, dass Fraktionen öffentliche Räume für Besprechungen umsonst nutzen dürfen“, betonte er. Es sei auch keine Sitzung des Gemeinderates gewesen, sondern ein formloses Treffen der Fraktionen. Jedem anderen Kandidaten hätte man das gleiche Recht zugestanden.

Die Bürgermeisterin Widmaier erklärte, es sei ihr ein Anliegen gewesen, sich bei den Leuten vorzustellen, mit denen sie später zusammenarbeite. Da sie aus zeitlichen Gründen nicht alle Gemeinderäte zu Hause habe besuchen können, habe man sich kurzfristig mit allen, die Zeit gehabt hätten, im Rathaus getroffen. Epple bezeichnete dies als „wettbewerbsverzerrend“ und „Gemeindewahlausschuss 1b“.

Epple und die „Dorfmafia“

Am Ende der Verhandlung wollte Susanne Widmaier zwei Dinge klargestellt wissen: Sie sei es leid, sich von Herrn Epple eine mangelnde Befähigung als Bürgermeisterin unterstellen zu lassen. Einzelne Stimmen, die unzufrieden seien, gebe es immer und überall.

Helmut Epple, der zum Schluss noch beantragte, wegen der Rechnung der Stadt für die Nutzung des Ratssaales alle Gemeinderäte zu vernehmen, ist sich sicher, dass man ihn als Bürgermeister von Rutesheim verhindern wollte, da er es „mit der ‚Dorfmafia‘“ aufnehme. Das Urteil wird die Verwaltungsrichterin Sabine Mühlenbruch den Parteien in etwa zwei Wochen zukommen lassen. Legt Epple Berufung ein und wird diese zugelassen, landet der Fall vor dem Verwaltungsgerichtshof in Mannheim.