Die Uni Hohenheim erforscht auf dem Ihinger Hof mit einem Pforzheimer Unternehmen, wie die Kulturpflanze als pflanzliche Eiweißquelle nachhaltig genutzt werden kann.

Zur Begrüßung gibt es einen Shake aus geschälten Hanfsamen und Hafermilch, zwar nur in Schnapsglas-Größe, aber für den ersten Eindruck reicht es: schmeckt nicht schlecht. Die Universität Hohenheim hatte auf ihre Versuchsstation am Ihinger Hof eingeladen, um Sabine Kurtz (CDU), der Staatssekretärin im Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg, „Tastino“ vorzustellen. Das ist eines der Forschungsprojekte, die das Land im Rahmen des „Bioökonomie Innovations- und Investitionsprogramms für den Ländlichen Raum“ mit rund einer Million Euro fördert. Davon entfallen 365 000 Euro auf die Uni Hohenheim.

 

Hanfsamen als regional produzierte Proteinquelle für die Ernährung

Hinter „Tastino“ verbirgt sich der sperrige Projektname „Schnitzel, Hanftofu, Pasta & Co. aus dem Reallabor Hanf – proteinbasierte Lebensmittel aus regionalem Hanfanbau“.

Und darum geht es beim Hanfanbau auf dem Ihinger Hof: Wissenschaftlerinnen der Uni untersuchen zusammen mit dem Unternehmen Signature Products aus Pforzheim, wie sich Hanfsamen als regional produzierte, nachhaltige Proteinquelle für die Ernährung erschließen lassen und welche Sorten sich dafür eignen. Der Gründer und Geschäftsführer der Firma, Florian Pichlmaier, ist von der Pflanze begeistert. „Sie wird schon länger in der Automobilindustrie, im Textilbereich sowie im Hausbau als sehr stabile Faser verwendet“, erklärt er. Im Lebensmittelbereich sei der Hanf noch nicht so lange vertreten. „Dabei ist das Hanfprotein supergut“, so Pichlmaier. Die Projektbetreuerin von der Uni Hohenheim, die Agrarwissenschaftlerin Forough Khajehei, ergänzt, dass die proteinhaltigen Hanfsamen allergiefrei und gut verdaulich seien, essenzielle Aminosäuren enthalten und mit Eiklar verglichen werden könne. Pichlmaier entwickelt mit 20 Mitarbeitern vegane Produkte, die auch ein Ersatz für Fleisch sein können. Zunächst werde das wohl teilweise noch den Charakter von Schnitzel oder Burger haben, später wolle man davon aber wegkommen. „Wir müssen die Leute da abholen, wo sie sind“, erklärt er.

Hanfpflanzen sind sehr klimaresistent

Die kleinen Versuchsflächen auf dem Ihinger Hof stehen kurz vor der Ernte. Die Lebensmittelwissenschaftlerin Khajehei hat sie genau im Blick, beobachtet und dokumentiert Wachstum, Ertrag und Inhaltsstoffe. Die Hanfpflanzen seien sehr klimaresistent, weil sie tief wurzeln müssten sie nicht gegossen und nur wenig gedüngt werden, wenn überhaupt. Auch gebe es keine Probleme mit Schädlingen, erklärt sie.

Warum die alte Kulturpflanze Hanf in letzter Zeit als Nutzpflanze in Vergessenheit geraten ist, erklärt Florian Pichlmaier mit deren schlechtem Ruf als Rauschmittel unter der Bezeichnung Cannabis. Dadurch habe die Pflanze ein soziales Stigma bekommen und sei lange Zeit nicht auf dem Markt gewesen. Von den Hanfpflanzen auf dem Ihinger Hof könne niemand high werden, betonen Pichlmaier und Khajehei.

Langfristig soll die ganze Pflanze verwertet werden

Landwirte müssen sich für den Hanfanbau zertifizieren und kontrollieren lassen. Florian Pichlmaier lässt bereits von Vertragslandwirten in Baden-Württemberg und Bayern auf 220 Hektar Nutzhanf anbauen. Langfristig wolle er die ganze Pflanze verwerten, die Fasern ebenso wie die Schalen der Samen, die an die Tierfutterindustrie gehen. Seine Firma sei auch schon in Kontakt mit Lebensmittelfirmen, die Soja in ihren Produkten verarbeiten mit dem Ziel, stattdessen künftig Nutzhanf aus Deutschland zu verwenden.

Sabine Kurtz zeigte sich von dem Projekt angetan. Durch den Ukraine-Krieg, aber auch durch die Corona-Pandemie habe man gemerkt, dass ein gewisser Grad an Selbstversorgung sinnvoll sei, auch bei der Ernährungssicherheit. Wichtig sei außerdem, Wertschöpfungsketten im Land zu stärken.