Elke Zimmer, die Staatssekretärin im baden-württembergischen Ministerium für Verkehr, träumt als Grünen-Politikerin von zahlreichen lebendigen Orten mit möglichst wenig Autos.

Das nennt man vorbildliches Tun. Zu ihrem Ortstermin im Leonberger Rathaus kam Elke Zimmer, Staatssekretärin im baden-württembergischen Ministerium für Verkehr (Bündnis 90/Die Grünen), aus Stuttgart mit den öffentlichen Verkehrsmitteln angereist. Auch das Fahrrad hatte sie bei sich. Schließlich wollte sie sich bei dieser Gelegenheit den kürzlich aufgelegten Verkehrsversuch in der Eltinger- und Brennerstraße persönlich und ganz aktiv anschauen. Und sie war ganz gespannt darauf zu erfahren, wie sich die abschnittweise Reduktion von vier auf zwei Fahrspuren auf alle Verkehrsteilnehmer auswirkt.

 

Test ist „Minimalinvasiver Eingriff“

Dieser sportliche Einsatz wurde dann recht spontan organisiert. Und so waren einige Fraktionsvorsitzende und Partei-Vertreter aus dem Leonberger Gemeinderat, die an diesem Termin teilnahmen, etwas überrascht, weil sie wegen Unwissenheit gar kein Zweirad mitgebracht hatten. Auch die Pressevertreterin wollte mitradeln. Ein E-Bike aus dem Rathaus-Pool wurde dann auch schnell gefunden. Doch alle Versuche der engagierten Mitarbeiter aus dem städtischen Referat „Innovative Mobilität“, den platten Reifen wieder mit Luft zu füllen, blieben erfolglos. Und auf die Schnelle war das Loch einfach nicht zu flicken. Das hätte den zeitlichen Rahmen der Staatssekretärin dann doch gesprengt. Also galt es zu warten, bis die Gruppe wieder zum Rathaus in der Lindenstraße zurückkehrte. Elke Zimmer war angetan, dass die Stadt den Mut hat, etwas Neues zu wagen. Auch wenn die momentane Umgestaltung im Testversuch ein eher minimalinvasiver Eingriff ist, wie es der Leonberger Grünen-Fraktionschef Stadtrat Bernd Murschel ausdrückte. „Zunächst ist es ein Stückwerk und die Umweltspur ist noch nicht durchgängig, aber irgendwie muss man ja anfangen, wenn man etwas bewegen möchte“, sagte die 56-jährige Landtagsabgeordnete aus dem Wahlkreis Mannheim, die ursprünglich aus Sindelfingen stammt und Leonberg ganz gut kennt. Sie hatte eine Ausbildung bei der Kreissparkasse Böblingen absolviert und war unter anderem auch dem Bereich Leonberg zugeteilt.

Der Pionier muss einige Runden vorschalten

Positiv überrascht war Elke Zimmer vom Leonberger Gemeinderat, „der mehrheitlich hinter dem Projekt steht“. Das sei bei solch innovativen Themen nicht in allen Städten der Fall. „Ihre Krux ist, dass Sie als Pionier in dieser Sache unterwegs sind, es gibt noch wenige Erfahrungswerte und so müssen Sie einige Runden mit Simulationen oder Verkehrsversuchen vorschalten.“

Zu Beginn des Besuches, den der Aidlinger Grünen-Landtagsabgeordneten Peter Seimer aus dem Wahlkreis Leonberg angestoßen hatte, fand im kleinen Sitzungssaal des Rathauses ein reger Austausch mit der Staatssekretärin, dem Oberbürgermeister Martin Georg Cohn, den Fraktionsvorsitzenden des Gemeinderates oder deren Vertreter statt. „Bis zum Ende unserer Legislaturperiode wollen wir 500 lebendige und verkehrsberuhigte Ortsmitten geschaffen haben“, definierte Elke Zimmer das Ziel der schwarz-grünen Landesregierung. Daher nahm sie die Einladung nach Leonberg auch gerne wahr und verwies gleich auf die verschiedenen Förderprogramme des Landes, das vor allem klimawirksame Maßnahmen mit bis zu 75 Prozent unterstützt. Sie weiß aber auch um die Kritiker solcher Projekte, die einen Kollaps des innerstädtischen Autoverkehrs befürchten. „Am Ende muss man das große Ganze sehen, die Idee ist doch, in Zeiten des Klimawandels versiegelte Fläche wieder an die Natur zurückzugeben und die Städte lebenswerter zu machen.“

Ein Wandel muss im Kopf der Menschen stattfinden

Ein Wandel müsse angesichts der Klimadebatte im Kopf der Menschen stattfinden. „Man muss doch nicht gleich den Autoschlüssel zücken, sondern kann den Kilometer zum Bäcker gut mit dem Fahrrad fahren oder Besorgungen mit dem Bus machen“, sagte die Staatsministerin, die selbst kein eigenes Auto besitzt und mit dem ICE zur Arbeit nach Stuttgart fährt. Einen weiteren Vorteil sieht bei wachsender Belebung der Innenstädte für den Einzelhandel. „Der steckt doch seit Langem in einer tiefen Krise, wenn man es jetzt schafft, die Menschen wieder zu begeistern, in die Städte zu kommen und dort zu flanieren, ist das für alle eine Win-Win-Situation.“

Leonberg braucht ein sicheres Radwegenetz

Die Staatsministerin erfuhr dann von der Grünen-Stadträtin Gudrun Sach, dass die Agenda-Gruppe Radl seit einem Vierteljahrhundert versucht, Leonberg fahrradfreundlicher zu gestalten. „Das war bisher nicht immer erfreulich. Aber wir brauchen ein sicheres Radwegenetz, allein schon für die Schulkinder, deshalb sollten wir das Projekt positiv begleiten, und nicht immer allein aus der Sicht der Autofahrer betrachten.“