Hat ein Mieter morgens um 5 Uhr schon ein Recht auf warmes Wasser? Das musste das Leonberger Amtsgericht entscheiden.

Renningen - Olga Krom kann das nicht. Um 5 Uhr steht sie auf, um rechtzeitig zur Arbeit zu kommen. „Da kann ich noch nicht einmal mein Gesicht waschen – so kalt ist das Wasser“, berichtet sie. Schon vor fast zwei Jahren hätten die Vermieter in den Häusern in der Renninger Alten Bahnhofsstraße die Nachtabsenkung eingeführt. Seitdem ist das Wasser zwischen 22 Uhr abends und 6.30 Uhr morgens nur noch 25 Grad kalt. Krom weiß das ganz genau. Eigens ein Thermometer habe sie angeschafft, um die Wassertemperatur regelmäßig zu protokollieren.

 

Wegen ihrer Nebenkosten hatte die Renningerin ohnehin schon Kontakt zum Mieterverein Stuttgart (DMB) gesucht. Dort hatte man sich dann auch des Wasserproblems angenommen. Der DMB-Landesvorsitzende Rolf Gaßmann schüttelt immer noch den Kopf. „Von einer solchen Nachtabsenkung wird uns öfter berichtet“, sagt er zwar. „Normalerweise haben die Vermieter aber ein Einsehen, wenn wir sie auf das Problem aufmerksam machen.“ Dass man jetzt bis vor ein Gericht habe ziehen müssen, sei schon einzigartig.

„Uns reicht es“

Vermieter des Renninger Objekts ist die Wohnungsgesellschaft Vonovia – für Mieter in der Region mittlerweile ein Reizwort. An der Börse ruft das Handelsblatt den Bochumer Konzern am Montag mit einer Kurssteigerung von 1,6 Prozent zu den Gewinnern des Tages aus. Gleichzeitig wehren sich Mieter überall in der Region gegen Mietsteigerungen um bis zu 50 Prozent, weil Vonovia energetische Modernisierungen auf die Mieter umlegen will. Im November hatte unsere Zeitung über einen entsprechenden Fall in Weil der Stadt berichtet, wo sich schließlich der Bürgermeister Thilo Schreiber und der Bundestagsabgeordnete Marc Biadacz (CDU) in den Protest eingereiht hatten.

„Wir haben alle langsam keine Nerven mehr, uns reicht es!“, heißt es beim Mieterverein Stuttgart zu all den Vorfällen. Denn denkwürdig sei auch der Prozess vor dem Amtsgericht Leonberg gewesen, berichtet Olga Kroms Anwalt Rüdiger Knabbe. „Mehrere Bewohner dieses Hauses mussten als Zeugen geladen werden“, sagt er. Seit April lief das Verfahren. Zwei Prozesstage habe man mit dem Fall verbracht, Vonovias Anwälte hätten bestritten, dass es kein warmes Wasser gebe. „Deren Taktieren ist völlig unklar“, sagt Knabbe. „Die Rechtslage ist doch eindeutig.“

Dementsprechend hat Olga Krom am Ende auch Recht bekommen. Es geht aber weiter, warmes Wasser hat die Renninger Mieterin immer noch nicht, auch wenn das Urteil schon am 4. Januar versandt worden ist. „Ständig geht die Miete hoch“, schimpft sie. „Wir leben doch in einem demokratischen Staat.“

„Wo soll ich denn hin?“

Auf die Nachfrage von Mieteranwalt Knabbe hin behauptet Vonovia, die Heizungsanlage längst auf einen 24-Stunden-Betrieb umgestellt zu haben. Der Jurist muss jetzt eine Vollstreckung beantragen, also per Androhung von Zwangsgeldern die Umsetzung des Urteils einfordern. „Und das wegen solch einer Lappalie“, sagt der Jurist und schüttelt den Kopf. Die 1200 Euro Prozesskosten muss Vonovia übrigens auch übernehmen.

Der Konzern mit Hauptsitz in Bochum wollte sich am Montag auf Nachfrage unserer Zeitung nicht zu dem Fall äußern.

„Man hat mir schon oft geraten auszuziehen“, sagt die Mieterin Olga Krom. „Aber es gibt doch hier in der Region keine freien Wohnungen – wo soll ich denn hin?“