Ursula Tronich macht nicht mehr im Hemminger Gemeinderat Politik. Die Freie Wählerin hat die Gemeinde geprägt, wie wenige.

Wäre Hemmingen, was es heute ist, wenn Ursula Tronich in den vergangenen 33 Jahren nicht gewesen wäre? Die Frage ist müßig, möglicherweise hätten Gesetze die Gemeinde gezwungen zu Entscheidungen, deren Inhalt Tronich mal sanft, mal resolut, aber beharrlich in den vergangenen Jahrzehnten eingefordert hat. In der Situation selbst habe sie das nie so empfunden – sie reagierte, weil es ihre Überzeugung war, Ausdruck ihrer Sicht auf das Leben, die Gesellschaft, die Themen, die es gemeinsam zu lösen galt.

 

Den Müttern zu einer Auszeit verhelfen

Das galt besonders für die Kinderbetreuung. Warum sollte die Mutter nicht wenigstens an einem Vormittag sich um sich selbst kümmern können? Dies war einst ihre Motivation gewesen, sich in der Spielstube zu helfen, als Betreuungsplätze fehlten. Der Frau, der Mutter, galt zunächst ihr Augenmerk, in der Spielstube selbst natürlich den Kindern. Und das Team habe wohl seine Sache ganz gut macht, stellt sie rückblickend fest. Nur drei, vier Kinder in all den 40 Jahren seien nicht mehr gekommen. Sie thematisiert nicht, wie groß ihr Anteil daran war, sie sieht das Team, das gemeinsam dafür steht. Besser: gestanden hat, denn mit Corona kam das Aus für die Spielstube. Heute würden auch Kinder unter drei Jahren in der Gemeinde versorgt, zudem gab es keine Betreuer mehr. „Wenn etwas aufhört, bröckelt es immer mehr“, sagt die 75-Jährige. Sie sagt das sachlich, Emotionen sind der Sache nicht dienlich. Und doch hat sie ihre Entscheidungen im Gemeinderat in Kenntnis der Fakten meist aus dem Bauch heraus getroffen – zumindest jene, über die sie heute noch froh ist. Wo der Kopf entschied, da hätte sie manchmal stärker sein müssen, sagt sie heute. Etwa als junge Architekten ein Baugebiet ohne Autos planten. In Freiburg habe es das schon gegeben, in Hemmingen wurde der Plan abgelehnt. Froh ist sie hingegen, dass nicht nur Schwieberdingen, sondern eben auch Hemmingen an das Fernwärmenetz angeschlossen wurde. Weg von fossilen Brennstoffen, der Umwelt Bedeutung einräumen, das war ihr Gedanke vor rund einem Jahrzehnt.

Sie konnte mitgestalten, hatte sie doch nach den ersten Jahren im Verwaltungsausschuss in den Technischen Ausschuss gewechselt – ein Gremium, das gemeinhin von Männern dominiert ist. Tronich focht das nicht an. Einer durchdachten Idee hatten auch sie nichts entgegenzusetzen. So war es auch bei der Suche nach Straßennamen für ein neues Baugebiet. Gleichwohl habe es in ihrer Fraktion der Freien Wähler diese Art von Diskussionen nie gegeben. Da war sie eine von mehreren Fraktionsmitgliedern. Es sei nicht ihre Art vorzupreschen. „Ich spreche Ideen aus und suche Mitstreiter, um es miteinander auf die Beine zu stellen.“ Das wird bleiben, auch wenn sie im Juli aus dem Gemeinderat ausschied.

Mit Neugier dem Leben begegnen

Sie gibt Tablet-Kurse bei den Landfrauen, gehört zu den Mitbegründerinnen des örtlichen Kulturvereins Distelart, gehörte der Initiativgruppe Mehrgenerationenprojekt an und wurde unter anderem für all dies schon vor einigen Jahren mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Angetrieben hat sie immer auch ihre Neugier, sich mit neuen Themen vertraut zu machen. „Scheitern kann ich immer noch. Neinsagen auch.“