Die Chorvereinigung Johannes Kepler feiert mit dem Musical „Somnium“ nach einer Idee des Astronomen ihr 75-jähriges Bestehen und huldig ihrem Namensgeber

Er ist auf der Bühne in der Stadthalle Leonberg immer präsent, der große Astronom Johannes Kepler aus Weil der Stadt: Sein Konterfei schmückt das Bühnenbild, und auch musikalisch wird ihm mit einer witzigen Buchstaben-Collage gehuldigt. „Somnium – Johannes Keplers Reise zum Mond“ – so lautet der Titel eines neuen, abendfüllenden Musicals. Es wurde für den Chorverband Johannes Kepler geschrieben, der sein 75-jähriges Bestehen feiert. Am Wochenende wurde es mit zwei Vorstellungen uraufgeführt. Rund 50 Sängerinnen und Sänger, 40 Tänzerinnen und ein „Somnium“-Projektorchester entführten das Publikum ins Reich der Fantasie.

 

Auch große Wissenschaftler haben Träume. Kepler, an dessen 450. Geburtstag 2021 jetzt erinnert wird, schrieb einen von ihnen auf. „Somnium – der Traum“ heißt die Erzählung von 1609. Schauplatz ist die Insel isländische Thule, wo die kräuterkundige Fiolxhilde und ihr Sohn Duracoto leben. Wegen seiner Neugier landet der Bub bei Fischern auf dem Meer und später bei Tycho Brahe, einem tatsächlichen Berufskollegen und Zeitgenossen Keplers. Nach Jahren heimgekehrt, erzählt ihm seine Mutter von Geistern, die nach Levania, das für den Mond steht, reisen können.

Reise ins Reich der Fantasie

Bis dahin folgt das Musical, für das der Hamburger Regisseur Maximilian Ponader das Buch und die Liedtexte geschrieben sowie die Musik komponiert hat, der Kepler’schen Vorlage. Doch während sich der Astronom im weiteren Verlauf zwar fantasievoll, aber doch unter eher wissenschaftlichen Aspekten dem Mond widmet, starten die Chöre zu einer Reise ins Reich der Fantasie, der Liebe, der Neugier und der Freiheit.

Sphärische Töne erklingen schon beim ersten Auftritt des „Volks von Thule“, verkörpert von Sängerinnen und Sängern der Chorvereinigung Weil der Stadt unter Leitung von Kai Müller, der auch das Projektorchester leitet. Das Publikum taucht in magische Welten ein, als der Chor einen „Hymnus an den Mond“ anstimmt.

Mit Duracoto und Fiolxhilde kommen zwei Profisänger auf die Bühne, die durch die Geschichte führen. Der erst 20-jährige Hannes Nedele, der schon viel Bühnenerfahrung hat, verkörpert mit seiner Baritonstimme den heimgekehrten Sohn. Ausdrucksvoll und facettenreich gibt die Mezzosopranistin Wiebke Huhs, die auch den „Chor der Geister“ vom El’Chor Höfingen leitet, die Fiolxhilde, mit roter Wallemähne und in ein üppiges Gewand gekleidet.

Nach dem musikalisch beschaulich inszenierten Wiedersehen von Mutter und Sohn kommen Schwung und Rhythmus auf die Bühne, als Solisten und Chor ein Seemannslied und dann im Wechsel von Damen und Herren dazwischen Friedensstrophen singen – eine tolle musikalische Leistung von Chor und Orchester, die mit viel Beifall belohnt wird.

Der Traum endet in der irdischen Realität

Schließlich sind sich Fiolxhilde, Duracoto und das Volk von Thule einig, dass sie in neue Sphären aufbrechen wollen, nach Levania. Fiolxhilde ruft die Geister, die – in witzige, schrill-bunte Gewänder gekleidet – herbeieilen. „Wir sind so heiß darauf, euch schleunigst zu entführen, mit euch zu düsen in das allerhöchste Glück“, singen sie mit den Worten von Maximilian Ponader, der viel Humor und Wortwitz in seine Texte eingebaut hat. „Sobald wir durchgeknallten Geister euch berühren, beginnt die Himmelfahrt, und die kennt kein Zurück!“, versprechen die Geister.

Auf geht’s ins Reich von Liebe, Freiheit, Neugier und Fantasie, lässt Ponader die Chöre singen. Damit hat er eine wahrlich fantasievolle Weiterentwicklung mit Anspruch von Keplers „Somnium“ geschaffen. Dessen Traum endet nämlich für ihn als Mann der Wissenschaft wieder in der irdischen Realität.

Umjubelter Auftritt

In Levania angekommen tanzen nicht nur die Chöre. Auch das 40-köpfige „Somnium“-Tanzensemble der Ballettschule Gymnastica aus Weil der Stadt hat mit mehreren Nummern einen umjubelten Auftritt. Als schließlich alle Sängerinnen und Sänger bei ihrem Schlusslied mit Lichterketten die Bühne füllen, fühlt sich wohl auch so mancher Zuschauer in andere Sphären versetzt. Der Lohn der monatelangen Vorbereitungen für dieses bunte Werk ist der grandiose Beifall des Publikums.