Die CDU im Kreistag will wissen, wie viel die Erweiterung der Bundesstraße zwischen Renningen und Böblingen auf vier Spuren kostet.

Renningen/Magstadt - Die Nachrichten vom Winter sind den Lokalpolitikern in Mark und Bein gefahren. Fünf Todesopfer in sechs Monaten hatte es auf der B 464 gegeben, und jedes Mal war ein Fahrzeug auf die Gegenfahrbahn geraten. Die CDU-Fraktion im Kreistag fordert jetzt, konkrete Schritte für den vierspurigen Ausbau der Bundesstraße zwischen Renningen und Böblingen einzuleiten.

 

CDU: Kosten ermitteln, damit man weiß, worüber man spricht

„Wir fordern die Landkreisverwaltung auf, in Abstimmung mit dem Regierungspräsidium Stuttgart als Straßenbaulastträger planerische Konzepte zu erarbeiten“, sagt Marc Biadacz, der Kreisrat und CDU-Bundestagsabgeordnete. Landrat Roland Bernhard soll ermitteln lassen, wie viel der Ausbau kostet. „Die Ermittlung der vorläufigen Kosten ist uns sehr wichtig, damit der Kreistag bei den Diskussionen zur B 464 weiß, worüber wir bei diesen Maßnahmen sprechen“, erklärt der Fraktionsvorsitzende Helmut Noë.

Knackpunkt ist der Bundesverkehrswegeplan. Dort ist der Ausbau der B 464 nicht enthalten, deshalb darf das Regierungspräsidium Stuttgart den Ausbau nicht einleiten. Man will wissen, ob es andere Töpfe gibt, aus denen sich der Ausbau finanzieren lässt – angesichts der Gefährlichkeit der Straße, heißt es aus den Reihen der CDU.

Experten des RP bezweifeln Sinnhaftigkeit

Auf Nachfrage unserer Zeitung äußert sich Julia Kässer, die Sprecherin des Regierungspräsidiums (RP), äußerst skeptisch. Es gebe zwar Sondermittel. Aber: „Der vierstreifige Ausbau eines ganzen Streckenzugs wie der B 464 zwischen Sindelfingen und Renningen kann nicht aus diesen Mitteln finanziert werden.“

Ob der Ausbau überhaupt sinnvoll sei, bezweifeln die Fachleute des RP. Julia Kässer verweist auf den Ausbau der Autobahn 81 bei Böblingen, der demnächst beginnt, und den bereits fertigen Verflechtungsstreifen auf der A 8 zwischen Stuttgart und Leonberg. „Damit existiert eine attraktive und ausreichend leistungsfähige Verbindung zwischen Böblingen und Leonberg“, sagt sie. „Ein zusätzlicher vierstreifiger und somit autobahnähnlicher Ausbau der B 464 ist daher aus netzkonzeptionellen Gründen und für den Fernverkehr nicht erforderlich.“ Kässer verweist auf den geplanten Lückenschluss bei Renningen, der demnächst ausgebaut wird – aber ebenfalls nur zweispurig.

Landrat: Straße aus heutiger Sicht zu knapp geplant

Ursprünglich war der vierstreifige Ausbau der B 464 eine Idee von Landrat Roland Bernhard gewesen. Nach den vielen Unfällen hatte er an Weihnachten eigens einen Brief an Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) geschrieben. Mit 25 000 Autos täglich sei die Bundesstraße viel zu überlastet, dringend geboten sei daher die Prüfung des Ausbaus. „Mir ist bewusst, dass dies eher mittel- bis langfristige Überlegungen sind“, schrieb Bernhard damals. Den Vorstoß der Kreistags-CDU will Bernhard jetzt noch nicht kommentieren. „Wir werden das im Umwelt- und Verkehrsausschuss diskutieren“, sagt der Landrat im Gespräch mit unserer Zeitung. Er habe immer darauf hinweisen wollen, dass die Straße aus heutiger Sicht damals zu knapp geplant wurde.

Der Landrat und die Vertreter von Polizei und Regierungspräsidium waren nicht untätig. Ende März hatten sie als Reaktion auf die Unfälle beschlossen, das Tempo auf 90 zu reduzieren, die Geschwindigkeit zu kontrollieren, Haltebuchten zu errichten und mehr Linien aufzuzeichnen. Darauf verweist auch Julia Kässer vom Regierungspräsidium. „Zur Verbesserung der Verkehrssicherheit ist ein vierstreifiger Ausbau ebenfalls nicht zwingend erforderlich“, sagt sie. Demnächst würden die Maßnahmen umgesetzt.

Was wird jetzt gemacht?

Am Montag, 21. September, beginnen die Bauarbeiten, der erste Bauabschnitt dauert dann bis Oktober. Der Bau von Nothaltebuchten und eine Deckensanierung mit der Änderung der Markierungen sei dann geplant. „Der weitere Bauabschnitt soll in 2021 folgen“, kündigt Kässer an. Für die Kontrolle der Geschwindigkeit ist das Landratsamt zuständig. Mitte Juli hat man dort einen sogenannten „Enforcement-Trailer“ angeschafft, also einen mobilen Blitzer, der auf einem Anhänger montiert ist. Bisher stand der Trailer zum Beispiel an der B 464 bei Holzgerlingen, einem Unfallschwerpunkt. „Wir haben in zwei Wochen über 2000 Bilder geschossen, die nun ausgewertet werden“, berichtet Benjamin Lutsch, der Landratsamts-Sprecher. Die Kontrollen an dieser Stelle gehen bis Ende August. „Im September wird der Trailer dann Richtung Renningen/Magstadt stehen“, kündigt Lutsch an. Ob dann die B 464 noch ausgebaut werden soll, ist vor allem eine politische Frage, die im aufziehenden Wahlkampf eine Rolle spielen könnte.

„Wer Straße sät, wird Verkehr ernten“

„Die B 464 als zentrale Verkehrsachse im Landkreis Böblingen ist von immenser Bedeutung für unseren vom Automobil geprägten Landkreis“, ist der CDU-Politiker Marc Biadacz überzeugt. Gegen den Ausbau ausgesprochen haben sich die Grünen im Kreistag, die stattdessen mehr Investitionen in Bus und Bahn fordern. Exponiert in dieser Frage hat sich zuletzt auch der Kreisrat und SPD-Landtagskandidat Jan Hambach. „Wer Straße sät, wird Verkehr ernten“, sagt er nun erneut.

Info: Einst sollte es tatsächlich eine Autobahn werden

Schleichweg: Für viele Verkehrsteilnehmer sind die Bundesstraßen von Leonberg über Renningen nach Böblingen eine Ersatzautobahn. Schließlich kann so das staugeplagte Autobahndreieck Stuttgart umfahren werden. Und wer in den Raum Pforzheim/Karlsruhe strebt, kann auch noch dem Leonberger Autobahndreieck eine lange Nase machen. Kein Wunder also, wenn auch auf dieser Trasse die Verkehrsmengen steigen und besonders viele Brummis auf der Strecke unterwegs sind. So staut es sich immer öfter auch auf der vergleichsweise neuen B 464, deren dritter Bauabschnitt erst im Jahr 2014 eröffnet wurde.

Frühere Pläne Dabei hatte man schon schon vor Jahrzehnten eine Autobahntrasse projektiert, die von Leonberg nach Gärtringen an Renningen vorbei gebaut werden sollte. Diese Anbindung haben die Gegner auf der Straße und in den Rathäusern zu verhindern gewusst. Heute sind die beiden im Kreis Böblingen ausgebauten Bundesstraßen 464 und 295 eine Ersatzstrecke, die zwar in guten Teilen der damaligen Trasse nahe kommt, allerdings deren Sicherheitsstandards vermissen lässt.