Daimler verzeichnet in China fast 600 000 Neuzulassungen von Januar bis September, ein Plus von vier Prozent. Dass das Geschäft auf dem wichtigsten Automarkt der Welt so gut läuft, liegt auch an einer konzerninternen Entscheidung.

Korrespondenten: Markus Grabitz (mgr)

Stuttgart - Die Verkäufe von Daimler-Luxusautos in China laufen glänzend und tragen immer mehr zu den Gewinnen des Konzerns bei. Der für das China-Geschäft zuständige Vorstand Hubertus Troska sagte: „Nach dem Covid-Knick hat China ein beeindruckendes Comeback hingelegt. Vor allem im Luxussegment.“ Der Konzern mit dem Stern hat von Januar bis September auf dem chinesischen Markt vier Prozent mehr Fahrzeuge verkauft als im Vorjahr. Insgesamt wurden 592 203 Fahrzeuge vor Ort abgesetzt.

 

China-Markt größer als USA und Deutschland zusammen

China hat vor einigen Jahren die USA als wichtigsten Markt für Daimler abgelöst. Mittlerweile verkauft das Unternehmen mit dem Stern mehr Fahrzeuge in China als in Deutschland und den USA zusammen. 35 Prozent des gesamten Pkw-Absatzes gehen nach China. Besonders erfolgreich sind die absoluten Luxusmodelle wie die S-Klasse, die G-Klasse und der Maybach. 60 Prozent aller S-Klassen, die Daimler baut, werden in China verkauft. „Die neue S-Klasse, die in China im Frühjahr auf den Markt gekommen ist, hat ihre Position im Spitzensegment ausbauen können mit zweistelligen Zuwachsraten“, so Troska. Die Bestellungen des Maybach hätten bis Ende Oktober um 30 Prozent zugelegt, die Aufträge für den Geländewagen G und die besonders teuren AMG-Fahrzeuge sich sogar verdoppelt. Troskas Fazit: „Der chinesische Markt präsentiert sich für uns unverändert superstark. Wir können gar nicht genug Fahrzeuge bauen, um die Kundenwünsche zu befriedigen.“

„Viele Chips gehen nach China“

Im ersten Halbjahr des Jahres 2021 habe das China-Geschäft so gut wie gar nicht unter dem Mangel an Chips gelitten. In den ersten sechs Monaten habe das Plus von Daimler 28 Prozent gegenüber dem Vorjahr betragen. Im dritten Quartal habe Daimler dann doch den Engpass zu spüren bekommen mit einer verringerten Produktion. Konzernintern profitiert das China-Geschäft davon, dass die ertragreichen Fahrzeuge bei der Chipversorgung bevorzugt werden. In China ist die Nachfrage nach den superteuren Modellen besonders hoch. Troska: „In China werden wir konzernintern gut mit Chips bedient, wir bekommen unseren fairen Anteil.“

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Troska sieht keine Anzeichen dafür, dass im kommenden Jahr die Konsumlaune in China beeinträchtigt wird: Im vierten Quartal bleibe die Nachfrage hoch, wegen der Halbleiterengpässe werde der Absatz aber unter Daimlers Möglichkeiten bleiben. „Es spricht alles dafür, dass China auch 2022 ein Super-Markt für uns ist.“ 2022 will Daimler die ersten neuen Smart-Modelle für den Weltmarkt liefern, die in einer Fabrik in China zusammen mit dem Partner Geely produziert werden.

Schon zwei Millionen E-Autos in 2022

Als Markt für E-Autos ist China sehr dynamisch. Während 2020 vor Ort alle Marken bereits eine Million E-Autos zugelassen haben, waren es in den ersten zehn Monaten 2021 bereits zwei Millionen vollelektrische Fahrzeuge. Bislang machen das Geschäft mit den E-Autos vor allem chinesische Hersteller. 90 Prozent der Verkäufe finden im Segment unter einem Kaufpreis von 35 000 Euro statt. Daimler ist bislang nur mit einem reinen E-Modell vor Ort vertreten. Das ändert sich aber.

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2022 will der Konzern in China bereits fünf vollelektrische Modelle anbieten, darunter die Luxusmodelle EQS und EQE. Vier der fünf Elektromodelle von Daimler werden auch vor Ort in chinesischen Fabriken produziert. Der Markthochlauf für E-Autos in China sei rasant, und das, obwohl die Kaufanreize zurückgefahren würden. Im gehobenen Preissegment für E-Autos rechnet sich Daimler gute Chancen aus: Tesla habe so gut wie keine Marktanteile in China. Bei dem zahlungskräftigen jungen Publikum in den Millionenstädten seien auch Plug-in-Hybride begehrt. Extern aufladbare Modelle mit zusätzlichem Verbrennermotor eigneten sich besonders gut für die langen Distanzen im großen Land.

Zweites Tech-Zentrum im Bau

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Daimler investiert in die Forschung und Entwicklung vor Ort. Man baue gerade ein zweites Technologie-Zentrum mit Platz für etwa tausend Ingenieure. Troska: „Unsere Möglichkeiten, Prototypen zu testen, werden damit besser. Sie müssen nicht mehr nach Deutschland verschifft werden.“ Wichtig sei ihm aber auch die Nähe zu Zulieferern vor Ort. Insbesondere bei der wichtigen Batterietechnik gebe es sehr viele innovative Firmen, die man über die örtliche Nähe deutlich besser in die Entwicklung neuer Modelle einbeziehen könne. Daimler-Modelle für den chinesischen Markt hätten häufig einen längeren Radstand, weil dies die Kunden ausdrücklich nachfragten. Trotz der hohen Bedeutung des chinesischen Marktes glaubt Troska aber nicht daran, dass Daimler ein Modell nur für China entwickelt: „Wir müssen kein eigenes Auto für China bauen, wir sorgen schon jetzt bei der Produktentwicklung dafür, dass jedes Fahrzeug den besonderen Anforderungen des chinesischen Marktes gerecht wird.“