Der Deutsche Tischtennisbund setzt in der kommenden Saison in Regional- und Oberligen auf Vierer-Mannschaften.

Leonberg - Sieht man einmal von den coronabedingten, temporären Modifikationen in der Wettspielordnung ab, war es zuletzt in der Tischtennisszene in puncto Regeländerungen recht ruhig. Einzig mit der Umstellung von den alten Zelluloid- auf die Plastikbälle sah man sich im vergangenen Jahrzehnt konfrontiert. Nun beginnt es an mancher Stelle wieder zu brodeln: Sowohl der Deutsche Tischtennisbund (DTTB) als auch zwei Verbände setzen in ihren Spielklassen im Männerbereich zukünftig auf Vierer- statt Sechserteams. Droht hier die Abkehr von einem traditionellen Mannschaftssystem?

 

Sechs, vier, drei oder sogar zwei? Die Möglichkeiten, in welcher Mannschaftsstärke man hierzulande den Tischtennissport betreiben kann, sind vielfältig. Dementsprechend ist in Tischtennis-Deutschland die Diskussion über eine Vereinheitlichung des Spielsystems nicht neu. Im Damen- und Jugendbereich sind Teams mit vier Spielern bereits Normalität, bei den Herren tauchen sie, abgesehen von der 2. und 3. Bundesliga, vor allem in den unteren Spielklassen auf.

Änderung für Regional- und Oberliga

Dazwischen wird in Deutschland aber meistens auf die traditionelle Sechsermannschaft gesetzt. Die Motivation, daran etwas zu ändern, erhöhte sich vor zwei Jahren, als der DTTB-Bundestag beschloss, ab der Saison 2021/22 auch in Ober- und Regionalligen mit Vierer- statt Sechsermannschaften zu spielen.

Die Entscheidung seitens des Bundes brachte die Dinge vor allem in Thüringen und Bayern ins Rollen, wo in den Verbands- und Bezirksspielklassen künftig komplett auf Vierermannschaften gesetzt wird. Der Bayerische Verband als einer der mitgliederstärksten setzt dies mit einem mehrjährigen Stufenplan um, bis es zur Saison 2025/2026 endgültig soweit ist. Ob sich hierbei nun ein bundesweiter Trend abzeichnet, bleibt abzuwarten.

Kein Aktionismus im Verband

Im Baden-württembergischen Tischtennisverband (TTBW) wurde das Thema im Hauptausschuss zuletzt angerissen, ohne dort in voreiligen Aktionismus zu verfallen. Der TTBW-Sportreferent Wolfgang Laur gibt sich jedoch keiner Illusion hin: „Wir werden sicherlich nicht umhinkommen, uns bald intensiver mit diesem Thema zu beschäftigen. Gerade die Pandemie kann uns eventuell schneller dazu zwingen, als uns vielleicht lieb ist.“

Zudem verweist Laur auf die Tatsache, dass sich manche Bezirke bereits intensiv damit befasst haben. „Der Bezirk Ostalb hat bereits vor einigen Jahren einen Anlauf gestartet, auf Viererteams umzusteigen. Und im Bezirk Hochschwarzwald spielen aktuell bereits mehr Vierer- als Sechsermannschaften.“

Genauso wie Wolfgang Laur befürchtet auch der Geschäftsführer Thomas Walter, dass mit einer Umstellung auf Viererteams ein deutlicher Mitgliederrückgang einhergehen wird. „Spieler, die zuletzt oftmals in einer Mannschaft eingesprungen sind, werden dann plötzlich nicht mehr benötigt und hören dann als Konsequenz mit dem Vereinssport auf. Viererteams stellen lediglich für ganz kleine Vereine eine gute Lösung dar, deswegen wird dies in den untersten Spielklassen bereits gelebt.“

Anfeuern der Kameraden

Und Thomas Walter bringt noch einen anderen Aspekt ins Spiel. „Generell kenne ich viele Tischtennisaktive, die das bewährte Spielsystem mit Sechserteams toll finden. Es ist doch schön, wenn nicht alle Teammitglieder gleichzeitig mit Spielen oder als Schiedsrichter beschäftigt sind, sondern auch die Möglichkeit zum Anfeuern ihrer Kameraden haben.“ Dennoch ist sich Walter sicher, dass „die Viererteams früher oder später kommen werden, zumal einige Verbände jetzt schon auf diesen Zug aufspringen.“

Werner Schäffer, der Manager von Regionalligist TSV Kuppingen, wird mit der Teamreduzierung schon ab September konfrontiert – und hält nichts davon. „Es ist definitiv der falsche Weg, der hier eingeschlagen wird. Zum einen wird guten Nachwuchsspielern der Weg nach oben verwehrt, zum anderen wird der Tischtennissport dadurch nicht attraktiver für die Zuschauer.“ Zudem bezweifelt Schäffer, dass die Begegnungen eine kürzere Dauer haben, da gemäß neuer Regel auch nach Erreichen des Siegpunktes alle weiteren Einzel weiter durchgespielt werden müssen.

Totengräber des Sports

Recht harsch geht Gärtringens Ullrich Gotsch mit den Verantwortlichen ins Gericht, die eine Umstellung auf Viererteams zulassen. „Ich finde den Gedanken entsetzlich. Aus meiner Sicht sind das die Totengräber unseres Sports“, sagt der 52-jährige, der aus Vereins- und Betriebssport langjährige Erfahrung mit beiden Spielsystemen hat. „Bei Viererteams ist während einer Partie stimmungsmäßig schlichtweg tote Hose. Das macht dann keinen Spaß mehr, wenn allenfalls ein Teamkollege anfeuert.“

Bei Sindelfingens Abteilungsleiter Carsten Seeger schlagen zwei Herzen in der Brust. „Viererteams haben sicherlich den Charme, flexibler zu sein. Die Mannschaft lässt sich leichter zusammenstellen und man hat kein Theater bei den Ersatzgestellungen. Andererseits macht seit Jahrzehnten ein Sechserteam den Charakter einer Mannschaft aus, auch wenn da zuletzt in der Bundesliga davon abgewichen wurde.“ Die Einheitlichkeit – bei Damen, Herren und in der Jugend – wäre Seeger wichtig. „Im Fußball wird ja auch nur zu elft gespielt.“

Mehr Mannschaftsmeldungen

Es gibt aber auch Befürworter einer möglichen Reform. Thomas Verleih von der Spvgg Weil der Stadt würde die Umstellung begrüßen. „Insgesamt wird die Spieldauer etwas kürzer, und ich denke, damit liegt man im Trend. Einen weiteren Vorteil sehe ich darin, dass das Potenzial für überraschende Ergebnisse steigt. Zudem könnte man mehr Mannschaften melden und damit eine bessere Einteilbarkeit entsprechend der Spielstärke erreichen“, sagt der Abteilungsleiter.

Auch Niklas Spinner vom TSV Grafenau steht der möglichen Neuerung offen gegenüber. „Die geringere Spieldauer ist für die Zuschauer attraktiver. Und die Spieler haben kürzere Wartezeiten im Rahmen eines Punktspiels.“