Um seine Tischtennis-Talente zu halten, hat der TSV Korntal ein Frauenteam, das vornehmlich aus jungen Mädchen besteht, in der Landesklasse gemeldet – dafür war ein kleiner Trick nötig.

Tischtennis war beim TSV Korntal lange Zeit eine Männer- und Jungen-Domäne. Eine Frauenmannschaft gab es noch nie, eine Mädchenmannschaft über Jahrzehnte nicht. Erst seit sechs Jahren trainieren Mädchen beim TSV – nun zahlt sich die Arbeit aus, die eng mit dem Namen der ehemaligen ungarischen Weltklassespielerin Szilvia Kahn verbunden ist. „Bei uns wächst gerade eine goldene Generation heran, wie wir sie in den 1980er Jahren einmal bei den Jungen hatten“, sagt Abteilungsleiter Friedemann Wagner, der das als Teil dieser einstigen Generation wissen muss.

 

Unter den rund 60 Tischtennis spielenden Kindern des TSV Korntal ragen sechs bis acht heraus, die unter der Anleitung von Szilvia Kahn noch besser werden sollen. „Sie trainieren schon wie kleine Profis jeden Tag – im Verein, am Verbandsstützpunkt in Karlsruhe und darüber hinaus noch privat bei Szilvia Kahn und Torben Wosik“, erzählt Wagner. Das schlägt sich in den Ergebnissen nieder: Bei den Bezirksmeisterschaften in Bietigheim Anfang Oktober stellte der TSV Korntal bei den Mädchen in neun von elf Altersklassen die Siegerin. Die 14-jährige Paulina Friebe spielte kürzlich in Saarbrücken die Qualifikation für das DTTB-Top-24-Ranglistenturnier, die zehnjährige Ksenija Poznic gewann das DTTB-Sichtungsturnier im thüringischen Bad Blankenburg und gilt damit als Beste ihres Jahrgangs in Deutschland. Mit der neunjährigen Dana Haspel auf Rang drei belegte der TSV Korntal dort sogar noch einen zweiten Podestplatz.

Talente dieser Qualität wecken Begehrlichkeiten bei höherklassigen Vereinen. „Wir haben uns überlegt, wie wir verhindern können, dass unsere Talente wie üblich mit 13 bis 15 Jahren abgeworben werden, sondern wirklich erst, wenn sich ihnen die Perspektive für die Regionalliga oder die Bundesliga bietet“, erläutert Friedemann Wagner. Szilvia Kahn kam dann auf die Idee, eine Damenmannschaft rund um die Hochtalentierten zu gründen – wozu die TSV-Verantwortlichen allerdings auf allerlei Tricks und Kniffe aus der Wettspielordnung zurückgreifen mussten.

Auch die 52 Jahre alte Szilvia Kahn mischt mit

Um nicht wie üblich ganz unten in der Bezirksliga zu starten- und die Mädchen hoffnungslos zu unterfordern – schloss der TSV Korntal mit dem TSV Herrlingen einen so genannten Spaltungsvertrag und übernahm damit den Platz einer Herrlinger Damenmannschaft in der Landesklasse, die sich zurückgezogen hatte. Der zweite Kniff betraf das Alter der Spielerinnen: Da eine Damenmannschaft laut Wettspielordnung aus mindestens zwei Akteurinnen über 16 Jahren bestehen muss, meldete der TSV Korntal neben Paulina Friebe (14), Ksenija Poznic (10) und Dana Haspel (9) vier weitere Spielerinnen mit dem entsprechenden Alter, allen voran die 52-jährige Szilvia Kahn an Position eins. Mit Chenhao Chen (10) hat der TSV Korntal noch ein weiteres Toptalent in der Hinterhand, das in der Rückrunde in die Mannschaft eingegliedert werden soll.

Das Team dürfte wohl aufsteigen.

In ihrer ersten Partie in der Landesklasse deklassierten die Korntaler Talente den TTV Erdmannhausen mit 8:1 – und das ohne Szilvia Kahn. „Es ist absehbar, dass die Mädchen alle Spiele gewinnen werden und eine Liga nach der anderen aufsteigen“, ist sich Friedemann Wagner sicher. Er hofft, dass noch ein höherklassiger Verein eine Damenmannschaft zurückzieht, und die Korntalerinnen in eine höhere Liga aufrücken können. Ihm ist es wichtig, dass die jungen und untereinander befreundeten Talente nicht auseinander gerissen werden, sondern noch ein paar Jahre zusammen spielen können. „Hier könnte etwas ganz Besonderes entstehen“, freut er sich auf die Zukunft.