Mit schwerem Gerät und bis zu 30 Helfern hat das THW Leonberg in Rheinland-Pfalz nach dem Hochwasser Schutt weggeräumt. In kleinerem Umfang geht die Unterstützung weiter.

Leonberg - Die Gemeinde Schuld an der Ahr war bis Mitte Juli eine gut 660 Einwohner zählende kleine Ortsgemeinde im Landkreis Ahrweiler in Rheinland Pfalz. Nahe der Grenze zu Nordrhein-Westfalen gelegen. Malerisch, in einer engen Schleife der Ahr. In einer Talsenke, eingebettet von bewaldeten Hügeln ringsherum. Von dieser Idylle ist seit der katastrophalen Flut nichts mehr übrig.

 

Die Bilder lassen den Familienvater nicht los

Der Ort ist eine von zahlreichen betroffenen Gemeinden in Rheinland Pfalz und Nordrhein-Westfalen, die von den Wassermassen zerstört wurden. Eine Woche lang, bis zum 26. Juli, war auch der Ortsbeauftragte Matthias Schultheiß mit einigen Kolleginnen und Kollegen vor Ort in Schuld.

Die Bilder lassen den 49-jährigen Familienvater, der seit 38 Jahren beim THW ist, nicht mehr los. Voraussichtlich wird er in seinem Urlaub noch einmal dorthin fahren, um zu helfen. „Im Ortskern ist alles zerstört, man sah nur noch Schutt und überall verteilter Hausrat“, erzählt Schultheiß. Alle Brücken seien zerstört worden, eine Siedlung war komplett abgeschnitten.

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Die Helfer vom Ortsverband Leonberg, unter anderem auf das Räumen spezialisiert, rückten mit ihrem Bergeräumgerät an. Zusammen mit anderen Kollegen sorgten sie für freie Rettungswege und halfen, den Ort vom Schutt zu befreien. „Die Zerstörung ist das eine, viel schwerer wiegen die einzelnen Schicksale“, sagt der Ortsbeauftragte.

Er begegnete beispielsweise einem älteren Ehepaar, das mit dem Leben davongekommen ist. „Der Mann wollte noch schnell in den Keller und einige Dinge retten, als die Flut die Tür einriss und er sich in letzter Sekunde am Geländer festhalten und sich in Sicherheit bringen konnte.“ Und da war eine Dame, die noch ein letztes Mal in ihr Haus durfte, um wichtige Dokumente zu holen. Danach wurde ihr gesamtes Hab und Gut – das einsturzgefährdete Gebäude – platt gemacht.

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Auf einem Campingplatz, direkt an der Ahr gelegen, verwandelte die Flut von insgesamt 185 Stellplätzen 160 in Geröllhaufen. „Der Eigentümer saß lethargisch in einem Stuhl und starrte vor sich hin, während die Frau einfach nur funktionierte, deren gesamte Existenz ist zerstört. Das sind furchtbare Schicksale.“ Bisher seien alle der Meinung gewesen, dass sie im eigenen Haus sicher seien. „Diese Sicherheit gibt es nach dieser Katastrophe nicht mehr, und das macht was mit den Menschen, das ist eine psychische Belastung“, sagt der THW-Ehrenamtliche.

Räumliche Distanz ist wichtig

Nach einem 14- bis 16-stündigem Arbeitstag fuhren die Helferinnen und Helfer abends rund 25 Kilometer zu ihren Unterkünften an den Nürburgring. „Diese räumliche Distanz war ganz wichtig, damit man etwas Abstand bekommt“, sagt Schultheiß, „wir haben uns immer noch zusammengesetzt, mit unserer guten Kameradschaft und gegenseitigem Vertrauen kriegt man das ganz gut hin.“

Ein Leonberger Team war vom 25. Juli bis 1. August weiterhin in der Gemeinde Schuld im Einsatz. „Da dort nun die Räum-Aufgaben auslaufen und die Instandsetzung im Vordergrund steht, hat sich unsere Fachgruppe Räumen auf den Heimweg gemacht“, sagt Matthias Schultheiß.

Hilfsaktionen gehen weiter

Doch die Hilfsaktionen gehen weiter. Damit ist das THW Leonberg seit drei Wochen in den Katastrophengebieten dauerhaft in wechselnder Besetzung an unterschiedlichen Orten im Einsatz. Aktuell sind fünf ehrenamtliche Mitarbeiter im Bereitstellungsraum am Nürburgring gefragt. Sie unterstützen als Staplerfahrer bei der Logistik, als Sachgebietsleiter in der Führungsstelle oder als Feldkoch bei der Verpflegung.

Eine weitere Helferin wird Mitte nächster Woche dorthin gefahren. Die Leonberger waren auch bei Transportfahrten an den Nürburgring beteiligt, lieferten dringend benötigte Sandsäcke und Verbrauchsgüter. „Ich habe mich vor vielen Jahren beim THW verpflichtet, um Menschen in Not zu helfen, darum war es mir eine Herzensangelegenheit hier dabei zu sein“, sagt Matthias Schultheiß und spricht auch für seine Kollegen.

Das Technische Hilfswerk – Ortsverband Leonberg

Gründung
Am 6. Dezember 1966 wurde der THW-Ortsverband Leonberg durch den Bauingenieur Gerhard Woll mit Unterstützung der Stadt Leonberg gegründet. Anlass hierfür war eine Hochwasserkatastrophe im August 1966, bei der halb Eltingen überflutet wurde. 1969 fand der erste Großeinsatz in Pforzheim statt. Ein Tornado hatte neun Hektar Waldgebiet zerstört. Die Leonberger Helfer sprengten 180 Baumstümpfe und 10 große Felsbrocken, um eine Wiederaufforstung zu ermöglichen.

Jugendgruppe
Am 6. Mai 1977 fand die Gründungsfeier anlässlich des Aufbaus der ersten Jugendgruppe in Leonberg statt. Standort Der Ortsverband bezieht im Jahr 1988 seine neue Unterkunft in der Mollenbachstraße. Mitglieder Derzeit hat das THW Leonberg 76 Aktive, darunter vier Frauen.