Die Internet-Plattform, die auch einen Schwerpunkt auf die Terminvereinbarung legt, wird nach eigenen Angaben in Deutschland jeden Monat von mehr als vier Millionen Nutzern besucht. Doctolib will den Rückenwind der Pandemie für weiteres Wachstum nutzen, ebenso wie die deutsche Tochter des schwedischen Anbieters Kry.
Schon Anfang 2020 hatten die Schweden bekannt gegeben, dass sie von Investoren 140 Millionen Dollar für eine weitere Expansion eingesammelt haben. Die medizinische Direktorin von Kry Deutschland, Monika Gratzke, sagt: "Mit dem Geld können wir Technologien umsetzen, die zu einer besseren Versorgung der Patienten im deutschen Gesundheitswesen führen."
Große Wachstumschancen für sein Unternehmen sieht auch der Geschäftsführer des Münchner Telemedizin-Unternehmens Jameda, Florian Weiß. Die Firma, die als Arzt-Bewertungsportal bekannt geworden ist, hat ihr Geschäft mit der Digitalisierung der ärztlichen Behandlung mittlerweile auf mehrere Bausteine ausgeweitet. Weiß sagt, es gehe nicht um eine Technisierung der Medizin. "Die Beziehung zwischen Arzt und Patient steht dabei im Mittelpunkt."
In der Ärzteschaft stoßen die Initiativen zu einer Ausweitung der Telemedizin auf ein geteiltes Echo. Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, ist sicher: "Wir werden da noch interessante Modelle erleben können." Er fügt aber hinzu: "Bauchschmerzen können Sie nicht online behandeln." Mit Skepsis sieht Reinhardt, dass sich in der Telemedizin große Unternehmen immer stärker engagieren. Jameda wurde 2015 vom Medienkonzern Burda übernommen. Die Schweizer Zur Rose Group AG kaufte im Sommer 2020 die Teleclinic. Zur Unternehmensgruppe gehört auch das Portal DocMorris, das Online-Vertrieb von Medikamenten betreibt.
Ärztepräsident Reinhardt befürchtet Zielkonflikte, wenn Ärzte mit einem Unternehmen zusammenarbeiten, das ein wirtschaftliches Interesse daran hat, möglichst viele Medikamente zu verkaufen. "Ich sehe das hochkritisch", sagt Reinhardt. Die Ärztekammer prüfe, ob diese Konstruktion rechtlich Bestand haben kann. Teleclinic-Geschäftsführerin Katharina Jünger zeigt sich gelassen: "Selbstverständlich passen wir da auf."
Nicht nur von der Spitze der Bundesärztekammer gibt es Vorbehalte dagegen, dass sich in der Online-Medizin immer größere Allianzen bilden. Der Münchner Hausarzt von Specht sieht eine Gefahr: "Dass finanzielle Interessen den größten Raum einnehmen und dass es nicht um die bessere Patientenversorgung geht."
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