Wenn die Gastronomie schließt, sei die Einhaltung von Hygiene- und Abstandsregeln kaum zu kontrollieren.

Leonberg/Renningen/Enzkreis - Die am Mittwoch in der Ministerpräsidenten-Runde beschlossenen Corona-Regeln, die einem partiellen Shutdown gleichkommen, haben für teils heftige Debatten gesorgt. „Mit Blick auf das Infektionsgeschehen sind selbstverständlich Maßnahmen zu ergreifen, welche die Entwicklung der Pandemie möglichst kontrollierbar machen“, meldet sich am Freitag auch der Leonberger Oberbürgermeister zu Wort. Gleichzeitig warnt Martin Georg Cohn (SPD) davor, dass sich nun hinter verschlossenen Türen eine Art „Schattengesellschaft“ bilden könnte, bei der die Einhaltung von Hygiene- und Abstandsregeln kaum zu kontrollieren sein dürfte.

 

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Cohn hob die Bemühungen etwa in der Gastronomie hervor. „Wochenlang haben zuletzt auch Gaststättenbetriebe, Kultureinrichtungen und Vereine Hygienekonzepte erarbeitet, die das gesellschaftliche Leben unter Pandemiebedingungen ermöglicht haben. Dieses große verantwortungsbewusste Engagement ist mit den neuen Maßnahmen praktisch hinfällig“, sagt der OB. Die betroffenen Einrichtungen müssten nun infolge der Schließung bis Ende November erneut mit harten Einschnitten rechnen.

OB wünscht sich mehr Handlungsspielraum

„Ich hätte mir gewünscht, dass Bund und Länder den Kommunen mehr Vertrauen und damit mehr Handlungsspielraum einräumen“, sagt der Leonberger OB. Immerhin seien die Städte an der Basis des Geschehens und könnten verantwortungsvoll entscheiden. Anstatt alle Bars, Restaurants und Gaststätten auf einmal für vier Wochen zu schließen, seien verstärkte Kontrollen „im starken Schulterschluss mit den Gastwirten“ verhältnismäßiger gewesen.

Auch im kulturellen Bereich und auf Vereinsebene sei zuletzt viel daran gearbeitet worden, sichere Veranstaltungen durchzuführen. „Mit den nun erfolgten Beschlüssen, in das gesellschaftliche Leben erneut kaum differenziert einzugreifen, bleibt dies dem Grunde nach verwehrt“, fügt Martin Georg Cohn hinzu.

Hambach: Gastronomie ist nicht Treiber der Infektionen

Auch der Renninger SPD-Gemeinde- und Kreisrat sowie Landtagskandidat im Wahlkreis Leonberg-Herrenberg, Jan Hambach, sieht bei den von Montag, 2. November, an gültigen Vorgaben den Fokus falsch gelegt. „Die Kunst-, Kultur- und Gastrobranche ist bisher nicht der Treiber der Infektionszahlen und leidet mit am stärksten unter den schon bestehenden Beschränkungen. Die Betriebe warten seit Monaten auf anständige Hilfen und werden jetzt auch noch dafür bestraft“, sagt er. Er begrüßt, dass viele Abgeordnete jetzt mehr Mitbestimmung im Bundes- und Landtag fordern.

„Die Entwicklung der Infektionszahlen ist ein Grund zur Besorgnis, aber warum macht man dieselben Fehler wie im Frühjahr noch einmal?“ Das fragt der FDP-Landtagsabgeordnete Erik Schweickert aus dem Enzkreis. „Dazu nun Maßnahmen vorzuschlagen, die noch vor kurzem von Gerichten als klar unverhältnismäßig verworfen wurden, ist absehbar zum Scheitern verurteilt“, meint der Professor für internationale Weinwirtschaft.