Die Kunden bleiben aus, obwohl der Bedarf an Waren in der Pandemie wächst.

Ditzingen - Es ist eine ungute Situation. Die Corona-Auflagen schränken die Zahl der Kunden ein, nur zwei Personen dürfen sich gleichzeitig im Tafelladen aufhalten. Die anderen müssen draußen warten. Doch wer will gesehen werden, wenn er in der Tafel einkaufen muss, plötzlich, etwa weil in der Pandemie der Job gekündigt oder der Minijob gestrichen wurde?

 

Der Strohgäuladen in Ditzingen liegt ein wenig abseits, aber wer zum Metzger oder weiter ins Rathaus will, läuft zwangsläufig eben doch dran vorbei. Deutlich weniger Kunden als in Normalzeiten verlieren sich hier – wegen der aktuellen Gesundheitsregelungen. Es sei ein wenig paradox, hat Martina Holler beobachtet. Sie leitet den Laden in der Ditzinger Innenstadt seit drei Jahren. Denn eigentlich sei die Not größer geworden.

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„Ich wollte das niemandem zumuten“, sagt sie über die Warteschlangen vor dem Laden. „Aber ich kann nicht mehr reinlassen.“ Immerhin aber hat sie offen. Über Ostern war geschlossen. Statt dessen wurden vor der Tür mit Lebensmittel gefüllte Tüten für 1,50 Euro verkauft. Selbst wählen konnten die Kunden da nicht mehr. Mancher Kunde kaufte zwei Tüten und hätte sich damit zwei Monate lang über Wasser gehalten, sagt Martina Holler.

Zwischen 400 und 430 Berechtigungskarten sind ausgestellt. Seit Sommer sei die Zahl etwas gestiegen. Aber die Berechtigten, etwa Hartz-IV-Empfänger, haben wiederum Familien. An die tausend Personen versorgt die Tafel.

Große Spendenbereitschaft

Nicht nur bei den Berechtigungskarten, auch bei den Gutscheinen für die Tafel spiegelt sich die Not der Menschen. Die Gutscheine seien „eine kurzfristige Notlösung“, sagt Holler. Erhältlich sind sie bei der Stadt, im Pfarramt und bei der Diakonie, 40 seien es im Juni gewesen. „Das war sehr viel.“ Die Zahlen sanken danach zwar wieder, auf 24 im November. Aber in den ersten vier Tagen im Dezember wurden bereits elf Gutscheine eingelöst. So groß der Bedarf ist, so groß ist offenbar auch die Bereitschaft, Waren zu spenden. „Über die Kirchen kommt viel“, berichtete Martina Holler. Aber auch Privatleute und Unternehmen beteiligen sich. Holler weiß das zu schätzen, zumal die Spender eben in schwieriger Zeit dabeibleiben würden.

Neu hinzugekommen waren temporär auch junge Helfer. Weil etliche der 45 Ehrenamtlichen altershalber zur Risikogruppe in der Pandemie gehören, mussten Helfer gefunden werden. Auf einen Aufruf hin in dieser Zeitung hätten sich sehr viele gemeldet, sagt Holler. Ihre anfängliche Anspannung ist inzwischen gewichen. „Immer wenn eine Tür zugeht, geht ein Fensterchen auf“, sagt sie. „Ich habe festgestellt, es geht immer weiter.“

Verlass auf die Ehrenamtlichen

Ihre Ehrenamtlichen schätze sie sehr, sagt Holler. Sie seien ohnehin schon immer sehr zuverlässig. „Aber ich kann mich trotz aller Widrigkeiten auf sie verlassen“, das habe sie einmal mehr in den vergangenen Wochen erlebt. So blieb manch’ Helfer auch auf eigenes Risiko dabei, obwohl er zur Risikogruppe zählt. Die Helfer holen die Waren ab, sie sind aber auch zwischen den Lagerräumen und dem Ladengeschäft unterwegs. Ginge es nach Holler, würde sie beides gerne zusammenlegen, dazu noch ein Café einrichten – das es bisher nicht gibt – und auch die Kleiderkammer am selben Standort adäquat unterbringen. Die Kleiderkammer hat derzeit geschlossen, weil weder Besucherzahl noch Abstandsregelung kontrolliert werden kann. Doch noch sei dieser Raum, der sowohl zentral als auch geschützt liegen sollte, nicht gefunden. Auch die Stadt ist in die Suche eingebunden

Wer weiß, ob und wenn ja, wann Hollers Wunsch Wirklichkeit wird. Klar ist indes, dass es Ende Januar eine personelle Veränderung in der von der Kreisdiakonie verantworteten Einrichtung geben wird. Hollers hauptamtliche Stellvertreterin geht in den Ruhestand. Diese 60-Prozent-Stelle werde laut Holler nicht mehr besetzt. Wie es weitergeht? Martina Holler bleibt gelassen. „Veränderungen wird es immer geben.“ Für die Kunden bedeutet dies veränderte Öffnungszeiten.