Nach der Diakonie rufe ich beim Klinikverbund an. „Die Betreuung in den Krankenhäusern ist in den vergangenen Jahren sehr viel besser geworden“, hat mir Kerstin Gerischer berichtet. War es vor Jahrzehnten noch üblich, dass stillgeborene Kinder und Fehlgeburten mit dem medizinischen Müll regelrecht entsorgt wurden, so ermöglichten die Krankenhäuser heutzutage, dass sich Eltern würdevoll und in Ruhe von ihren Kindern verabschieden können. Der Klinikverbund Südwest hat seit vielen Jahren sogar eine Broschüre, die Eltern von Sternenkindern über alle wichtigen Fragen informiert und bei der Entscheidungsfindung etwa beim Thema Bestattung hilft.

 

Das Thema betrifft mehr Frauen als gedacht

Von meinen Recherchen berichte ich verschiedenen Freundinnen. Ihre Reaktion überrascht mich. „Das ist wichtig, dass du das in die Öffentlichkeit bringst“, schreibt mir eine. Eine andere schickt mir die Todesanzeige der kleinen Frieda mit einem weinenden Emoji. Das war die Tochter ihrer Arbeitskollegin, die kurz nach der Geburt starb. Erst wenige Wochen ist das her. Mehr und mehr solcher Nachrichten trudeln ein. Es wird klar: Diese Fälle gibt es häufiger im eigenen Familien- und Bekanntenkreis, als man denkt. Selbst in meiner Familie. Ich habe eine Cousine, über die nie jemand spricht. Sie wurde nur drei Tage alt.

Am 13. Dezember ist Worldwide Candle Lighting. Der zweite Sonntag im Dezember ist allen verstorbenen Kinder gewidmet, nicht nur Sternenkindern. Um 19 Uhr stellt man eine Kerze ins Fenster, um an Kinder, Enkelkinder und Geschwister zu erinnern, die nicht mehr unter uns sind. Anja begeht diesen Tag jedes Jahr, auch wenn das Licht ihrer Kerze wohl nicht bis zum Friedhof reicht. Auch ich stelle eine Kerze ins Fenster. Ich denke an Alisa. An Tara. An meine Cousine. An die kleine Frieda. Ich werde in den Himmel blicken und all die Sterne ansehen, die nicht hier auf Erden sind, sondern ihr Licht am Himmel verbreiten.