Asiatische Kochkunst mitten in Leonberg: Xiao Wang, Sushi-Meister aus Shanghai, zaubert die kleinen Rollen mit kaltem Fisch und warmem Rindfleisch. Beste Zutaten sind gerade gut genug.

Leonberg - Halbe Sachen sind nicht das Ding von Xiao Wang – sowohl was seine Qualitätsvorstellungen als auch die Größe seine Produkte betrifft. Für den 38-jährigen Sushi-Meister ist das Beste gerade gut genug, Die Röllchen aber, die er seinen Gästen reicht, sind klein, fast filigran. Sie müssen im Ganzen in den Mund passen. Die Sinne des Genießers müssen sich auf den Geschmack konzentrieren. Ablenkende Überlegungen, wie man am besten hineinbeißt, stören da nur.

 

Xiao Wang ist ein weit gereister Mann. Vor zwei Tagen war er noch in Tokio. Vom Flughafen ist er direkt nach Leonberg gekommen. Joachim Heller, der umtriebige Chef von Ziegler, dem Fachgeschäft für Wohn- und Tischkultur, hat einmal mehr zu einem kulinarischen Abend eingeladen, der diesmal ganz im Zeichen jener Rollen mit kalten Fisch steht, die nicht nur in Europa immer mehr Anhänger finden.

Strenge Schule bei Meister Hiro Okamato

Der Sushi-Meister, der sich auch auf die Kunst des Teppanyaki-Kochens auf großen Platten bestens versteht, ist ein Kosmopolit. Gebürtig aus Shanghai, hat sich Wang in Tokio beim Sushi-Meister Hiro Okamato ausbilden lassen. „Wer diese Schule übersteht, hat es geschafft“, sagt der Chinese, der sich überall zu Hause fühlt, aber oft aus Heimweh nach Asien fliegt. „Mein Meister ist sehr streng.“

Das Sushi mit dem Fleisch des Wagyu-RIndes wird kurz flambiert. Foto: Dettenmeyer
Xiao Wang hat es geschafft. Er bekocht Weltstars wie Sophia Loren („Eine große Freundin asiatischer Küche“), bildet Köche aus, verwöhnt zahlungskräftige Gäste auf Kreuzfahrten oder in Nobelherbergen. Zu Weihnachten bekocht er die Gäste in einem Fünf-Sterne-Hotel in Südtirol. Danach fliegt er nach Miami, um dort Sushi auch ohne Fisch zu machen: „Die Amerikaner essen alles.“

Jetzt also Leonberg. 50 Gäste bewirtet Xiao Wang im Vinum. Für den Starkoch eher Erholung als Stress. Das würde nicht jeder so sehen, war er doch am Vorabend bis zehn in der Küche, um am nächsten Morgen um acht weiterzumachen.

15 Kilo Sushi-Reis

Es gibt jede Menge vorzubereiten. Anderthalb DIN A4-Seiten ist die Zutatenliste lang, die Hausherr Joachim Heller zuvor bei einem japanischen Lebensmittelimporteur bestellt hat. Und damit der Meister zwischen 15 Kilo Sushi-Reis, diversen Soßen und Gewürzen, spanischem Thunfisch und dem Fleisch des legendären Wagyu-Rindes, das nur in Japan lebt und praktisch identisch mit dem Kobe-Rind ist, nicht den Überblick verliert, steht ihm Mitsuko Kitajima zur Seite. Die Verkaufsleiterin des japanischen Importeurs, der in Düsseldorf seine Europa-Zentrale hat, weiß, wie aus den Rohstoffen schmackhafte Speisen werden.

Extra scharf: Wangs Spezialmesser Foto: Dettenmeyer
Mit einem seiner zehn Spezialmesser zerschneidet Xiao Wang mit Leichtigkeit das Rindfleisch. Die erlesene Qualität hat ihren Preis: Ein Kilo Wagyu-Rind kostet in der Regel mehr als 300 Euro, die Spezialmesser sind je nach Funktion im drei- bis vierstelligen Eurobereich angesiedelt. Der Küchenmeister schwört auf sie: Ohne gutes Messer kein gutes Sushi.

Wasabi wäschst am Wasser

Genauso verhält es sich mit dem Reis. Die Packungsware in den Supermarktregalen, Wang verzieht leicht das Gesicht, ist nicht geeignet. Der Sushi-Reis muss weich und poliert sein. Mit Leichtigkeit verpackt er die weißen Körner in den kleinen Fleischteilen und flambiert sie. Gewürzt werden sie mit Wasabi, jener Meerrettichart, die nur am Wasser im japanischen Hochgebirge gedeiht. Mit einer Reibe aus Haifischhaut macht er aus dem wurzelartigen Gemüse eine Masse, die er auf dem Rinder-Sushi verteilt. Scharf, aber genial! Wirklich außergewöhnlich.

Der Tag endet sehr spät für das chinesisch-japanische Küchenduo und das Ziegler-Team. Doch Ausschlafen können sie alle nicht. Für die Mitarbeiter geht das Weihnachtsgeschäft in die heiße Phase. Essensexpertin Kitajima muss zurück nach Düsseldorf. Der Meister hat seinen nächsten Einsatz irgendwo in Thüringen.

Aber schon im nächsten Jahr ist Xiao Wang wieder im Ländle. Bei der Olympiade der Köche in Stuttgart coacht er das chinesische Team. Spätestens dann kann der Starkoch eines seiner deutschen Lieblingsessen genießen: Zwiebelrostbraten.