Der Gemeinderat ist verwundert über den Belag mit Holzhackschnitzeln, der für das Spielfeld auf dem Blosenberg ausgewählt wurde.

Leonberg - Eine Kühlbox mit Getränken, Bänke, auf denen die Zuschauer bereits Platz genommen haben. Die Spieler auf dem Feld machen sich warm. Der Schiedsrichter prüft seine Pfeife und zeigt seine Karten. Alles wie bei einem ganz normalen Fußballspiel.

 

Doch diese Partie – beziehungsweise Partien – findet nicht im Stadion in Eltingen oder auf dem neuen Hybridrasen in Höfingen statt, sondern auf dem frisch sanierten Bolzplatz auf dem Blosenberg. Und die Mannschaften, die sich warmspielen, heißen nicht VfB oder Spvgg oder TSV. Gegenüber stehen sich Mitarbeiter der Stadtverwaltung, das Team Gemeinderat sowie eine Jugendauswahl. Sie alle sind angetreten, um den neuen Belag auf seine Tauglichkeit zu testen.

Bespielung statt Begehung

Die Oberfläche – eine Mischung aus Holzhackschnitzel und Ziegelmehl – hatte für reichlich Unverständnis im Gemeinderat gesorgt. „Das ist kompletter Unsinn“, hatte Frank Albrecht (SALZ) in der letzten regulären Sitzung des alten Gemeinderates in der vergangenen Woche geschimpft. Doch statt der sonst üblichen „Ortsbegehung“ haben er und seine Kollegen eine „Ortsbespielung“ vorgeschlagen und organisiert.

Die Stadtverwaltung war gleich mit Begeisterung dabei. Kickt Pressesprecher Tom Kleinfeld doch in Gebersheim in der Kreisliga B. Auch der Referent des Oberbürgermeisters, Timon Friedel, sowie drei Mitarbeiter des Tiefbauamtes schnürten eifrig die Fußballschuhe und stülpten sich gelb-schwarze Trikots mit dem Aufdruck „Rathaustrimmies“ über, die jemand irgendwo tief aus den 90er Jahren ausgegraben hatte.

Dezimierter Gemeinderat

Für das Team Gemeinderat spielte lediglich der nicht wiedergewählte Klaus Wankmüller (Grüne). Er bekam jedoch Unterstützung von Manuel Frey, Sohn des Gemeinderats Johannes (Freie Wähler), sowie Albrechts Frau Sandra. Beide hatten immerhin bei der vergangenen Wahl kandidiert. Für die Jugend hatte Albrecht-Tochter Alicia ihre Kumpel aus dem Sportleistungskurs Klasse 11 des Albert-Schweitzer-Gymnasiums verpflichtet.

Wolfgang Röckle (CDU) war als Schiedsrichter sofort an Bord. Jeder gegen jeden, zweimal 7:30 Minuten je Partie legt er fest. Dann zückt er seine Karten. Rot, Gelb und Grün. „Grün ist für den Videobeweis“, scherzt er. Die Beteiligten schenken sich nichts. Sandra Albrecht wird immer wieder im Tor des Gemeinderats gefordert, hält es aber soweit sauber. Tom Kleinfeld dribbelt sich über den Platz und schießt drei Tore in zwei Partien.

Es staubt gehörig

Die Zuschauer bekommen allerdings schnell die Nachteile des neuen Platzes zu spüren. Die Spieler wirbeln ordentlich Staub auf. Zeit, dass das Prickelwasser ausgepackt wird. Es gibt Sprudel, jemand schenkt Sekt aus zur Feier des Tages. Neu-Gemeinderat Harald Hackert (SALZ), früher Vorsitzender der TSG Leonberg, verfolgt aufmerksam das Spiel. Einen solchen Platz hat er allerdings noch nie gesehen. „Nicht mal für die Bambini.“ Der Bolzplatz wurde gerade erst fertiggestellt. „Der vorherige Naturrasenplatz war sehr abgenutzt, außerdem waren die Tore kaputt“, erklärt Roger Roth, der Chef des Tiefbauamtes. Zudem habe sich immer das Wasser gestaut. Jetzt gebe es eine Drainage.

In der Rahmenkonzeption Spielplätze, die der Gemeinderat 2017 abgesegnet hat, wurde festgelegt, dass für Bolzplätze ein Tartanbelag vorzuziehen ist. Wo das nicht möglich ist, soll Ricoten verwendet werden. „Das Gebiet hier liegt im Landschaftsschutzgebiet, deswegen dürfen wir kein Gummi verwenden“, erklärt Roth. Ricoten sei zudem ein muskulatur- und gelenkschonender Allwetterbelag, ergänzt Kleinfeld. Verwendet wird er bereits auf dem Sportplatz der Sophie-Scholl-Schule sowie der Spitalschule. Da die Maßnahme knapp unter 60 000 Euro kostete, musste die Stadt sie nicht durch den Sozialausschuss genehmigen lassen.

Geteilte Meinungen

Der Gemeinderat geht am Ende als Gewinner hervor – zumindest im Testkick. Das Fazit fällt gemischt aus. „Es geht besser als gedacht“, befindet Christa Weiß (SPD). „Der Belag ist sehr unangenehm. Man bleibt schnell stecken, es staubt beim Schießen und das Passen ist sehr ungenau“, findet Alicia Albrecht, die seit sieben Jahren im Verein spielt. Auch Mutter Sandra, selbst Fußballtrainerin, zieht Rasen vor. „Ich sehe einfach das Verletzungsrisiko, weil die Standfestigkeit fehlt.“

Wolfgang Röckle ist viel gelaufen an diesem Abend, fühlt sich aber gut. „Ich denke, das wird sich noch festtreten.“ Stadtsprecher Kleinfeld ist am Ende geschafft, aber zufrieden. „Es hat echt Spaß gemacht. Und man sieht: Die, die wirklich spielen können, können das auch auf diesem Platz.“ An der jetzigen Gestaltung wird nichts mehr verändert. Sollte wieder ein Bolzplatz saniert oder neu geplant werden, werde man den Belag aber vorher im Gemeinderat diskutieren, verspricht Ottmar Pfitzenmaier.

Das Video zum Testspiel gibt es hier (externer Link).