Das Referat für innovative und intermodale Mobilität hat einen neuen Leiter. Stephan Kerners Aufgabe ist nachhaltige Planung in Richtung der Verkehrswende.

Leonberg - Stephan Kerner soll ein Tätigkeitsfeld managen, auf dem es in Leonberg und Umgebung geschätzte weitere 50 000 Experten gibt. Alle, an deren Haus ein Auto vorbeifährt, ein Radler vorbeistrampelt oder ein Fußgänger vorbeigeht, haben „gut durchdachte Lösungen“, wie sich das alles möglichst weit weg von der eigenen Haustür abspielen sollte. Stephan Kerner ist nämlich der neue Leiter des Referats für innovative und intermodale Mobilität in Leonberg. Hier leitet er das neue vierköpfige Team, von dem das Mittelzentrum unterm Engelberg in die Mobilität der Zukunft geführt werden soll.

 

Für eine Stadt, die als erste Gründung der Württemberger zum Schutz und Trutz gegen mächtige Nachbarn errichtet wurde, wurden keine günstigen Zugangswege benötig, ganz im Gegenteil. In einem Ort, der erst Anfang des 17. Jahrhundert seine Stadtmauern für einen neuen Friedhof überwand und der nach dem Zweiten Weltkrieg seine Stadtmitte dort sah, wo die Bebauungen aus den Norden mit den südlichen, aus dem 1938 eingemeindeten Dorf Eltingen, zusammentrafen, sind zwangsläufig noch viele Verkehrsprobleme ungelöst – zumal alle Wegführungen vom Autoverkehr dominiert sind.

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Nägel mit Köpfen soll nun das städtische Referat für innovative und intermodale Mobilität machen. Das ist bei Oberbürgermeister Martin Georg Cohn angesiedelt und ersetzt die ehemalige, gleichnamige Stabsstelle. Neben dem Ausbau des Radwegenetzes und der Optimierung des öffentlichen Nahverkehrs will Stephan Kerner vor allem den zukunftsträchtigen Umbau „Stadt für Morgen“ angehen. Diese Bezeichnung lehnt sich am Vorbild des Umweltbundesamts an, das die Definitionen liefert, wie eine zukunftsträchtige Stadt aussehen könnte. Auch hier heißt die Vision „Stadt für morgen“.

„Ich habe in meiner beruflichen Vergangenheit viele Vorschläge gemacht, wie sich die Mobilität in Städten entwickeln könnte. Manchmal kommt man damit weiter und erreicht etwas, oft landen Pläne jedoch in der Schublade und scheitern am fehlenden Willen nach Verbesserung“, blickt Stephan Kerner zurück. „Das hat mir nicht mehr gereicht. Ich will selbst mitentscheiden, gestalten und Verantwortung übernehmen. Diese Perspektive habe ich in der Leonberger Stadtverwaltung gesehen“, sagt der ehemalige Berater eines Verkehrsplanungsbüros in Stuttgart.

Kommunale Arbeit statt freie Wirtschaft

Sein Profil ist gefragt. Hochqualifizierte Spezialisten wie Stephan Kerner sind umschwärmt auf dem Arbeitsmarkt. Der 28-Jährige mit Wurzeln am Bodensee absolvierte seinen Bachelor in Verkehrsingenieurwesen an der Universität Stuttgart. Dann sattelte er den Master Mobilität und Infrastruktur am Karlsruher Institut für Technologie drauf. Anschließend wechselte er in die freie Wirtschaft. „Die Arbeit in der Verkehrsbranche hat immer Spaß gemacht“, sagt Kerner. Die Aufgaben waren interessant und herausfordernd.

Dennoch reizte ihn die kommunale Arbeit. „Ich habe damals viel Erfahrung mit Städten in ähnlichen Größenordnungen wie Leonberg in ganz Baden-Württemberg gesammelt. Viele Kommunen stehen vor ähnlichen Herausforderungen mit dem großen Ziel der Verkehrswende. In Leonberg fand ich es besonders spannend, dass auch ein konkreter Wille im Gemeinderat und in der Verwaltung vorhanden ist, etwas zu ändern, die Verkehrsprobleme anzupacken und eine nachhaltige Mobilität umzusetzen“, begründet der neue Referatsleiter seine Entscheidung für Leonberg.

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Die Vision von Oberbürgermeister Martin Georg Cohn decke sich mit seinen Vorstellungen einer nachhaltigen Mobilitätsplanung in Richtung Verkehrswende. „Als ich dann gefragt wurde, ob ich in Vollzeit für die ‚Stadt für morgen‘ arbeiten will, habe ich nicht lange gezögert“, erinnert sich der 28-Jährige. Es gelte umzudenken, neu zu denken und nicht weiterhin den Fokus zu 99 Prozent auf das Auto zu richten. „Dieses wird und soll auch nicht verschwinden. Es geht darum, die anderen Verkehrspartner zu stärken“, gibt Stephan Kerner einen Einblick in seine Vorstellungen. Deshalb seien innovative Konzepte notwendig und angesichts des Klimawandels, dürfe nicht an alten Gewohnheiten festgehalten werden.

„Leonberg ist für seine Einwohnerinnen und Einwohner da und die sollen nicht den Menschen und ihren Fahrzeugen ausgeliefert sein, die den Stau auf der Autobahn umfahren wollen“, sagt Stephan Kerner. An Aufgaben mangelt es nicht. Er kümmert sich um den Ausbau des Radwegenetzes, stellt Förderanträge und misst den Verkehr an neuralgischen Punkten in der City. Zum Thema Radwegenetz gehören auch die Planungen für einen Radweg auf der Glemseckstraße und der westlichen Römerstraße. „Wir müssen eine bessere Radinfrastruktur hinkriegen“, ist der Experte überzeugt.

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„Die Verkehrsplanung und Verkehrsdaten spielen bei der ‚Stadt für morgen‘ eine besonders wichtige Rolle. Wir müssen genau wissen, mit wie vielen Fahrzeugen wir es insgesamt zu tun haben“, sagt Stephan Kerner. Dass es zu viele in zu kurzer Zeit sind, sei jedem klar. Um aber Konzepte zu erstellen, in denen Blechlawinen die Innenstadt nicht mehr verstopfen, braucht der Leiter des Referats für innovative und intermodale Mobilität exakte Berechnungen.

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Diese werden auch zum Tragen kommen, wenn über den Verkehrsrechner die Ampeln sämtlicher Zufahrtsstraße rund um die Stadt den Verkehr so regeln werden, dass dieser flüssig durch die Stadt geleitet werden kann. Dazu muss die Steuerung des Verkehrsrechners angepasst und auch einige neue Ampeln müssen installiert werden. Dieses Vorhaben ist im Frühjahr 2022 abgeschlossen und kann dann in Betrieb gehen.

„Leider war diese Rolle im Rathaus lange, zu lange, unbesetzt“, meint Oberbürgermeister Martin Georg Cohn, der Stephan Kerner für das Amt gewinnen konnte. Aber nun habe man einen Fachmann im Haus, der das Leben in der Stadt bereichern werde, gibt es Vorschusslorbeeren für den neuen Referatsleiter . „Ich freue mich auf eine gute Zusammenarbeit. Nicht nur für mich und Herrn Kerner – sondern für alle Bürgerinnen und Bürger “, sagt der Oberbürgermeister.