Birgit Knolmayer gibt in Gerlingen alles, um den Museumsbesuch zum Erlebnis zu machen, ohne dabei die Inhalte zu vergessen. Die recht neue Chefin hat viel vor.

Es scheint, als hätten sie sich gesucht und gefunden, das Stadtmuseum und Birgit Knolmayer. Das eine bietet viele Möglichkeiten, die die andere unbedingt nutzen will. „Das Areal ist ein unglaubliches Kleinod. Gerlingen kann sich glücklich schätzen, es zu haben“, sagt die 56-Jährige, die im Oktober 2021 die Leitung übernommen hat – und von einem „Traumarbeitsplatz“ spricht. Einem, an dem sie die Erwartung der Besucherinnen und Besucher erfüllen kann.

 

Entdecken, lernen, wohlfühlen

Nur eine Ausstellung zu zeigen, reiche nicht, weiß Birgit Knolmayer. „Die Leute wollen ein Event, sie wollen unterhalten werden.“ Die Vermittlungsarbeit sei in der Museumsarbeit ein wichtiges Standbein. Die Besucher sollen Kultur und Geschichte entdecken, erfahren, lernen – „aber kreativ und mit Humor“. Inklusive „Wohlfühlmoment“.

Birgit Knolmayer hat es sich zum Ziel gesetzt, das Stadtmuseum und Museum der Deutschen aus Ungarn zu einem offenen Haus für alle zu machen. Sie will es stärker beleben und mehr ins Bewusstsein rücken – nach wie vor kenne nicht jeder im Ort „das Dörfle in der Stadt“. Wo sie weit denken und gestalten könne. „Ich bin immer am Überlegen, welche neuen Projekte und Formate möglich sind“, sagt die Frau aus Kernen im Remstal. Das Kulturcafé und „Archäologie und Apéro“ sind neben Führungen nur zwei von etlichen Veranstaltungen.

Birgit Knolmayers Blick wandert vom Museumshöfle, in dem man auch einfach so sitzen, einen Kaffee trinken und den Kräutergarten bewundern kann, zur Remise samt Scheune, die zurzeit als Lager dient und hinter der sich ein Garten mit Obstbäumen versteckt. Sie lacht. Man könnte dort Hasen und Hühner halten. Grundsätzlich denkbar sei auch ein Escape Room: Die Teilnehmenden müssen binnen einer vorgegebenen Zeit raus aus dem Raum, in den sie eingesperrt sind, indem sie Rätsel lösen.

Veranstaltungen im Gewölbekeller

Schon Realität ist ein neuer Raum gegenüber der Ausstellung „Leben in Gerlingen. 5000 Jahre vor Christus“ (bis 22. Januar) mit steinzeitlichen Funden aus dem Baugebiet Bruhweg II. Es ist ein Workshopraum für Kinder, an dem die FSJlerin mitgewirkt hat, eine von drei Mitarbeiterinnen Knolmayers. In dem Raum, der nächste Woche öffnet, können die jüngsten Besucher die Steinzeit erleben, Vitrinen angucken, basteln, lesen, quizzen. Nur der Comic fehlt noch. Das Thema soll regelmäßig wechseln. Eine Rätsel- und Spiele-App für Kinder und Jugendliche rund um die Jungsteinzeit erscheint bald. Zudem plant Birgit Knolmayer für Kinder eine Taschenlampenführung, und auch einer der zwei Gewölbekeller soll wieder Veranstaltungsort werden.

Die Kunsthistorikerin stellt fest, dass sich manche Menschen erst nicht ins Museum trauen. Sie weiß zwar nicht, warum das so ist, doch sie hat eine Lösung parat: den Kulturkiosk in der Christophstraße voller Schätze aus dem Depot, aktuell Kaffeegeschirr. Er steht offen, wenn das Museum es ist. Es sitzt immer eine Person drin, die Unschlüssige zum Gespräch und Reinkommen motiviert – im Idealfall erst in den Kiosk, dann ins Museum, mit einem Kaffee aus der Maschine. „Wenn die Leute mal drinnen sind, dann sind sie begeistert“, berichtet Birgit Knolmayer, die selbst stets vor Begeisterung sprüht.

Ganz Gerlingen im Sprichwortfieber?

Zum Museum, dem 200 Jahre alten ehemaligen Schulhaus, gehört auch ein früheres Wohngebäude – das ebenfalls einiges im Angebot hat: In dem Nebenhaus erleben die Besucher Lebenswelt und Wohnkultur des frühen 20. Jahrhunderts sowie das Leben und Arbeiten „Unter einem Dach“. Zu sehen gibt es außerdem einen alten Krämerladen, einen Friseursalon aus den 1920er Jahren und eine Puppenklinik.

An der Grundkonzeption des Museums soll sich laut Knolmayer auch mit Blick auf die mögliche Sanierung und Modernisierung nichts ändern. Zunächst wird eine Machbarkeitsstudie erstellt. Dann müsse man sehen, wie man den Ort mit Leben füllt, sagt Birgit Knolmayer – die, freilich, schon Ideen hat. Auch für die nächste Schau von Februar an mit umfangreichem Begleitprogramm: Sie dreht sich um Sprichwörter, Redensarten und damit verbundenen „lustigen Geschichten“. Geht es nach Knolmayer, bezieht sie mehr ein als das Museumsareal. „Ganz Gerlingen soll ins Sprichwortfieber geraten.“

Kulturvermittlerin schon als Kind

Die 56-Jährige hat es übrigens schon als Kind geschafft, andere – zum Beispiel ihre Eltern – für Museen zu begeistern und so zur Kulturvermittlerin zu werden. „Ich war schon immer museumsverrückt und habe mir Ausstellungen angesehen.“

Das Stadtmuseum öffnet auch in den Ferien dienstags und samstags von 14 bis 18 Uhr sowie sonntags von 11 bis 18 Uhr. Mehr Infos im Netz auf www.gerlingen.de unter „Kultur“.