Die Leiterin der Stadtbücherei Korntal-Münchingen reagiert auf die vorerst abgelehnte Vollzeitstelle und kürzt die Öffnungszeiten weiter.

Damit, Öffnungszeiten zu kürzen, kennt sich Wiebke von der Foehr aus – zu ihrem Leidwesen und auch noch mehr, als ihr lieb ist. In der Bücherei Korntal-Münchingen können die Leiterin und ihr Team aktuell weniger Service anbieten als sonst. Erneut hat Wiebke von der Foehr die Öffnungszeiten der Einrichtungen in Korntal und Münchingen reduziert – wobei die jüngste Kürzung seit September drastischer ausfällt als die vor einem Jahr: Bis 31. Juli 2021 hatte jede Einrichtung je 22 Stunden pro Woche offen, nach der Sommerpause waren es 19 (Korntal) und 18 Stunden (Münchingen) – jetzt sind es gerade mal noch 13,5.

 

Nutzer müssen Büchereibesuch verstärkt planen

Der Grund ist Personalmangel. Wiebke von der Foehr hat im Gemeinderat beantragt, eine unbefristete Vollzeitstelle zu schaffen, „um den dauerhaften Bibliotheksbetrieb aufrechterhalten zu können“. Angesichts der knappen Stadtkasse vertagte das Gremium die Entscheidung aber.

„Die Leute können jetzt nicht mehr spontan kommen und müssen den Büchereibesuch fast planen“, bedauert Wiebke von der Foehr. In Korntal ist nun zusätzlich der Dienstagnachmittag und in Münchingen der Freitagvormittag zu, samstags haben die Büchereien im Wechsel und damit nur noch jede zweite Woche offen. Doch es sei nötig gewesen, die Reißleine zu ziehen und jetzt zu schauen, wie man die Arbeit bewältigt, sagt die Büchereichefin.

Übergabe der Unterschriften am 13. Oktober

Auch die Bürgerinnen und Bürger stören die weiter gekürzten Öffnungszeiten. Wiebke von der Foehr berichtet davon, dass sie Ortsgespräch seien und die Bücherei bei vielen einen Rückhalt habe. „Die Leute kommen von sich aus auf uns zu und geben auch im Rathaus eine Rückmeldung.“

Der Freundeskreis der Stadtbücherei hat eine Unterschriftenaktion gestartet. Mehr als 800 Menschen haben sich bereits in die Listen eingetragen. Am 13. Oktober erhält die Stadtverwaltung die Listen mit den Unterschriften, die danach auch an die Stadträte gehen. Gleichwohl: Bei der Stadtverwaltung rennen das Team der Bücherei und die Bevölkerung offene Türen ein.

Personalmangel ist Dauerproblem

Die Bücherei ist laut der Stadtverwaltung nicht erst unterbesetzt, seitdem im Juli der auf ein Jahr befristete Vertrag der ausgelernten Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste ausgelaufen ist. Das zeige das im vorigen Jahr erstellte Bibliothekskonzept deutlich, sagt die Leiterin des Fachbereichs Familie, Bildung und Soziales, Catharina Vögele. Aktuell würden die zwei Standorte mit 3,47 Vollzeitstellen betreut plus einer Auszubildenden und drei Aushilfen. Nach dem Positionspapier „Orte für Bildung und Begegnung – öffentliche Bibliotheken in Baden-Württemberg“ würden 0,33 Vollzeitstellen je 1000 Einwohner zugrunde gelegt – was für Korntal-Münchingen einen Soll-Personalbedarf von 6,60 Vollzeitstellen ergebe. Catharina Vögele sagt, Auszubildende seien keine volle Arbeitskraft, Aushilfen könnten nicht dazu beitragen, die Öffnungszeiten stabil zu halten.

Die Bücherei richtet ihren Tätigkeitsschwerpunkt künftig auf den Bereich Kinder und Familie aus. So sieht es besagtes Konzept vor. Das sei die wichtigste Zielgruppe, auch mit Blick auf die Leseförderung, sind sich Wiebke von der Foehr und Catharina Vögele einig. „Lesen ist enorm wichtig, und Sprachförderung zahlt sich aus“, so Vögele. Insofern sei die Bücherei auch eine Bildungseinrichtung. Im Grunde geht es darum, Kinder und Jugendliche, die bisher nicht die Bücherei besuchen, so anzusprechen, dass sie kommen – „und am besten ihre Eltern mitschleppen“, sagt Wiebke von der Foehr und lacht.

Die Kooperationen mit Kindertageseinrichtungen und Schulen fänden außerhalb der Öffnungszeiten statt. Noch sei es möglich, dass Kitagruppen und Schulklassen kommen, wenn die Bücherei zu hat, sagt Wiebke von der Foehr. Dieses Anliegen gehe im Zweifel auf Kosten der Öffnungszeiten. Was die Erzieher von der Bücherei erwarten, sei recht individuell, weiß die Leiterin. „Darauf geht man ein.“

Büchereien als sogenannter dritter Ort

Wiebke von der Foehr ist außerdem damit konfrontiert, dass Büchereien einem Wandel unterliegen: Längst kommen die Nutzer nicht mehr nur, um Bücher oder andere Medien auszuleihen. „Büchereien werden zunehmend zum sogenannten dritten Ort, zu Aufenthaltsorten“, sagt Wiebke von der Foehr. Entsprechend üppig muss das Angebot sein, zu dem etwa auch Internet, Tablets, Sitz- und Kaffeeecke und Veranstaltungen gehören. „Wir sind auch Dienstleister“, sagt die Leiterin und meint damit, dass sie Nutzer bei der Recherche unterstützt, bei Bewerbungen, beim Öffnen von E-Mails, beim Ausdrucken von Dokumenten – oder ihnen einfach mal ein offenes Ohr schenkt. „Unser Energiemessgerät ist gerade wieder gefragt“, sagt Wiebke von der Foehr und auch: „Aktuell kommt die Beratung etwas zu kurz.“

Die Unterschriftenliste liegt im Weltladen in Korntal und in den Büchereien bereit. Mitte Oktober, bei der Haushaltskonsolidierungsklausur, diskutiert der Gemeinderat auch über den Stellenplan.