In der Leonberger Innenstadt sind in der Eltinger Straße nicht mehr alle vier Spuren den Autos vorbehalten. Wir haben getestet: Wie kommen Autofahrer mit den neuen Bedingungen zurecht?

Monate, gefühlt Jahre, wurde diskutiert. Jetzt wird es ernst: In der Leonberger Innenstadt startet der Verkehrsversuch. Über ganze sechs Monate wird ausprobiert, ob die Eltinger Straße und die Brennerstraße, zwei wichtige Achsen im Zentrum, mit weniger Platz für den Individualverkehr auskommen.

 

Auf vier Spuren waren bis Montag die Autos buchstäblich die Platzhirsche. Seitdem am Abend zwischen Hallenbad und der Römergalerie Arbeiter anrückten, um gelbe Markierungen und Poller auf den Fahrbahnen anzubringen, gibt es nun viel Raum für Radler und Busse.

Es gibt viele Skeptiker

Während Oberbürgermeister Martin Georg Cohn (SPD) und die Grünen im Vorfeld den Test als Einstieg in eine neue umwelt- und menschenfreundliche „Stadt für morgen“ feierten, gab es auch zahlreiche skeptische Stimmen, besonders aus den Reihen der Wirtschaft und des Handels. Auch den Beiträgen in den Internet-Foren war nicht unbedingt Begeisterung zu entnehmen.

Doch wie sieht es in der Wirklichkeit aus? Wir haben die neue Verkehrsführung am Dienstagnachmittag getestet, einmal kurz vor 15 Uhr und einmal nach 17 Uhr, direkt im Feierabendverkehr.

Wir testen mittags und abends

Dienstag, 14:49 Uhr: Von der Hans-Sachs-Straße biegt unser Testfahrer bei Schaal-Bad in die Brennerstraße ein. Hier gibt es keine separate Spur für Busse und Räder. Die Umbauarbeiten haben noch nicht begonnen. Doch ein Radfahrer scheint die Fahrbahn nun als große Radspur zu interpretieren, in der die Radler automatisch Vorfahrt haben. Mit hohem Tempo saust er in Richtung Leo-Center, die rote Ampel an der Poststraße ignoriert er geflissentlich.

Am Neuköllner Platz knubbelt es sich ein bisschen, so wie immer halt, aber hier ist ja noch „normales Gebiet“. Hinter dem Leo 2000 in Richtung Altstadt wird es dann tatsächlich eng. Die rechte Spur ist nun für Autos tabu, sie ist leer. Links an der Ampel auf Höhe des Hallenbads staut sich der Verkehr.

Alles wie immer

Aber das ist auch sonst so. Denn bisher ist dort die linke Spur in die rechte gemündet. Nun wird die linke Bahn bis zur Einmündung der Steinstraße weitergeführt, dann wird es ohnehin wieder einspurig. Die Autos rollen langsam der Grabenstraße und dem Marktplatz entgegen. Eigentlich auch wie immer.

Zurück geht’s Richtung Leo-Center: Die linke Bahn, die zwischen der Lindenstraße und der Römergalerie den Autos bleibt, kann den Mittagsverkehr gut verkraften. Auf der daneben liegenden sogenannten Umweltspur herrscht gähnende Leere – in der Gegenrichtung übrigens ebenfalls.

Zwischenresümee: Zur Mittagszeit in den Ferien gibt es keine Probleme. Mal schauen, wie es in Richtung Feierabend aussieht.

17.28 Uhr: Einen ersten Hinweis, dass insgesamt weniger los ist als sonst, gibt es am Rewe-Parkplatz in der Römerstraße. Der ist üblicherweise um die Zeit immer voll. Jetzt sind jede Menge Plätze frei.

In der Römerstraße selbst und am Neuköllner Platz herrscht reger Betrieb, dieser Bereich gehört allerdings nicht zum Versuchsgebiet. Nach links geht es in die Eltinger Straße. Und da ist sie: eine Radfahrerin! Sie steuert Richtung rechts gelegene Umweltspur, erkennbar froh, dass es zu den Autos links von ihr genug Abstand gibt.

Kaum Radler unterwegs

Die junge Frau bleibt nicht allein: Kurz vor der Baumhaus-Sauna, die am Hallenbad über die Straße hineinragt, ist ein Mann mit Lastenrad unterwegs. Sein Ziel ist der Bioladen „Mutter Natur“, wie sich später herausstellt. Während die Autos an der Ampel warten müssen, kann der Lastenradler unbehelligt weiter Richtung Marktplatz strampeln.

Die Blechlawine reicht von Höhe Rathaus bis zur hoch gelegenen Sonnenkreuzung. Doch das ist um diese Uhrzeit auch ohne reduzierte Fahrstreifen normal. In der Gegenrichtung knubbelt es sich an der Ampel, wo es rechts in die Lindenstraße abgeht. Dass es hier in den Stoßzeiten eng werden wird, hatten schon im Vorfeld die Simulationen am Computer ergeben.

Richtung Leo-Center sind keine Radler unterwegs. Durch die komplett freie Umweltspur entsteht selbst bei den Autofahrern der Eindruck einer gewissen räumlichen Großzügigkeit. Zumal es rollt.

Fazit : Der erste Tag in der Praxis hat nicht das von einigen befürchtete Chaos gebracht. Aber es sind Ferien, der Verkehr war insgesamt mäßig. Und die Brennerstraße war am Dienstag noch nicht umgerüstet. In einer Woche könnte die Lage anders aussehen.