Weil der Stadt will den Kern des größten Teilorts schützen und den dörflichen Charakter bewahren. Dafür gibt es Geld für Hausbesitzer, die sanieren.

Weil der Stadt - Schön und historisch ist Weil der Stadts gute Stube, nämlich der Marktplatz. Aber auch die Teilorte haben Charme, zum Beispiel der historische Ortskern von Merklingen. Damit das auch in Zukunft so bleibt, greift die Stadt in diesem Jahr zu mehreren Maßnahmen. Hauptpunkt ist ein sogenanntes „Sanierungsgebiet“. Hauseigentümer bekommen also Geld, wenn sie ihre Immobilie auf Vordermann bringen.

 

Die Pläne kommen bei den betroffenen Hausbesitzern an. Das hat eine Untersuchung ergeben, die das Büro „Steg Stadtentwicklung“ aus Stuttgart im Auftrag der Stadt gemacht hat. Dabei geht es in Merklingen um 9,2 Hektar zwischen der Wiesenstraße, der Unteren Talstraße und Hauptstraße. Eine schriftliche Umfrage haben 54 Prozent der Hausbesitzer ausgefüllt und zurückgeschickt – ein vergleichsweise hoher Wert. „Das ist eine sensationelle Quote“, findet der fürs Bauen zuständige Beigeordnete Jürgen Katz. In anderen Kommunen sei man schon froh, wenn sich 20 Prozent der Hausbesitzer beteiligen.

Stadtverwaltung stellt den Antrag bei der Landesregierung

Bis die Merklinger mit der Sanierung ihrer Häuser loslegen können, dauert es aber noch eine Weile. Der Gemeinderat hat im Herbst dem Ansinnen eines solchen Sanierungsgebiets zugestimmt. Jetzt stellt die Stadtverwaltung den Antrag dafür bei der Landesregierung, denn das Land zahlt einen erheblichen Teil der Zuschüsse. Katz rechnet mit einem Satzungsbeschluss zu Ostern – wenn das Land zustimmt, womit aber allgemein gerechnet wird.

Insgesamt könnten die Hausbesitzer dann 2,5 Millionen Euro bekommen. 60 Prozent davon zahlt das Land, 40 Prozent die Stadt. Für die Stadtkasse macht das also einen Betrag von einer Million Euro aus – allerdings verteilt auf die kommenden zehn Jahre. Die genauen Konditionen für Merklingen stehen zwar noch nicht fest. Ein ähnliches Sanierungsgebiet hat Weil der Stadt in der Vergangenheit aber zum Beispiel schon für die Altstadt der Kernstadt erlassen. Dort bekommen Hausbesitzer derzeit 25 Prozent ihrer Sanierungskosten ersetzt, bis zu einem Betrag von 25 000 Euro. Ein Abriss eines baufälligen Gebäudes wird in Weil der Stadt mit 25 000 Euro gefördert. Voraussetzung ist in jedem Fall, dass vorab eine schriftliche Vereinbarung mit der Stadtverwaltung abgeschlossen wird. Das Programm will den Merklinger Ortscharakter erhalten, aber auch das Wohnen im Ortskern, auch das barrierefreie Wohnen, fördern.

Dass in Merklingen Handlungsbedarf besteht, hat die Untersuchung der Steg ebenfalls bestätigt. 53 Prozent der Hauptgebäude und 55 Prozent der Nebengebäude weisen erhebliche Mängel, und acht Prozent der Hauptgebäude sogar substanzielle Mängel auf, heißt es in dem Bericht. Eine energetische Sanierung sei bei einem Großteil der Häuser sinnvoll. 45 Gebäude oder Gebäudeteile in dem Merklinger Gebiet stehen unter Denkmalschutz.

34 Hausbesitzer wollen modernisieren

Die betroffenen Hausbesitzer im Merklinger Ortskern jedenfalls haben Pläne. 34 von ihnen wollen modernisieren und umbauen, zwei von ihnen planen einen Abbruch ihres Hauses und sieben wollen ihr Haus in nächster Zeit verkaufen. Zum Vergleich: 55 Hausbesitzer beabsichtigen keine Veränderung

Außerdem arbeitet die Stadtverwaltung an einem Bebauungsplan für den Merklinger Ortskern. Darin werden dann Vorschriften gemacht, insbesondere zur Gestaltung der Dächer.

Ziel sei es, den „dörflichen Charakter Merklingens“ zu erhalten. Damit es zu keiner Bausünde kommt, bis die Vorschriften erlassen sind, hat der Gemeinderat eine Veränderungssperre erlassen. In den kommenden zwei Jahren kann das Bauamt keine Baugenehmigung mehr erteilen – es sei denn, der Technische Ausschuss des Gemeinderats stimmt zu.

Was ist ein Sanierungsgebiet?

Seit 1971 gibt es in Baden-Württemberg die Städtebauförderung. Seitdem sind in insgesamt 3261 Sanierungsgebiete fast acht Milliarden Euro geflossen – ein „bedeutender Beitrag zur Behebung städtebaulicher Missstände und damit zur Entwicklung von Städten und Gemeinden“, heißt es aus dem Landeswirtschaftsministerium. Dort hat man ausgerechnet, dass die eingesetzten Mittel zu Folgeinvestitionen von etwa 63 Milliarden Euro geführt haben.

Das Geld kommt von Bund, Land und den Kommunen, organisiert werden die Sanierungsgebiete von den Städten und Gemeinden. Ziel ist es, den öffentlichen Raum aufzuwerten, die historischen Ortsstrukturen zu erhalten, dennoch aber an die heutigen Erfordernisse anzupassen. Man will die Wohnverhältnisse verbessern und so die Gesellschaft stärken. Für die Sanierungsgebiete wird eine Fläche definiert. Wenn jemand innerhalb dieser Fläche Immobilien besitzt, kann er Gelder für Sanierungen beantragen.

Derzeit gibt es im Landkreis Böblingen Sanierungsgebiete in den Ortsmitten von Altdorf, Gäufelden, Jettingen, Magstadt und Mötzingen. Eine größere Maßnahme gibt es in Waldenbuch, wo der erweiterte Altstadtkern saniert wird. In Leonberg wird der Bereich Stadtpark/Reiterstadion gefördert, in Herrenberg das Quartier nördlich des Bahnhofs. In der Weil der Städter Kernstadt steht der Marktplatz im Mittelpunkt eines geförderten Sanierungsprogramms. Im Enzkreis nehmen Wimsheim und Mönsheim mit ihren Ortsmitten am Förderprogramm teil.

Gerade abgeschlossen hat die Stadt Weil der Stadt das Sanierungsgebiet Klösterle/Stuttgarter Straße. 2,3 Millionen Euro sind dabei in den vergangenen zwölf Jahren geflossen, davon hat die Stadt Weil der Stadt 930 000 Euro finanziert, der Rest kam von Bund und Land. Wichtigstes Objekt, das Geld bekommen hatte, war das „Klösterle“, ein ehemaliges Kapuzinerkloster, das zum Veranstaltungsraum umgebaut wurde.