Luxus pur: der Lifestyle der keltischen Elite scheute keine Kosten. Zumindest lässt dies das Hochdorfer Grab des Keltenfürsten vermuten.

Eberdingen Wer Geld hat, zeigt das gern mit zur Schau gestelltem Luxus. Wer noch dazu Macht besitzt, demonstriert das bevorzugt mit symbolbeladenen Insignien. Schon bei den alten Kelten, die 500 Jahre vor Christi Geburt auf dem Gebiet des heutigen Kreises Ludwigsburg gelebt haben, hat die Elite Kleidung und Schmuck benutzt, um ihre gesellschaftliche Stellung zu betonen und sich vom Pöbel abzusetzen. Darauf jedenfalls lässt das Grab des keltischen Fürsten in Hochdorf schließen. Es sei originalgetreu mit Werkzeugen nachgebaut, wie sie die Kelten einst benutzten. Daher sehe es aus, wie man es 1978 ausgegraben habe, versichert die Museumsleiterin Simone Stork.

 

Leider sind von den Kelten keine Lifestyle-Zeitschriften und keine Design-Magazine überliefert, die das Dolce Vita der High Society auf dem Hohenasperg in leuchtenden Farben schildern würden. Schrift kannten die Kelten noch nicht.

Alles, was schön und teuer war

Aber die Archäologen können sich aus den Dingen, die sie in Gräbern finden, halbwegs zusammenreimen, wie die Kelten gelebt haben. Nicht allerdings das gemeine Volk, sondern die Upper Class: Wer so begraben ist, wie der Hochdorfer Fürst, muss auf großem Fuß gelebt haben. Offenbar legte er Wert auf alles, was schön und teuer war, und hat keinen Aufwand gescheut – er musste ihn wohl auch nicht selbst treiben.

Die Grabkammer war völlig mit Stoffbahnen ausgekleidet. Der Fürst war gebettet auf einer eleganten Liege aus Bronze, die sich auch heute noch bruchlos in jedes edle Wohnzimmer-Interieur einfügen würde. Kein Bett oder Sofa, sondern ein Möbel für ein Gelage, gepolstert mit einer Matratze, die gefüllt war mit wohlriechenden Kräutern, mit Ross- und Dachshaar. Überzogen war sie mit einem zweifarbigen Stoff aus Hanf und Bast. Getragen wurde die Liege von hübsch gestalteten Frauenfiguren, geschmückt mit Korallen aus dem Mittelmeerraum.

Lifestyle-Produkte aus Griechenland begehrt

Schon damals galten also mediterrane Formen als Inbegriff guten, modernen Designs, nur dass sich die Kelten weniger an italienischen, sondern eher an griechischen Vorbildern orientierten. So findet sich in der fürstlichen Grabkammer auch ein großer Bronze-Kessel aus Griechenland, der mit drei Löwenfiguren verziert ist. Die Kelten waren in der Produkt-Piraterie aber offenbar längst nicht so versiert wie heute die Chinesen: einer der drei Löwen war wohl irgendwann verloren gegangen. Ein einheimischer keltischer Handwerker sollte ihn ersetzen. Doch obwohl er die beiden verbliebenen Löwen als Vorbilder hatte, bleibt das, was er zustande gebracht hat, weit hinter dem griechischen Original zurück.

Und was trug der Mann von Welt damals, für den Geld keine Rolle spielte, die noble Wirkung aber umso mehr? Die Frage lässt sich nur halb beantworten. Die Stoffe und deren Farben kann man gut rekonstruieren, aber die Schnitte sind ein für allemal perdu. So weiß man nicht, hatte es der Fürst gern figurbetont oder lieber sportlich leger. Man weiß nur, er liebte es bunt.

Grünspan hat Stoffe konserviert

Dass man die Stoffe der Kelten recht gut kennt, liegt daran, dass man in Hochdorf dem Fürsten sehr viel Bronze mit ins Grab gegeben und alles mit Tüchern abgedeckt hat. Das Metall bildete Grünspan, und dieses konservierte die Textilien. Man sieht, wie sie gewebt sind, kann analysieren, aus welchen Fasern sie gemacht und mit welchen Mitteln sie gefärbt wurden. Außerdem hat man Webstühle gefunden, die man nachbauen konnte.

So weiß man, dass der Fürst ein edles Gewand mit Pepitamuster trug, fein kariert in Rot und Blau, ein Stoff, den man auch heute noch problemlos etwa für Blusen oder Vorhänge verwenden könnte. Außerdem hat man in der Grabkammer einen kunstvoll gewebten blau gestreiften Stoff gefunden, der mit einer hübschen Borte verziert war.

Jede Menge Gold

Neben den kostbaren Textilien trug der Fürst jede Menge Gold: breite Armreifen, einen Halsring, der vermutlich die gleiche symbolische Bedeutung gehabt habe wie im Mittelalter die Krone der Könige, wie die Museumsleitern sagt, und selbst die Lederschuhe und der Gürtel waren mit viel Goldblech verziert. Nur der Hut war aus Birkenrinde gefertigt, vielleicht der neueste Schrei der damaligen Saison?

Man hat den Fürsten nicht als Kriegshelden, sondern als eleganten Mann des Hofs bestattet, und ihm Geschirr für ein Gelage mitgegeben, nicht Waffen für eine Schlacht und auch keine Survival-Ausrüstung für die Reise ins Jenseits. Dafür aber einen „Ferrari“, wie Stork sagt: einen Wagen, der über und über mit 1300 Eisenteilen beschlagen war. Eisen war damals schwer zu gewinnen, es muss ungeheuer teuer gewesen sein.

Luxus, Repräsentation, kostbares Design, teure Accessoires – wo diese Dinge wichtig sind, brüstet sich die Elite nicht primär mit militärischen Erfolgen, sondern eher mit wirtschaftlichen. Auch das mutet recht modern an.

Auf Tuchfühlung

Eisenzeit
Archäologisch werden die Kelten der Eisenzeit zugeordnet. In China und Ägypten gab es zu dieser Zeit schon Epochen von Hochkultur, in Nordamerika herrschte noch die Steinzeit.

Hohenasperg
Die damaligen Fürsten des Gebiets nördlich von Stuttgart am Neckar, so nimmt man an, haben auf dem Hohenasperg gewohnt. Die Gegend war für damalige Verhältnisse schon dicht bewohnt. In der Umgebung gibt es eine ganze Reihe von prunkvollen Gräbern. Der Grabhügel des Keltenfürsten hatte einen Durchmesser von 60 Metern und war sechs Meter hoch.

Klamotten
Die Kelten haben Stoffe aus Schafwolle, Hanf und Bast gewebt – und sie waren gut darin. Gefärbt haben sie die Stoffe meist mit Hilfe von Pflanzen in aufwendigen Verfahren. Rot hat man zum Teil auch mit Kermes-Läusen erzeugt, die am Mittelmeer vorkommen und auch heute noch sehr teuer sind.