Bernd Kohlhepp und Uli Boettcher begeistern bei Leonpalooza mit einer schräg-brillanten Western-Show.

Leonberg - Markus aus Warmbronn hätte es wissen können. Unsere Zeitung hatte vor einer Woche gewarnt: Wer bei Bernd Kohlhepp und Uli Boettcher in der ersten Reihe sitzt, ist nicht wirklich sicher. Mindestens riskiert man, in die Show mit einbezogen zu werden. Oder man muss sich zumindest als Produzent zur Verfügung stellen.

 

Denn jener ist für die sensationelle Neuauflage des nicht minder legendären Winnetou-Stoffs noch nicht gefunden. Ja, Sie haben richtig gelesen: Winnetou ist nicht tot. Er lebt! Diese weltbewegende Neuentwicklung muss freilich in einem gesonderten Streifen festgehalten werden.

Wer nicht weiß, was damit gemeint ist: Blockbuster nennt sich so etwas neudeutsch. Das Problem bei alledem, wie so oft, ist das Geld. Ein sozusagen potenter Produzent muss her. Für die Winnetou-beseelten Kabarettisten Uli Boettcher und Bernd Kohlhepp ist das Leonpalooza-Festival eine nachgerade ideale Gelegenheit, nämliche Person zu finden – im Publikum vor der Stadthalle.

Über Leonberg nach New York

Ihr erster Aspirant entzieht sich schlicht per Telefon der aussichtsreichen Offerte. Anstatt dem grandiosen Old-Shatterhand-Darsteller Bernd Kohlhepp ein Signal der Verhandlungsbereitschaft zu geben, verzieht er sich hinter die angeleuchteten Bäume des Bürgerplatzes. Sogar sein Bier nimmt er mit. Ein klares Zeichen, dass das Telefonat länger dauert.

Und nicht nur das: Trotz mehrmaliger Nachfrage von der Bühne verweigert sich der auserkorene Produzent der Preisgabe des Namens seiner Telefonpartnerin. Dass es sich um eine Frau handelt, ist für die Akteure oben indes zweifelsfrei.

Böse Halunken

Aber im Grunde haben sie ja gar keine Zeit, sich um den mutmaßlichen Produzenten zu kümmern, steht doch eine gewaltige Reise vom Kaukasus in den mittleren Westen der vereinigten Staaten an.

In erstere Region hat es Old Shatterhand verschlagen, innerlich zermürbt durch den Tod des Blutsbruders Winnetou. Der dortige Landsmann Kessim hat zwar nicht diesen Status, aber er bewahrt den Deutschen immerhin vor den Pranken eines gewaltigen Bärens. Und übermittelt Old Shatterhand per Telegramm die frohe Botschaft, dass Winnetou die feigen Angriffe böser Halunken überlebt hat. Kurzum: Er ist wieder da!

Indianer auf dem Rind

Der Blutsbruder macht sich auf den langen wie beschwerlichen Weg zurück in die neue Welt: via Istanbul, Salzburg, Leonberg, Bremerhaven, über den großen Teich nach New York, wo er sich erst einmal mit trinkfesten wie rauflustigen Iren auseinaneinandersetzen muss. Zum Glück ist sein kaukasischer Freund Kessim erstaunlicherweise früher da und kann ihn buchstäblich raushauen. Die völlig schräge Reise von Bernd Kohlhepp und Uli Boettcher führt nach Santa Fé, wo es nach dem Wegräumen eines Felsblocks auf den Gleisen und anderer Probleme zur ersehnten Begegnung der Blutsbrüder kommt. Die sinnigerweise von deutschem Kulturgut umrahmt wird: „Wer reitet so spät durch Nacht und Wind? Es ist ein Indianer auf seinem Rind“, bedient sich Kohlhepp alias Old Shatterhand bei Goethes Erlkönig.

Am Ende ist alles gut, und das Publikum hat eine ganz selten zu erlebende Form von alltagsbefreiender Unterhaltung und extrem hoher Kunst erlebt. Denn die beiden preisgekrönten Kabarettisten machen nicht einfach nur Spaß. Sie unterscheiden sich wohltuend von den gängigen Comedy-Formaten. Bernd Kohlhepp und Uli Boettcher haben Tiefgang und sind trotzdem völlig schräg.

Nicht nur deshalb ist Nils Strassburg, der Organisator des Leonpalooza-Festivals, nach der ersten Woche mehr als zufrieden: „Als es vor sechs Wochen los ging, haben viele gesagt: Der spinnt ein bisschen“. Jetzt ist Strassburg einfach nur glücklich: „Wir haben ein wahnsinnig dankbares Publikum!“ Weiter geht es am Mittwoch mit Fools Garden,