Bremen will Schottergärten verbieten. Aber muss man dem Bürger wirklich in die Gestaltung seines Vorgartens hineinregieren? Steingärten sind ein Randproblem, meint Norbert Burkert. Das Verbot wäre ein Fingerzeig in die richtige Richtung, widerspricht Martin Willy.

Waiblingen/Bremen - Garten möchte man sie fast nicht nennen: Sie wirken meist tot, steril, in gelungeneren Fällen manchmal auch überdesignt. Wirklich schön sind sie aber nur selten, die mehr oder weniger aufwendig gestalteten Steinwüsten, die offenbar immer beliebter werden. Aber muss man diese Kiesgärten deshalb gleich verbieten? Muss man dem Bürger auch noch in die Gestaltung seines Vorgartens hineinregieren? Und will man dann Gartenpolitessen herumschicken, die Schotterknöllchen verteilen? Schön, wenn Verwaltungen nichts Wichtigeres zu tun haben.

 

Man mag Schottergärten zu Recht für Geschmacksverirrungen oder Umweltfrevel halten, aber wenn das Haus ein kurz geschorener Rasen mit ein paar traurigen Büschen umgibt, sieht das ähnlich trostlos aus – und ökologisch ist es ähnlich fragwürdig: Ein gepflegter Rasen, dank Chemie von Unkraut frei, beherbergt wahrscheinlich nicht viel mehr Leben als die graue „Steinepest“. Doch solche Rasenflächen hat noch keiner zu verbieten versucht.

Übereifer der Behörden

Dass die Sonne Steine aufheizt, stimmt. Doch die Straße vor dem Haus ist ein so potenter Hitzespeicher und -abstrahler, dass der Einfluss der paar Quadratmeter Gartensteine auf das Kleinklima zu vernachlässigen ist. Und wenn dem Hausbesitzer die Hitze lästig wird, wird er wieder Rasen säen oder Mulch statt der Steine verteilen.

Es gibt zu viele begeisterte Hobbygärtner(-innen), als dass zu befürchten wäre, dass sich eine Welle von Schotter über unsere Gärten ergießt. Die Steinwüste ist eine Mode, als solche wird sie bald einer anderen gärtnerischen Vorliebe weichen –spätestens, wenn es sich herumspricht, dass auch Schotterflächen Pflege brauchen, weil sich Unkraut breitmacht. Dann muss man mit dem Kärcher ran oder mit Gift – das ist ebenso lästig wie das Rasenmähen.

Es gab Zeiten, als man Ziegel- und Fassadenfarben strikt festgelegt hat. Die Folge waren trostlos monotone Wohnsiedlungen. Besser, man lässt der Vielfalt des Bürgergeschmacks ihren Raum – und kümmert sich um die wirklich wichtigen Probleme.

Für die Vielfalt der Arten

Grau sind Schottergärten, ab und zu kommt auch noch etwas Schwarz dazu. So sieht es immer häufiger aus vor vielen Häusern in den Kommunen der Region. Schottergärten sprießen regelrecht aus dem Boden, nur wächst dort oftmals nichts, keine Hecke, kein Busch, kein Baum, keine Blume, nicht einmal Gras. Wo Grau statt lebendigem Grün regiert, herrschen schon rein optisch Tristesse und Ödnis – und zudem gibt es so gut wie keinen Lebensraum für Tiere und Pflanzen.

Dabei geht es beim Verbot von Schottergärten um mehr als um psychologische Farbenspielerei oder Werbung für ein wenig Naturraum vor der eigenen Haustür. Wer bauen darf, versiegelt schon genügend Fläche in einem ohnehin dicht besiedelten Ballungsraum. Immer wieder wird beklagt, dass Ackerflächen, Wiesen und Wälder verschwinden, dass Insekten, Bienen und Schmetterlinge aussterben, weil ihnen der Lebensraum fehlt. Da ist es schon verwunderlich, dass Hauseigentümer nicht von sich aus auf die Idee kommen, ökologische Ausgleichsmaßnahmen zu schaffen. Aber ganz offenkundig ist es zu wenig, auf Freiwilligkeit zu setzen. Da erscheint ein Verbot von Schottergärten nach dem Vorbild von Heilbronn als ein wichtiges Signal, ein Fingerzeig in die richtige Richtung.

Ein Nein zur Langweile

Und wenn das Waiblinger Landratsamt sagt, ein solches Verbot könne nicht viel bewirken, dann ist die Frage, was die Verantwortlichen von den vielen anderen Bestimmungen halten, die sie überwachen müssen. Ja, es gibt schon jetzt einen Wust an Bauregularien. Aber das ist kein Argument, um auf eine zeitgemäße Ergänzung zu verzichten. Stattdessen könnte man andere, viel überflüssigere Punkte streichen. Es finden sich immer noch Verbote von Dacharten, Fassadenfarben oder Ziegelsorten. Des Stadtbilds wegen, heißt es. Das Verbot von Schottergärten wäre nicht bloß Kosmetik, nicht bloß ein Nein zu Ödnis und Langweile in den Straßen. Vielmehr wäre das Instrument ein Ja zu ein wenig mehr Grün und Natur im Stadtbild. Deshalb spricht viel dafür, es punktuell einzuführen.