Die Narrenzunft macht Thilo Schreibers Traum endlich wahr.

Weil der Stadt - Was trinken wir dazu? Neben der Suche nach dem Protokollanten ist das die wichtigste Frage einer jeden Gremiensitzung. Karlfriedrich Blumhardt war mit den Alten Herren der Narrenzunft eigens bei der Mostprobe, um bei der narreten Sitzung am Donnerstagabend das adäquate Getränk servieren zu können. Eine Mischung aus 20 Prozent Birnen und 80 Prozent Äpfeln? „Zu bitter“, berichtet Blumhardt. Fass Nr. 6 mit 100 Prozent Äpfeln?

 

„Der, der das probiert, stellt fest ratzfatz / das kannst du nicht trinken, das ist für die Katz“, sagt der Architekt und blickt in die erste Reihe, dorthin, wo der Erste Beigeordnete sitzt. Also hat wenigstens Jürgen Katz einen passenden Abendtrunk, und die Sitzung kann beginnen.

Denn einmal im Jahr wird Weil der Stadt richtig regiert. Die Stadtspitze, bestehend aus dem Bürgermeister Thilo Schreiber und seinem Vasallen Katz war, wie berichtet, schon am Sonntag abgesetzt worden. An ihrer Stelle sitzen jetzt Zunftmeister Daniel Kadasch und sein Beigeordneter, der neue stellvertretende Zunftmeister Tobi Reim. Mit Engelsgeduld haben wir das AHA-Kyrillisch des Narrete-Sitzungs-protokolls entschlüsselt.

Vor Eintritt in die Tagesordnung bekommen Thilo Schreiber und Jürgen Katz nochmals die Möglichkeit, ihr Nichtstun zu rechtfertigen, wobei die Reime noch ein bisschen wackelig sind. „Vom draussa vom Wald komme mir her / m’r senn beide Nordschwarzwälder“, leitet der aus Sulz kommende Schreiber die Verbindung zu seinem Neuling Jürgen Katz ein, der in Freudenstadt geboren wurde: „Jetzt semma zamma, s’ isch koi Witz / in Weil der Stadt die Verwaltungssbitz.“ Und weiter: „Wir zwei passet guad zamma, denget dra / wie Weil der Stadt und die AHA.“

Katz selbst plädiert auf Unschuld: „I be der Nei, s’ isch no ned weit / grad middle in d’r Probezeit.“ Schließlich rekurriert er auf das Bekenntnis der beiden. „En Keplers Stadt, zwei helle Stern / zwar Protestanta meine Herrn!“

Nachverdichtung und Katz und Maus

Probleme über Probleme hatten Schreiber und Katz übrig gelassen. Denn die Stadt wächst und wächst, und die Infrastruktur kommt nicht nach. „Das klappt hier nicht, wie man jüngst sah / also ist das ein Fall für den Technischen Ausschuss der AHA“, berichtet Timon Hiller: „Wohnraumverdichtung bedeutet Bauen auf wenig Platz / so verdichten Schreiber und Katz.“ Kein Wiesle und Bäumle bleiben mehr übrig. Die Lösung für die angepeilten 20 000 Einwohner sind riesige Center, und zwar für jede Branche. Da bekommt das örtliche Bestattungsinstitut Gann viel zu tun: „Das Wohnhaus, wie es der Städter bisher kennt / das bring’ mer zum Gann, da wird’s versenkt“, kündigt Hiller an.

Große Center werden auch für die Gastronomie angeschafft, für Flüchtlinge aus Baden und Bayern und für Parkplätze. Probleme bereitet nur noch der Baumarkt, der leer steht. „Das lösen wir auch ganz charmant / mit einer Doppellösung, elegant“, erklärt TA-Mitglied Timon Hiller. „Die Idee fiel uns quasi in den Schoß / ein Center für Bau – und für Eros.“

Dabei stoßen die Narrenpolitiker auch auf den eigentlichen Grund für Thilo Schreibers Ambitionen, Große Kreisstadt zu werden. „Denn jetzt ist es egal, ob die Idee gut oder schlecht / mit 20 000 Einwohnern hast du das Recht / zu bauen das, was hier noch fehlt / ein Rotlichtschuppen, und das ist alles, was zählt.“

Sein Mäusle hat Thilo Schreiber im vergangenen Jahr gefressen, und dafür ein Kätzle bekommen. Darauf zielen auch die Alten Säcke ab, die Fasnets-Emeriti älteren Semesters, die traditionell ein Lied zur Melodie der „Schwäb’schen Eisenbahnen“ anstimmen. „Schultes Schreiber aus onserer Stadt / bloß einen kleinen Geldsack hat / er will es besser ... und des ratzfatz / aus dem Sagg lässt er sei Katz“, singen sie.

Indien und Frauenquote

Pfarrer Anton Gruber ist ebenfalls dichtend unterwegs und berichtet, zusammen mit seiner evangelischen Äquivalentin Eva Ulmer, aus Indien, seinem diesjährigen Urlaubsziel, samt Kuh und Taj Mahal. „Indien heißt das Land der Fantasie / ich bin überzeugt, da waren die meisten von Euch noch nie.“ Im Norden die höchsten Berge, im Süden das Meer – da müssten alle hin.

In den Wahlkampf stimmen schließlich die Zigeuner ein, die für die Gemeinderatswahl im Mai die „Liste AHA“ vorstellen. „Als Hex steh i für den schnellen Entscheid / die Vertagerei der Themen, die isch’s mir leid“, heißt es in der gesungenen Wahlwerbung. Mit ein bisschen Hexen sei auch die Stadtkasse wieder aufgefüllt. Und überhaupt: Stehen nicht alle Gruppen für die ideale Politik? Die Zigeuner sind kundige Wegebauer, die Spicklingsweiber treiben die Frauenquote nach oben, die Steckentäler sind Umweltexperten und die Teufel sorgen für die nötige Hitzigkeit.

Da wird das Protokoll leider unscharf...