Wegen der hohen Infektionszahlen waren  strengere Corona-Auflagen geplant. Doch eine Gerichtsentscheidung funkt dazwischen.

Enzkreis - Die Menschen in Heimsheim, Mönsheim, Friolzheim und Wimsheim könnten bald nachts zuhause bleiben müssen. Der EWnzkreis hat aufgrund einer weiterhin hohen Sieben-Tage-Inzidenz von über 200 am Donnerstag erwogen, wie die Stadt Pforzheim und der Kreis Calw eine nächtliche Ausgangssperre zu verhängen. Eine entsprechende Anordnung sollte bis zum Abend vorliegen.  Doch kurz nach dem Redaktionsschluss für die gedruckte Zeitung wurde folgende Pressemitteilung verschickt: "Sowohl im Kreis als auch in der Stadt wird auf strengere Regeln gewartet. Diese aber werden entgegen der Planung am Donnerstag nicht mehr erlassen – weder für den Kreis noch für die Stadt." 

 

Hintergrund seien mehrere Eilanträge gegen die Verordnung, die das Gesundheitsamt des Enzkreises am 4. Dezember für die Stadt Pforzheim erlassen hat. „Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat uns heute Abend überraschend über eine aktuelle Entscheidung dazu informiert“, sagte der Erste Landesbeamte, Wolfgang Herz, laut der Mitteilung. 

"Das Gericht hat in seiner Entscheidung nicht die Inhalte in Frage gestellt, sondern die Praxis, Maßnahmen wie die für Pforzheim oder die geplanten für den Enzkreis im Wege von Allgemeinverfügungen zu erlassen“, sagte Herz weiter. Die sehr ausführliche Begründung müsse zunächst bewertet werden und danach auch noch einmal mit dem Sozialministerium gesprochen werden. „Es macht keinen Sinn, für den Enzkreis eine praktisch identische Verfügung zu erlassen wie die, die dem Gericht zur Entscheidung vorlag und bei der das Gericht doch deutliche Bedenken hatte“, so Herz. Genauso verhalte es sich aus seiner Sicht mit einer vorgesehenen Allgemeinverfügung für das Stadtgebiet. Dort war auch eine Ausgangssperre am Tag vorgesehen gewesen. Prinzipiell sei das Land gefordert, sehr schnell eine neue Corona-Verordnung zu erlassen.

Dem schloss sich am Donnerstagabend auch Pforzheims Oberbürgermeister Peter Boch an: Er hatte zwar schärfere Regeln eingefordert, „aber die müssen natürlich dann auch vollziehbar sein.“ Ein Hin und Her sei dem Bürger jedenfalls nicht zu vermitteln: „Solche gravierenden Einschränkungen des öffentlichen Lebens wie Ausgangsbeschränkungen müssen natürlich vor Gericht Bestand haben, das ist Teil unseres Rechtsstaats“, sagte Boch

Grund für die geplante Verschärfung der Corona-Maßnahmen war die sich zuspitzende Lage im Enzkreis. Am Montag kletterte die Sieben-Tage-Inzidenz erstmals über die 200er-Marke. Das heißt, dass sich innerhalb von einer Woche mehr als 200 Menschen pro 100 000 Einwohner mit dem Coronavirus infiziert haben. Diese Marke wurde drei Tage in Folge nicht wieder unterschritten.

Von 21 Uhr bis 5 Uhr daheim

Nach einer kürzlich erlassenen Corona-Verordnung des Landes war das Landratsamt gezwungen,  Konsequenzen ziehen: Wie zuvor in der Stadt Pforzheim, in der die Lage noch prekärer ist, war  Ausgangssperre zwischen 21 und 5 Uhr vorgesehen. Das bedeutet: Bis spätestens 21 Uhr muss jeder Einwohner in seiner Wohnung sein und darf sie bis 5 Uhr nicht wieder verlassen, egal ob zu Fuß oder mit dem Auto. Das gilt übrigens nicht nur für die Anwohner, sondern ebenso für Besucher. Auch diese müssen das betroffene Gebiet bis zum Beginn der Sperrzeit wieder verlassen haben.

Natürlich gibt es Ausnahmen, zum Beispiel, wenn jemand aus beruflichen Gründen außerhalb der Sperrzeiten rausmuss. Ebenso, wenn Gefahr für Leib und Leben oder das persönliche Eigentum besteht. Menschen dürfen weiterhin medizinische und veterinärmedizinische Versorgung wahrnehmen, Ehegatten, Lebenspartner oder enge Verwandte besuchen.

Auch der Besuch von Alten, Kranken oder Menschen mit Einschränkungen ist erlaubt, wenn sie Unterstützung brauchen. Selbst das Gassigehen mit dem Hund ist erlaubt – jedoch nur als Einzelperson.

Besucher von vollstationären Einrichtungen für Menschen mit Pflege- oder Unterstützungsbedarf oder mit Behinderungen, Krankenhäusern, Intensivpflege-WGs, Altenheime und Seniorenresidenzen müssen eine FFP2-Maske tragen.

Beschäftigte in den Einrichtungen, die im direkten Kontakt mit Bewohnern stehen, müssen einen Antigen-Test machen lassen und diesen wöchentlich wiederholen. Auch sie müssen bei Kontakt mit Dritten ständig eine FFP2-Maske tragen. Öffentliche und private Sportstätten werden zusätzlich für den Schulsport geschlossen. Verboten werden alle Veranstaltungen, ausgenommen von Religions-, Glaubens- und Weltanschauungsgemeinschaften zur Religionsausübung. Dazu gehören auch Bestattungen.

Kein Alkohol in der Öffentlichkeit

In Pforzheim gilt außerdem an Werktagen zwischen 7 Uhr und 19 Uhr eine uneingeschränkte Maskenpflicht in bestimmten innerstädtischen Bereichen. Ausgenommen davon sind Kinder unter sechs Jahren sowie Menschen, die aus medizinischen Gründen keine Maske tragen dürfen. Diese brauchen eine entsprechende Bescheinigung.

Der Ausschank von alkoholischen Getränken ist in der Zeit von 17 Uhr am Abend bis 6 Uhr früh verboten. Grund dafür war die wiederholt aufgetretene Gruppenbildung im Umfeld entsprechender Betriebe. Ob und für welche Gebiete solch eine Maskenpflicht oder Ausschankbeschränkungen auch im Enzkreis gelten werden, ist noch offen.

In jedem Fall wird die neue Corona-Verordnung für Schulen zum Tragen kommen, berichtet das Landratsamt. Die Verordnung wurde zum 8. Dezember vom Kultusministerium erlassen. Sie beinhaltet Regelungen für Schulen in Stadt- und Landkreisen mit besonders hohen Inzidenzwerten. Im Unterricht wird also eine durchgängige Maskenpflicht gelten für Schüler ab der fünften Klasse aufwärts. Bei einer Inzidenz über 300 wie aktuell in Pforzheim wird zudem ab Klasse 8 Fernunterricht eingeführt. Ausgenommen davon sind nur die Abschlussklassen.

Fernunterricht ab Klasse 8

Außerunterrichtliche Veranstaltungen sind nicht erlaubt, wohl aber Berufspraktika. Auch ein Wechselbetrieb zwischen Präsenzunterricht und Fernunterricht ist bei so hohen Inzidenzzahlen ab der achten Klassenstufe möglich. Dieser erfolgt aber nicht automatisch, sondern wird für jede Schule individuell diskutiert.