Ein Fachbüro hat errechnet, dass Besitzer von bebauten und versiegelten Grundstücken zu viel für die Entsorgung des Niederschlagswassers bezahlen.

Rutesheim - Das Schmutzwasser wird in Rutesheim um sechs Cent je Kubikmeter teurer. Die Gebühr für das Niederschlagswasser geht dafür um sieben Cent je 1000 Liter zurück. Diesen Beschluss hat jüngst mit erheblichem Widerwillen der Gemeinderat mehrheitlich getroffen. Dabei hatte er kaum Entscheidungsspielraum, denn er musste den rechtlichen Vorgaben des Kommunalabgabengesetz folgen.

 

Demnach wird nun die Schmutzwassergebühr von 2,05 Euro je Kubikmeter auf 2,11 Euro für einen Kubikmeter erhöht. Die Niederschlagswassergebühr muss von 65 Cent je Kubikmeter auf 58 Cent pro Kubikmeter gesenkt werden.

Laut dem Kommunalabgabengesetz müssen Gebühren für öffentliche Einrichtungen kostendeckend sein. Macht eine Kommune dabei Miese, kann das innerhalb von fünf Jahren ausgeglichen und in die Gebührenkalkulation einbezogen werden. Wird dagegen Gewinn gemacht, muss auch der innerhalb von fünf Jahren an den Gebührenzahler zurückgegeben werden. Gegebenenfalls können auch die Gebühren gesenkt werden.

Gesplittete Abwassergebühr seit 2010

Zum 1. Januar 2010 hat Rutesheim die gesplittete Abwassergebühr eingeführt und ein Jahr später zum letzten Mal erhöht. Seither betrug die Gebühr 2,05 Euro für 1000 Liter eingeleitetes Schmutzwasser. Berechnet wird die Gebühr nach dem sogenannten Frischwassermaßstab. Das heißt, die Menge an Trinkwasser die verbraucht wird, ist auch die, die für die Schmutzwassergebühr relevant ist. Beim Niederschlagswasser kommt es auf die bebaute oder befestigte Fläche eines Grundstücks an. Hier lag die Gebühr bei 65 Cent je Quadratmeter undurchlässiger Fläche.

Nun hat die Stadt ein Fachbüro mit der Gebührenkalkulation beauftragt, und da haben sich Verschiebungen zwischen Schmutzwasser- und Niederschlagswassergebühr ergeben. Während davor zu wenig Geld über die Gebühren eingenommen wurde, sind in den Jahren 2018 und 2019 insgesamt 205 021 Euro zu viel in die Stadtkasse geflossen. Das muss in den Jahren 2021, 2022 und 2023 mit jeweils 68 340 pro Jahr (davon je 54 672 Euro für Schmutzwasser und 13 668 Euro für Niederschlagswasser) ausgeglichen werden.

Mehr Einnahmen bei Schmutzwasser

Mit den neuen Gebührensätzen erfolgt im Wesentlichen eine Umverteilung. Nun nimmt die Stadt im Jahr rund 28 800 Euro mehr Geld für Schmutzwasser und rund 48 500 Euro weniger für Niederschlagswasser ein. Entlastet werden vor allem Gewerbebetriebe mit großen, befestigten, an das Kanalnetz angeschlossenen Flächen. Mehr belastet wird, wer mehr Schmutzwasser einleitet. Laut einer Berechnung der Kämmerei ergeben sich für die Bürger je nachdem eine Mehrbelastungen von 1,11 Euro pro Person und Jahr oder eine Gebührenentlastung von 80 Cent pro Person und Jahr.

Die Stadt Rutesheim hatte zehn Jahre lang eine stabile Abwassergebühr. Doch die Kosten der Abwasserbeseitigung steigen weite. Hinzu kommt, dass die Verbraucher verstärkt Wasser sparen. Weil erhebliche Investitionen in die Kläranlage und die Kanäle der Stadt anstehen, muss für die nächsten Jahre mit weiteren Gebührenerhöhungen gerechnet werden.

Nicht hilfreich für Hochwasserschutz

Überhaupt nicht im Sinne der Stadträte ist, dass die Niederschlagswassergebühr gesenkt wird. „Im Grundsatz sind Spielräume, um Gebühren ermäßigen zu können, erfreulich“, sagt der CDU-Gemeinderat Ralph Lange. „Bei der Niederschlagswassergebühr ist das jedoch nicht gut. Dies ist im Hinblick auf die notwendige Neubildung des Grundwassers und für den notwendigen Hochwasserschutz nicht hilfreich. Niedrigere Niederschlagswassergebühren verleiten eher dazu, mehr Flächen zu versiegeln“, befürchtet er.

Richtig erbost zeigt sich Gabl-Stadtrat Fritz Schlicher. „Es hat Jahrzehnte gedauert, bis die gesplittete Abwassergebühr in Baden-Württemberg angekommen ist. Sie ist verursachergerecht und trägt dazu bei, das Grundwasser zu schützen und Hochwasserereignissen entgegenzuwirken“, sagt er. Deshalb hat er einer Reduzierung dieser Gebühr nicht zugestimmt. Sein Fazit: „Das ist kontraproduktiv.“

Drei Gegenstimmen der Grünen

Bedauern über die „leider notwendige Reduzierung“ dieser Gebühr äußert auch der BWV-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Diehm. Zugleich wollte er wissen, ob die Gebühr noch ausreichend hoch ist, um Fördergelder für die notwendigen Investitionen in der örtlichen Kläranlage zu bekommen. Da kann ihn Stadtkämmerer Rainer Fahrner beruhigen, weil der Schwellenwert für eine Förderung bei einer Gesamtgebühr (Abwasser und Frischwasser) von 5,90 Euro pro Kubikmeter liegt und dieser Wert in der Summe erreicht und sogar überschritten wird. Und so wurden mit 15 Ja-Stimmen und den drei Gegenstimmen der Grünen-Fraktion die neuen Gebühren abgesegnet.

Schon jetzt zeichnet sich ab, dass die Gebühren wohl bald weiter steigen werden. Allein für die Rohrnetzunterhaltung sind 2021 rund 311 000 Euro im Haushalt stehen. Mit dieser Summe ist auch in den Folgejahren zu rechnen, was deutlich über dem bisherigen langjährigen Durchschnitt von etwa 220 000 Euro liegt.

Auch die Umlage an den Zweckverband Renninger Wasserversorgungsgruppe (Betriebs- und Festkostenumlage) für die Entnahme von Wasser zieht an. Die Umlage hat sich von jährlich rund 340 000 Euro in den Jahren 2012 bis 2016 auf nunmehr 490 000 Euro erhöht. Um die Versorgungssicherheit zu garantieren, investiert der Zweckverband in den Folgejahren mehrere Millionen Euro in neue Anlagen. Dafür stehen auf der Ertragsseite vor allem Erlöse aus der Wasserabgabe zur Verfügung. Im Jahr 2020 hat das rund eine Million Euro eingebracht. Nach der geplanten Wasserzinserhöhung können ab dem Jahr 2021 jährlich Erträge in Höhe von 1,2 Millionen Euro erzielt werden.