Die Zehnjährige braucht viel Pflege. Viele helfen nun, das Elternhaus für sie umzubauen.

Rutesheim - Das Elternhaus der schwer kranken zehnjährigen Ida aus Perouse kann umgebaut werden. Der Technische Ausschuss des Gemeinderates hat in seiner jüngsten Sitzung den Bauantrag einstimmig gebilligt. Ein möglicher Anbau wurde bereits in der Juli-Sitzung beraten. Damals war ein zweigeschossiger Anbau auf der Nordseite im Gespräch. Doch bei einem Ortstermin sei festgestellt worden, dass diese Veränderung den Nachbarn erheblich beeinträchtigt hätte.

 

„In einem Beratungsgespräch wurde dann der Vorschlag vertieft, einen eingeschossigen Anbau auf der Südseite vorzusehen“, erläutertet der Stadtbaumeister Bernhard Dieterle-Bard. Der Plan sieht ein neues Wohnzimmer vor, in den Maßen vom 3,50 mal 7,80 Meter. Dafür gibt es eine Befreiung vom Bebauungsplan „Bauplatzwiesen“ aus dem Jahr 1972, da die Überschreitung des Baufensters vertretbar sei, Angrenzer nicht beeinträchtigt werden und eine Terrasse für die Dachgeschosswohnung vorgesehen ist.

Im Haus muss dringend das Bad umgebaut werden, damit Ida angemessen gepflegt werden kann. Außerdem entsteht ein Zimmer, das genügend Platz für ihr Krankenbett und medizinische Geräte bietet. Das alles ist notwendig, weil die Zehnjährige auf den Rollstuhl angewiesen ist. Das ist die Folge einer seltenen Krankheit, die nicht einmal einen Namen hat. Seit fast zehn Jahren bestimmt sie das Leben von Ida und den Alltag ihrer Familie.

Die Krankheit ist äußerst selten

Begonnen hat alles, als das Kind sechs Monate alt war. Zuerst in den Augen, dann in Nase und Ohren traten Granulome auf – Zellwucherungen. Diese mussten immer wieder operativ entfernt werden. Auch den Morgen ihrer Taufe im Juli 2009 musste sie deshalb in der Notfall-Ambulanz verbringen. In ihren ersten zehn Lebensjahren hatte das Mädchen mehr als 20 große Operationen und etwa 300 ambulante Termine in verschiedenen Abteilungen der Uniklinik Tübingen.

Ein Granulom ist eine knötchenförmige Ansammlung der Fresszellen des Immunsystems (Makrophagen). Mit diesen kämpft es gegen Bedrohungen von außen an. Manche Granulome entwickeln eine bindegewebige Kapsel, andere weisen in ihrem Zentrum abgestorbene Zellen auf. Granulome entstehen, wenn die Makrophagen etwa Bakterien, Parasiten oder Fremdkörper nicht abbauen können, wodurch eine chronische Entzündung entsteht. Im Granulom wird der körperfremde Eindringling verkapselt und so an einer weiteren Ausbreitung gehindert, damit der Körper sie bekämpfen kann.

Granulom in der Luftröhre

Im Juni 2018 führte ein nicht erkanntes Granulom in der Luftröhre des Kindes dazu, dass sich das Leben von Ida und der ganzen Familie grundlegend veränderte: Ida ist völlig unerwartet fast daran erstickt. Nach 15 Minuten konnte sie erfolgreich reanimiert werden, doch der Vorfall hat schwerwiegende Folgen. Es folgten Wochen im Koma auf der Intensivstation des Kinderkrankenhaus „Olgäle“ in Stuttgart. Die ersten Aussagen der Ärzte waren alles andere als gut: Große Teile ihres Gehirns gelten seither als irreparabel geschädigt. Da es bisher keinen medizinisch ähnlichen Fall gibt, in dem Granulome auch in der Luftröhre wachsen, gibt es deshalb keinen Namen für die Krankheit.

Ida, 10 Jahre Foto: privat
Nahezu ein Jahr war die Zehnjährige in einem Rehabilitationszentrum in Gailingen am Bodensee und kämpfte sich mit Kraft und Geduld ins Leben zurück. Sie spricht wieder gut, kann ihre Arme und Hände koordinieren. Und sie geht wieder erste Schritte. Allerdings liegt noch ein langer Weg vor ihr. Im Juni durfte Ida wieder nach Hause.

Wohnhaus ist nicht barrierefrei

„In Perouse erfährt die Familie eine außergewöhnliche Solidargemeinschaft und es ist ein großes Fest gewesen, als das Mädchen wieder nach Hause kommen konnte“, erinnert sich der Erste Beigeordnete Martin Killinger. Die Stadt hat über ihre Sozialstiftung geholfen. Doch das Wohnhaus der Familie ist nicht für die Herausforderung angelegt, die die Pflege eine Kindes im Rollstuhl darstellt. Zum einen ist das Bad zu klein. So muss das Mädchen bis heute zu den Großeltern gebracht werden, um versorgt zu werden. Auch ist ein Zimmer notwendig, das genügend Platz für ihr Krankenbett und die medizinischen Geräte bietet.

Auf das Schicksal von Ida ist auch der Weissacher Verein „Helfen mit Herz“ aufmerksam geworden. Und der hat sich zum Ziel gesetzt, die Familie, die dieses Vorhaben finanziell nicht leisten kann, zu unterstützen. Die engagierten Mitglieder um den Vorsitzende Frank Bauer haben jüngst einen „Carwash-Day“ in Flacht veranstaltet, bei dem 5000 Euro an Spendengeldern eingegangen sind. Und Angela Schenkel vom örtlichen Fliesenfachbetrieb hat sich bereit erklärt, die kompletten Fliesenarbeiten inklusive Material in Idas Elternhaus zu übernehmen

„Lichtblicke“ hilft

Die Hilfsaktion „Lichtblicke“ unserer Zeitung schließt sich dem Vorhaben des Weissacher Vereins an. „Dank der Großzügigkeit unserer Leserinnen und Leser haben wir die Möglichkeit, das Vorhaben mit 20 000 Euro zu unterstützen“, sagt LKZ-Geschäftsführer Uwe Reichert, der Vorsitzende des Trägervereins „Bürger helfen“.

Die Koordination der Umbaumaßnahmen kann Idas Onkel übernehmen, der als Bauleiter arbeitet, hat Frank Bauer in Erfahrung gebracht. Und er ist stolz und dankbar, dass sich viele weitere Unterstützer gemeldet haben, die helfen wollen.