Die Gemeinderäte sind stinksauer auf den Calwer Landrat und die Landesregierung. Die Bürgermeister Faißt und Schreiber erwägen rechtliche Schritte gegen das Bahnprojekt. Die SPD schreibt an Fraktionschef Claus Schmiedel.

Renningen/Weil der Stadt - Die Diskussion über die Schienenverbindung zwischen Calw und Renningen spitzt sich zu. Am Donnerstag trifft sich der Renninger Bürgermeister Wolfgang Faißt mit dem Calwer Landrat Helmut Riegger, am Freitag mit dem Weiler Bürgermeister Thilo Schreiber. Die beiden Schultheißen wollen sich von einem Anwalt beraten lassen. „Wir planen harte rechtliche Schritte“, hat Faißt im Gemeinderat gesagt. Ob damit eine Klage gemeint ist, lassen sie noch offen, deuten es aber an. Auch die Renninger SPD hat einen offenen Brief an den SPD-Landtagsfraktionschef Claus Schmiedel geschrieben. „Miteinander reden schadet nie“, erklärt der Renninger Fraktionschef Thomas Mauch darin. Die Genossen sind sauer.

 

Wie auch der gesamte Renninger Gemeinderat, das wurde am Montagabend deutlich. „Das fuchst mich tierisch“, erklärt etwa der CDU-Rat Wolfgang Steudle, „wir werden hier einfach übergangen.“ Er könne nicht verstehen, wie Landespolitiker einfach etwas beschließen könnten. „Das ist genau das, was die Vertreter der neuen Landesregierung immer ihren Vorgängern vorgeworfen haben.“ Auch der Bürgermeister Wolfgang Faißt stellte klar, dass er seine Bedenken gegenüber dem Verkehrsministerium und dem Eisenbahnbundesamt noch einmal erklärt habe.

Vorwurf: Kirchturmdenken und Kleinkariertheit

Der Calwer Landrat Helmut Riegger habe sich an ihn gewandt und um ein Gespräch gebeten – dieses werde am Donnerstag stattfinden. „Ich habe ihm aber auch schon gesagt, dass es kontraproduktiv ist, dem Gemeinderat Kirchturmdenken und Kleinkariertheit vorzuwerfen“, erklärte der Bürgermeister. Ihm sei signalisiert worden, dass das weitere Verfahren auf höheren Ebenen ablaufen und nur im Bundesanzeiger veröffentlicht werden soll, sozusagen dem Amtsblatt der Bundesregierung. „Das bekommen wir im Zweifel gar nicht mit“, sagte Faißt. Es fehle dem gesamten Verfahren an Transparenz.

Auch sein Weiler Amtskollege Thilo Schreiber versteht jetzt keinen Spaß mehr. „Es gibt viele offene Fragen“, erklärt er. Die Sorgen, dass ein paralleler Betrieb von Hesse-Bahn und S-Bahn auf der einspurigen Strecke den Takt störe, seien nicht entkräftet. Zudem frage er sich, warum die Reaktivierung der alten Schwarzwaldbahn ohne förmliches Planfeststellungsverfahren auf den Weg gebracht werden könne.

Um diese Fragen zu klären, wollen sich die beiden Kommunen auch anwaltlich beraten lassen. „Wir wollen unsere Rechtsposition ausloten“, sagt Thilo Schreiber. Und Wolfgang Faißt sagt in der ihm eigenen Art: „Wir wollen mit rechtlicher Härte damit umgehen.“ Wobei er Wert drauf legt, dass man keine „Totalverweigerung“ betreibe, sondern eben nur Bedingungen stelle. „Es kann aber nicht belanglos sein, was die Renninger sagen“, schimpft Faißt, „hier wird auf unserer Markung geplant.“

Deutliche Worte des SPD-Fraktionschefs

Deutliche Worte findet auch der Renninger SPD-Fraktionschef Thomas Mauch in Richtung der eigenen Genossen in Stuttgart. „Es ist immer interessant, wenn bedeutende Landespolitiker vor Ort persönliche Meinungen zum Besten geben“, schreibt er in einem offenen Brief an Claus Schmiedel. Dieser hatte vergangene Woche erklärt, die Hesse-Bahn müsse wenn, dann zwingend bis Renningen fahren. Und das Projekt habe hohe Priorität.

„Problematisch wird das Ganze nur, wenn es einen einstimmigen Gemeinderatsbeschluss gibt, den auch die örtliche SPD-Fraktion mitgetragen hat“, schreibt Mauch weiter. Sein Fraktionskollege Reinhard Händel formuliert es noch deutlicher: „Wir stehen hier wie begossene Pudel da.“ Mauch weist den Chef der SPD-Landtagsfraktion auf die offenen Fragen hin und zweifelt, ob eine Investition davon abhängen könne, ob man zwei Mal umsteigen müsse, einmal in Weil der Stadt, einmal in Renningen. Auch die Frage des Lärms durch den Dieselbetrieb sei ungeklärt.

Mauch schlägt sogar vor, die alte Idee einer S-Bahnverlängerung bis nach Calw wieder ins Spiel zu bringen. Dann gibt er dem Genossen in der Landeshauptstadt einen freundlichen Hinweis: „Sie sehen, die Welt erscheint einem manchmal ganz einfach und ist es dann bei näherem Hinsehen halt doch nicht.“ Die SPD werde sich weiterhin für die Renninger und Malmsheimer einsetzen und die „nötigen Differenzierungen“ vornehmen, schließt Mauch. Bei solchen Schnellschüssen werde der SPD-Ortsverein „ganz schnell unruhig“.

Und was sagen die Renninger Grünen zu der Debatte? Im Gemeinderat schwiegen sie dazu, auf Nachfrage erklärt die Spitzenkandidatin Martina Siedentopf: „Wir befürworten die Hesse-Bahn, und zwar bis Renningen.“ Allerdings nur elektrifiziert, nicht als Dieselbahn. Aber ein Umstieg in Weil der Stadt und Renningen sei nicht attraktiv. Daher habe die Ökopartei auch dem Gemeinderatsbeschluss nicht zugestimmt.