Die Unternehmer Ralf Nerling und Andreas Hadler geben den Anstoß, dass für Mittelständler ein Kontingent reserviert wird. So wie Bosch wollen auch sie ihren Mitarbeitern eine garantierte Kinderbetreuung bieten – und so Fachkräfte gewinnen.

Renningen - Ralf Nerling ist 75 Jahre alt und Mitinhaber der gleichnamigen Firma Nerling Systemräume GmbH, die 50 Angestellte in Renningen und Warmbronn hat. Das Tagesgeschäft hat er an seinen Sohn Olaf abgegeben. Doch das Unternehmen liegt ihm am Herzen, und ihn treibt eine strategische Sorge um: Wie können kleine und mittlere Unternehmen Fachkräfte gewinnen? Schließlich ist mit dem Bosch-Forschungszentrum ein großer Konkurrent auf dem hart umkämpften Arbeitsmarkt für Ingenieure aufgetaucht.

 

Beim Technologiekonzern auf der Schillerhöhe hat man schon vor der Ansiedlung in Malmsheim auf Familienfreundlichkeit gesetzt, in den Renninger Einrichtungen 30 sogenannte Belegplätze reserviert und sich an den Baukosten für Kitas beteiligt. Damit können auch Mitarbeiter, die nicht in Renningen wohnen, ihre Kleinen in der Nähe ihres Arbeitsplatzes betreuen lassen.

Warum aber sollte so etwas nicht für die vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen möglich sein? Ralf Nerling hat sich die Frage gestellt: „Wie schaffen wir es, dass die Ingenieure zu uns kommen und nicht gleich zu Bosch?“ Neben der familiären Atmosphäre eines kleineren Betriebs hat er vor allem eine gute Kinderbetreuung als wichtigen Faktor ausgemacht.

Nerling hat einen Gleichgesinnten getroffen: Andreas Hadler, Vorstand des Renninger Rollier-Technologie-Unternehmens Baublies und seit 2009 Bezirkspräsident der Industrie- und Handelskammer (IHK). Beide sind auf die Stadtverwaltung zugegangen – und auf offene Türen gestoßen. So entstand die Idee, einen Pool an Kita-Plätzen für Mittelständler zu schaffen, auf den dann deren Mitarbeiter zugreifen können. Ein Infoabend für die Renninger Wirtschaft wurde organisiert, bei dem die Ludwigshafener Professorin Jutta Rump über Fachkräfte-Sicherung sprach.

Immerhin drei Firmen haben sich konkret bereit erklärt, in den „Kita-Pool“ einzuzahlen. „Es geht hier um langfristige Verträge über 15 Jahre“, stellt Ralf Nerling klar, „da muss erst einmal vorab investiert werden.“ Die Liste möglicher Interessenten ist allerdings weitaus länger. Der Bürgermeister Wolfgang Faißt ist von der Idee angetan: „Das ist eine gute Initiative.“

Allerdings ist das Ganze nicht so einfach. Denn wenn eine Vielzahl von Wünschen einzelner Mitarbeiter der beteiligten Firmen zentral gesammelt werden muss, steigt der Verwaltungsaufwand. „Das können wir nicht ohne zusätzliches Personal leisten“, stellt der Schultes klar. So kam man auf eine ungewöhnliche Konstruktion: Das in Sindelfingen und Renningen ansässige Steuerberaterbüro Kurz und Mössner soll mit ins Boot.

Vertreter der Kanzlei waren bei dem Infoabend ebenfalls mit an Bord. Eigentlich sollten sie nur steuerrechtliche Fragen klären. Etwa, ob Unternehmen die Kosten für Kinderbetreuung von der Steuer absetzen können. Nun sollen sie auch die Verträge mit den Firmen abschließen und ein Modell ausarbeiten, wie die individuellen Betreuungswünsche unter einen Hut bekommen werden. Die Stadt hätte also keinen Verwaltungsaufwand.

Klingt nach einer klassischen Win-win-Situation – doch der Teufel steckt im Detail. „Das ist alles nicht so einfach, wie ich mir das vorgestellt habe“, meint Ralf Nerling. Daher wird man wohl erst einmal klein starten – mit drei Firmen, die jeweils einen Kita- und einen Kindergartenplatz buchen. „Das Ganze soll langsam wachsen“, meint auch der Bürgermeister.

Doch aus Nerlings Sicht lohnt es sich. „Wir zeigen damit, dass wir uns um die familiären Verhältnisse unserer Mitarbeiter kümmern“, sagt der 75-jährige Seniorunternehmer. Er hat dabei nicht nur die 50 Mitarbeiter im Auge, die derzeit für Nerling arbeiten – sondern auch die künftigen, die er erst noch gewinnen möchte.

Aber auch für den Handwerksmeister oder ein Software-Unternehmen könnte der Pool spannend werden. Nun hofft man, dass das Projekt in den nächsten Monaten schnell konkrete Gestalt annimmt.