Mit „Jeppe vom Berge“ bietet das Naturtheater Renningen ein Theaterstück, das die Zuschauer amüsiert und gleichzeitig zum Nachdenken anregt. Trotz unsicheren Wetters ist die Premiere gut besucht gewesen.

Leonberg -

 

Die Geschichte des trunksüchtigen Jeppe, einem im Grunde ehrlichen und treuherzigen Bauern, der zum Spielball des Baron und seinem Gefolge wurde, das ist der Stoff, den Regisseur Clemens Schäfer seinem Naturtheater-Publikum zugänglich machen wollte. Und die Premiere am Samstag hat die zahlreichen Zuschauer überzeugt.

Das Werk von Ludvig Holberg hat Regisseur Schäfer sofort gefallen. Holberg war Schriftsteller und Philosoph der Aufklärung. Geboren in Bergen (Norwegen) lebte er von 1684 bis 1754. Sein Protagonist Jeppe ist ein armer Kerl. Hat außer seinem Alkohol nicht viel Freude am Leben. Tyrannisiert und geschlagen von seiner Frau Nille, verliert er schnell jeglichen Bezug zur Realität. Vieles scheint ihm gleichgültig. Selbst das Liebesverhältnis seiner Frau zum Küster belastet ihn nicht sonderlich. Doch es ist das Gefühl an der Oberfläche, welches zu sehen ist. Die Emotionen tief im Inneren – sie bleiben anfänglich verborgen.

Jeppes Mimik unterstreicht seinen Seelenzustand

Thomas Vogel verkörpert Jeppe vom Berge eindrücklich. Gerade noch bei klarem Verstand, stolpert und fällt der Schauspieler schon in der nächsten Minute scheinbar angetrunken über die Naturbühne. Er hält lange Monologe, die er mit seiner Mimik passend zum Seelenzustand unterstreicht. Auch Jeppes Ehefrau, Nille, konnte ihrer Schauspiellust freien Lauf lassen. Da wurde geschrien, geprügelt und verzweifelt mit den Füßen gestampft. Julia Bläsi spielte glaubhaft eine wahrlich zornige Frau. Mit ihrem Stock namens Erich drischt und haut sie ungebremst auf den armen Jeppe ein.

Das Geld zum Einkaufen versoffen und auf einem Misthaufen eingeschlafen, finden der Baron Nilus und sein Gefolge den armen Jeppe in einem jämmerlichen Zustand vor. Die Idee, aus ihm einen Edelmann zu machen, erfreut die Gesellschaft. Ein bitterböser und hinterhältiger Plan, der Jeppes Leben zu zerstören droht. Doch was so ausweglos und dramatisch aussieht, ist in Wahrheit eine Chance auf einen Neuanfang.

So sind es der Baron Nilus, gespielt von Michael Kreim, die Frau des Barons (Marion Petsch), die Sekretärin (Waltraud Lemmle), der Verwalter (Ulrich Schmudlach) und die Diener (Martina Stenger) und (Jonathan Geyer), die Jeppe erst in Bedrängnis und später auf den richtigen Pfad führen. Waltraud Lemmle und Marion Petsch brillierten hier insbesondere in ihren komödiantischen Rollen. Als Advokaten verkleidet gackerten und babbelten sie um die Wette.

Nicht weniger amüsant waren die Auftritte von Ulrich Schmudlach. Spätestens als Frau des Verwalters verkleidet, spielte er sich in die Herzen des Publikums, mit dem er frech kokettierte.

Der Regisseur hat den Schluss im Stück verändert

Anhand eines getanzten Walzers zeigten Thomas Vogel und Ulrich Schmudlach ihren Hang zur Komik. Jeppes Gesicht fest gegen die Brüste der Verwalterfrau gedrückt, schmusten, flirteten und tanzten sie wild miteinander. Der Kammerdiener (Norbert Seiler), der Diener Erich (Samuel Schradi) und der Wirt, verkörpert durch Johannes Schultheis, gaben dem Theaterstück glaubhaft den letzten Schliff. Der Regisseur blieb mit seiner Fassung nahe am Originalwerk. Änderte hier und da lediglich sprachliche Details, obwohl ihm nach eigenem Bekunden gerade die alte Sprache im Stück sehr zusagte. Doch gegen Ende ging Clemens Schäfer einen ganz eigenen Weg. „Zum Ende hin habe ich Holbergs Fassung deutlich verlassen. Ich habe nicht den Text geändert, aber die Aktion“, betont er. Denn: „Wenn einer so tief fällt, braucht er eine Läuterung.“

Auf diese Weise kann sich das Publikum über einen letztendlich doch glücklichen Jeppe freuen, der mit seiner Frau Nille in ein neues, harmonisches Leben startet.

Kostüme und Theaterkulisse zeigen auch in diesem Jahr wieder gut durchdachte Details. Dabei ist es eine Freude, den Blick über die Freilichtbühne schweifen zu lassen. Mit den Musikarrangements und Liedtexten ist es Randy Lee Kay im Abend- wie auch im Kinderstück gelungen, Charaktere musikalisch zu unterstreichen. So sind die Mitglieder des Naturtheaters nicht nur herausragende Persönlichkeiten ihres Fachs, sondern auch Teamplayer. Eine Eigenschaft, die die kommende Aufführungen und Projekte mit Erfolg krönen sollte.