Der Reiseautor Dennis Gastmann war in Japan unterwegs und hat darüber geschrieben. Das klingt einfacher, als es ist. Seine japanische Frau Natsumi hat ihn vor so manchem Fettnäpfchen bewahrt. Und heim wollte er irgendwie auch nicht mehr. Warum?

Waldenbuch - Der Hamburger Buchautor Dennis Gastmann hat Einblicke in die Welt der Milliardäre gegeben und unbekannte Orte aufgespürt. Jetzt entdeckt er Waldenbuch. Am Mittwoch, 16. Januar, berichtet der ehemalige Fernseh-Journalist bei einer Lesung in der Oskar-Schwenk-Schule von seinen Abenteuern in Japan. Welche Rätsel er vor Ort gelöst hat und warum ihn das geheimnisvolle Land im Inneren berührt, erzählt er im Interview.

 

Herr Gastmann, Reiseberichte über Japan gibt es zuhauf. Warum brauchen wir ein weiteres Buch über das Land des Lächelns?

Dieses Buch war mir ein persönliches Anliegen. Die Mutter meiner Frau Natsumi stammt aus einer alten Samurai-Familie. Ich habe gemeinsam mit ihr einen Sommer lang den Inselstaat und seine Menschen entdeckt. Die familiären Verbindungen haben Türen geöffnet, die sonst verschlossen geblieben wären. So entsteht ein sehr lebendiges und privates Mosaik vom Leben in Japan. Das war tatsächlich nicht ganz einfach, denn die japanische Familie ist ein sehr empfindliches und intimes Gebilde, das auf konservativen und traditionellen Regeln basiert. Wären wir nicht verheiratet, wären die Besuche gar nicht möglich gewesen.

Dass man Interna aus dem Umfeld der Familie nun in einem Buch nachlesen kann, hat niemanden gestört?

Die bilateralen Verhandlungen hat meine Schwiegermutter übernommen. Meine Frau war meine härteste Lektorin und hat mich vor so manchem Fettnäpfchen bewahrt. Obwohl ich vor Ort vieles verstanden habe, was mir vorher rätselhaft erschien, bin ich bis zum Schluss ein Staunender geblieben. Ganz wird es mir wohl nie gelingen, die japanische Kultur zu entschlüsseln.

Manga-Mädchen, Roboterrestaurants, Touristen, die in drei Tagen durch Europa hetzen – die Vorstellungen von Japan schnurren hierzulande auf wenige Klischees zusammen. Welche haben sich auf Ihrer Reise denn bestätigt, welche konnten Sie als falsch entlarven?

Vieles was aus Japan kommt, wird bei uns als verrückt belächelt. Wenn man sich die Mühe macht, genau hinzuschauen, gibt es für alles einen Grund. Der Cousin meiner Frau hat zum Beispiel nur vier Tage Urlaub im Jahr. Es gibt für ihn im Betrieb einfach keinen Ersatz. Seine Hochzeitsreise war aus diesem Grund bereits nach drei Tagen wieder beendet. Als absoluter Nonsens hat sich das Gerücht entpuppt, in Japan könne man gebrauchte Mädchenunterhosen aus Automaten ziehen. Die Witzeleien über die übertriebene Toilettenhygiene hingegen haben einen ernsten Hintergrund. Ich habe alle Funktionen ausprobiert und dabei festgestellt, wie rückständig wir hier in dieser Beziehung sind.

Was können wir noch von den Japanern lernen?

Es ist mir nach keiner Reise so schwer gefallen, wieder nach Hause zu kommen. Das Sanfte, Behutsame und die Höflichkeit haben mir lange Zeit sehr gefehlt. Die japanische Kollektivgesellschaft mag Nachteile haben, insgesamt habe ich aber den Eindruck, dass man besser aufeinander achtet. Ich habe viel Wärme gespürt, obwohl man körperlich auf Distanz bleibt. Auf der praktischen Seite habe ich festgestellt: Das alltägliche Leid eines deutschen Bahnreisenden wäre in Japan nicht möglich. Der Hochgeschwindigkeitszug Shinkansen hat übers Jahr gesehen 36 Sekunden Verspätung. Was die Japaner machen, das machen sie zu 100 Prozent.

Dennis Gastmann ist Anfang Januar in Baden-Württemberg auf Lesereise. Auf Einladung der Stadtbücherei Waldenbuch stellt er sein neues Buch „Der vorletzte Samurai“ auch am Mittwoch, 16. Januar, um 19 Uhr im Forum der Oskar-Schwenk-Schule in Waldenbuch vor. Der 40-jährige Reiseautor und Schriftsteller liest ausgewählte Passagen vor, erzählt von seinen Abenteuern und zeigt Filme und Fotos der Reise. Infos unter www.stadtbuecherei-waldenbuch.de.