Die Stadt hat eine Firma beauftragt, alle Straßen zu bewerten. Diese muss genau analysieren, wann eine Straße zuletzt saniert wurde, was der Bau damals gekostet hat und wie viel bereits abgeschrieben ist.
Kommende Woche entscheidet der Gemeinderat über den ersten doppischen Haushalt. „Das ist schon ein Meilenstein“ , erklärt Ulrich Knoblauch. Auch wenn damit das Projekt noch lange nicht abgeschlossen ist. Denn erst 2021 ist die Eröffnungsbilanz fertig, in der steht, wie vermögend die Stadt insgesamt ist. Solange enthält der Haushalt noch Schätzungen.
Die Gemeinderäte selbst mussten sich da richtig hineinfuchsen. Zwei sehr intensive Abende mit jeweils vier Stunden haben sie zugebracht, die Doppik kennenzulernen. Andere Kommunen haben sich dafür externe Referenten eingekauft. „Mein Anspruch war es, das selbst zu erklären“, sagt Knoblauch. „Und das hat auch gut geklappt.“
Umstellung war ein Kraftakt
Seit 2012 ist der 47-Jährige Kämmerer in Weil der Stadt, und auch für ihn war die Umstellung ein Kraftakt. Seit einem Jahr muss er rund die Hälfte seiner Arbeitszeit nur für die Umstellung aufwenden. „Es macht aber auch Spaß“, sagt Ulrich Knoblauch. „Bis zur Eröffnungsbilanz werde ich auf allen städtischen Grundstücken gestanden haben.“ Das sind alle Straßen, Feldwege und landwirtschaftliche Grundstücke – eine Zahl im vierstelligen Bereich.
Aber was bringt es, zu wissen, wie viel die Stuttgarter Straße in der Altstadt wert ist? „Zunächst einmal nichts“, sagt Knoblauch. „Die Stuttgarter Straße wird mir niemand abkaufen.“ Das ist der Unterschied zur Sinnhaftigkeit der doppelten Buchführung in einem Unternehmen.
Bei Kommunen geht es daher um einen zweiten Aspekt der Doppik. Denn wer den Wert kennt, weiß, wie viel eine Straße verschleißt – wie viel man also theoretisch in ihren Unterhalt stecken müsste. „Somit macht die Doppik transparent, ob wir den Ressourcenverbrauch mit unseren Einnahmen abdecken können“, erklärt der Kämmerer. „Wer das nicht kann, lebt von der Substanz.“ Das wollte der Gesetzgeber bei den Kommunen verhindern. Land und Bund ersparen sich übrigens die Umstellung und bleiben bei der Kameralistik. „Spannend zu sehen ist es nun, wie viel Arbeitsaufwand uns die Doppik dauerhaft beschert“, sagt Ulrich Knoblauch. Denn das wird sie. Nur ein Beispiel: Verzeichnet ist der Weil der Städter Waldbesitz. Wenn nun der Borkenkäfer einen größeren Schaden anrichtet, schlägt sich das in der Bilanz nieder. „Alles, was die Stadtverwaltung tut, müssen wir künftig bilanzieren“, sagt er. Und sei es nur die Ausmusterung von sechs Stühlen.