Eine Machbarkeitsstudie bewertet den weiteren Ausbau positiv. Nun sollen die betroffenen Kommunen ins Boot geholt werden.

Böblingen - Der Landkreis Böblingen ist Vorreiter in Sachen Radschnellwege – darauf ist der Landrat Roland Bernhard stolz. „Wir haben zwar ein gutes Radwegenetz, aber wir müssen noch mehr für die Pendler tun“, betonte er in der Sitzung des Verkehrsausschusses des Kreistags. Und so hat der Landkreis nicht nur als erster in Baden-Württemberg mit dem Bau einer Radschnellverbindung begonnen: der zwischen Stuttgart und Böblingen sowie Sindelfingen. Er gehört überdies zu den ersten im Regierungsbezirk Stuttgart, die eine kreisweite Machbarkeitsstudie zu dem Thema vorstellen. Mit dieser Machbarkeitsstudie wollte der Landrat erörtern, wie der Radschnellweg weiter ausgebaut werden kann, wenn im Frühjahr der Abschnitt zwischen Böblingen/Sindelfingen und Stuttgart fertig ist.

 

Das auf Stadtplanung und Mobilitätsforschung spezialisierte Hamburger Büro Orange Edge war mit der Studie beauftragt worden, deren Ergebnisse der Geschäftsführer Henrik Sander im Umwelt- und Verkehrsausschuss vorstellte. Untersucht worden waren zwei Hauptverkehrsachsen im Kreis und eine, die in den Kreis Ludwigsburg hineinreicht.

Von Weil der Stadt nach Korntal-Münchingen

Die Verbindung, die in den Kreis Ludwigsburg hineinreicht, ist die von Weil der Stadt über Renningen und Leonberg nach Korntal-Münchingen. Eine Achse führt von Herrenberg über Nufringen, Gärtringen, Ehningen und Böblingen/Sindelfingen nach Stuttgart. Die zweite Achse verbindet Renningen mit Magstadt, Sindelfingen, Böblingen, Holzgerlingen und Weil im Schönbuch. Auf allen Strecken erarbeitete man zwei Varianten.

„Wichtig ist, dass die Wohngebiete durch die Radschnellwege mit den Gewerbegebieten in der Region verbunden werden“, erklärte Sander. Der Weg solle beispielsweise direkt am Daimler-Werk und am Industriegebiet Hulb vorbeiführen. „Zusätzlich ist eine Anbindung an Bus und Bahn nötig“, betonte Sander. Eine 77 Kilometer lange sogenannte Vorzugsroute hatte sich dabei herauskristallisiert, die zumindest in weiten Teilen den hohen Standards entspricht, die vom Land für Radschnellwege festgelegt wurden. Vier Meter breit müssen sie sein, möglichst kreuzungsfrei und mindestens fünf Kilometer lang. Die gute Nachricht dabei ist: „Wir können zu 90 Prozent auf bereits bestehende Wege zurückgreifen“, sagte Sander.

Die Kosten für die gesamte Route werden mit etwa 105 Millionen Euro angegeben, wobei ein Kilometer Radschnellweg etwa 1,3 Millionen Euro kosten würde. „Das ist ein guter Mittelwert. Im Ruhrgebiet kostet der Kilometer für den Radschnellweg etwa 1,8 Millionen Euro“, erklärte Sander zum Vergleich. Rechnen würde sich diese Investition laut einer Kosten-Nutzen-Analyse, wenn mehr als 2000 Radfahrer den Radschnellweg täglich nutzen würden. Auf der Vorzugsroute variiert das Nutzerpotenzial je nach Abschnitt zwischen 1200 und 4300 Radfahrern pro Tag. Die Kosten-Nutzen-Analyse fällt laut Sander insgesamt positiv aus.

„Die Kosten sind geschätzt, und der Nutzen bleibt sehr vage.“

„Mir fällt es noch schwer, mir vorzustellen, wo die 4000 Radfahrer herkommen sollen“, äußerte sich der Leonberger SPD-Kreisrat Peter Pfitzenmaier skeptisch. Mit der Kosten-Nutzen-Analyse war auch der FDP-Kreisrat Dieter Maurmaier (ebenfalls Leonberg) unzufrieden: „Die Kosten sind geschätzt, und der Nutzen bleibt sehr vage.“ Claus Unger (CDU) wollte es ebenfalls genauer wissen: „Wir sollten uns auf reale Zahlen stützen und dafür die Radfahrer mit Zählgeräten erfassen.“ Diese Forderung will der Landrat erfüllen und die Zahlen erheben, „bevor es an die Finanzierung geht“.

Trotz der vereinzelten Kritik waren sich alle Mitglieder des Kreistags einig, auf der Grundlage der Machbarkeitsstudie weitere Schritte einzuleiten. Der Beschluss erging einstimmig. „Als Nächstes wollen wir gemeinsam mit den betroffenen Städten und Gemeinden Lösungen erarbeiten“, kündigte der Landrat Roland Bernhard an. Auch eine öffentliche Veranstaltung sei geplant, bei der die Bürger über die Radwegepläne informiert werden.