Sebastian Werbke macht im Jubiläums-Jahr der Gruppe Radl auf die Probleme der Fahrradfahrer aufmerksam.

Leonberg - Das hat es schon lange nicht mehr gegeben, dass ein Legionär auf der Leonberger Römerstraße gesichtet wurde. Doch tatsächlich pendelt hier einer auf dieser so wichtigen städtischen Ost-West-Verbindung auf seinem treuen Drahtesel. Der unverkennbare rote Borstenkamm wippt auf dem goldenen Helm.

 

Sebastian Werbke ist der Legionär, seit dem frühen Morgen befährt er stilecht die Römerstraße. Er ist nicht allein unterwegs, im angehängten Streitwagen begleitet ihn einer der lebensgroßen schwarzen Leonberger Hunde des Konzeptkünstlers Ottmar Hörl. Göttlichen Beistand auf der Strecke leistet Götterbotin Mercurius alias Gudrun Sach, Vorsitzende des BUND Leonberg. Auch Bernd Murschel, Rainer Schmidt, Willem Wejn und Joachim Schröder, alles engagierte Radler und Umweltschützer, begleiten Werbke zumindest teilweise.

Gelder sind bewilligt

Sebastian Werbke, Grünen-Gemeinderat und aktiv bei Radl dabei, will mit dieser Aktion auf die desolate Situation für Radfahrer in Leonberg hinweisen. „Gelder für den Ausbau und die Instandsetzung der Leonberger Radwege sind bewilligt worden, aber es tut sich einfach nichts“, sagt der engagierte Gemeinderat.

Lesen Sie hier: Auf zwei Rädern lebt es sich gefährlich

Im Jahr des 25. Radl-Geburtstages hat die Gruppe einen Schwerpunkt ausgemacht, auf den besonderes Augenmerk gelegt werden soll, in der Hoffnung, dass es gelingt, im Lauf des Jahres wenigstens auf dieser einen Strecke spürbare Verbesserungen zu erreichen. Von der Feuerwache in der Römerstraße geradeaus durch zur Sozialstation In der Au am anderen Ende sind es hin und zurück drei Kilometer, das bedeutet rund eine Viertelstunde strampeln. Die Strecke entlang der stark frequentierten Ost-West-Verbindung in der lebhaften Stadtmitte erfordert volle Aufmerksamkeit: Autos, eilige Fußgänger, impulsive Kinder, locker angeleinte Hunde und rote Ampeln, da heißt es aufpassen.

Strenge Ordnungshüter

Baustellen versperren den Weg, und am westlichen Ende der Römerstraße, an dem die Straße rechts in die Gartenstadt führt, wachen die Ordnungshüter streng über die Einhaltung der Verkehrsregeln: Wer aus der Stadt kommend an dieser Stelle mit dem Fahrrad bei Rot den Haltestreifen überfährt, um auf den dahinter beginnenden, unter der Brücke durchführenden Fußweg mit „Rad frei“-Hinweis abzubiegen, riskiert eine saftige Strafe.

Lesen Sie hier: Hier hakt es im Radverkehr besonders

„Es muss doch möglich sein, bei all den aktuellen Baumaßnahmen ein durchgängiges Konzept zu erstellen und umzusetzen, welches für alle Verkehrsteilnehmer klar macht, wo sie sich sicher bewegen können“, ärgert sich der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Bernd Murschel.

60 Kilometer in fünfeinhalb Stunden

Denn es geht bei den Forderungen der Radl-Gruppe und der Grünen im Gemeinderat nicht um ideologische Auseinandersetzungen, sondern ganz konkret um Sicherheit, Luftreinhaltung und Umweltschutz: „Vor allem das Gebiet Stohrerstraße und Gerhart-Hauptmann-Straße mit den Schulen in unmittelbarer Nähe ist eine Todesspirale“, findet Werbke nach den ersten 60 Kilometern. Da hat er die Strecke schon 20 Mal zurückgelegt und ist seit rund fünfeinhalb Stunden unterwegs.

„Solange Eltern ihre Kinder nicht mit dem Rad zur Schule schicken wollen, weil die Strecke zu gefährlich ist, werden Schüler weiterhin mit dem Auto gebracht werden“, ist Murschel überzeugt. Schlecht für das Durchatmen in der Stadt, und eigentlich vermeidbar. Für die Gruppe ist das ein Ansporn, sich weiter ungebremst für eine radsicheres Leonberg einzusetzen: „Die Ergebnisse des Fahrradklima-Tests bestätigen, wie groß der Handlungsbedarf in unserer Stadt immer noch ist. Wir belegen bundesweit Platz 326 mit der Schulnote 4,2“, resümiert der kommissarischer Radl-Sprecher Reinhard Siegfarth.

Abbruch wegen Gewitter und Muskelkrämpfen

Sebastian Werbke schwingt sich indessen wieder auf den Drahtesel, ein paar Runden will er noch zurücklegen. Doch Gewitter und Muskelkrämpfe zwingen ihn dann doch zu einem frühzeitigen Ende. Bis dahin hat er gut 80 Kilometer in rund sechseinhalb Stunden zurückgelegt. „Wenn man einfach auf einem ordentlichen Radweg durchradeln könnte, würde es deutlich schneller gehen“, ist er überzeugt, auch mit Blick auf die Pendler, für die ein gut ausgebautes Radverkehrsnetz ein Ansporn für den Umstieg auf das Jobrad wäre.