Bei einem Prozess vor dem Amtsgericht bringt sich eine Frau mit ihrer Aussage in Schwierigkeiten.

Leonberg - Sandra De Falco ist eine besonnene Richterin. Mit viel Einfühlungsvermögen leitet sie ihre Verhandlungen und sorgt in der Regel für eine ruhige und entspannte Atmosphäre. Doch bei einem Prozess wegen Wohnungseinbruchsdiebstahl brachte eine Zeugin die Amtsrichterin doch ein wenig aus der Fassung, sodass De Falco sich zu klaren Worten in ungewohnter Lautstärke veranlasst sah.

 

Die Zeugin hatte im August vergangenen Jahres die Polizei gerufen, weil ein Bekannter ihre Wohnungstüre in Leonberg eingetreten habe. Er habe nach Geld und Zigaretten gesucht, ein Glas zerdeppert, als er eine Tischdecke vom Tisch zog, und am Ende ein Polo-Shirt ihres Sohnes mitgenommen. Er habe gedroht, wenn sie zur Polizei gehe, breche er ihr den Kiefer wie einer Bekannten vor einigen Jahren. Deswegen musste sich der 44-jährige Mann vor dem Schöffengericht verantworten, die Anklage lautete auf schweren Diebstahl, Nötigung und Sachbeschädigung.

„Ich war aufgewühlt“

Der 44-Jährige stritt dies jedoch ab und erklärte, er habe die Türe nicht eingetreten, sondern habe nur seinen Fuß zwischen Tür und Rahmen gestellt, als die Frau die Tür zuwerfen wollte. Dabei sei sie wahrscheinlich beschädigt worden. Er sei an diesem Tag aufgewühlt gewesen und habe sich mit seiner Bekannten gestritten. Er habe jedoch nichts kaputt gemacht und das Polo-Shirt nur mitgenommen, weil er gedacht habe, es gehöre ihm. Das Shirt habe er neben die Mülltonnen geworfen, die Frau habe es dort später wieder gefunden. Die Tür sei schon vor dem Vorfall beschädigt gewesen, dennoch habe er der Frau später 80 Euro für die Reparatur gegeben.

Nachdem zwei Polizisten die früheren Angaben der Frau in weiten Teilen bestätigt hatten, stellte die Frau die Geschehnisse an diesem Nachmittag im Zeugenstand deutlich harmloser dar: Sie sei an diesem Tag sehr aufgewühlt gewesen, weil ihr Stiefvater kurz zuvor gestorben sei und ihr Sohn Geburtstag gehabt habe. Sie habe den Angeklagten, mit dem sie ein Verhältnis gehabt habe, im Hauseingang getroffen, als sie die Wäsche in den Keller bringen wollte. Er habe mit ihr reden wollen, sie habe jedoch ihre Ruhe gewollt und sei nach oben in die Wohnung gelaufen.

Für sie ist der Fall erledigt

Dort habe sie die Tür zuschlagen wollen, doch der Angeklagte habe seinen Fuß dazwischen gestellt. Dabei sei sie wohl kaputt gegangen. „Die Polizei habe ich nur wegen der Versicherung gerufen, die Vermieterin wollte 1600 Euro für die Reparatur“, erklärte die zierliche Frau. Mit den Polizisten habe sie sich nicht gut verstanden, sie habe eigentlich auch gar keine Strafanzeige stellen wollen. Ihr Vater habe ihr später bei der Reparatur der Tür geholfen, das habe 120 Euro gekostet, 80 Euro habe sie vom Angeklagten bekommen. Das Polo-Shirt habe sie später hinter den Mülltonnen wiedergefunden. „Für mich ist der Fall erledigt.“

Angesichts der Unterschiede zu ihrer früheren Aussage erklärte ihr Richterin De Falco, dass sie entweder bei der Polizei oder vor Gericht eine falsche Aussage gemacht habe. Auch als der Oberstaatsanwalt ihr androhte, ein Verfahren gegen sie einzuleiten, weil sie sich entweder wegen Falschaussage oder falscher Verdächtigung strafbar gemacht habe, blieb die Frau bei ihrer neuen Version. „Ich war wütend, weil er den Geburtstag meines Sohnes kaputt gemacht hat, aber ich möchte den Angeklagten nicht belasten.“

Will sie ihn schützen?

Der Oberstaatsanwalt plädierte auf Freispruch, „auch wenn die Bilder von der beschädigten Tür nicht zu der Aussage passen“, meinte er. Letztendlich sprach auch das Schöffengericht den 44-Jährigen von den Vorwürfen der Nötigung und des Wohnungseinbruchsdiebstahls frei, auch wenn es Zweifel an der Aussage der Frau gebe. „Die Aussage scheint mit dem Angeklagten abgesprochen, möglicherweise will sie ihn schützen“, sagte De Falco. Doch das sei nur Spekulation.

Fakt aber ist, dass sich die Zeugin mit ihrer Aussage keinen Gefallen getan hat, bald wird sie sich vor Gericht verantworten müssen – wegen Falschaussage oder falscher Verdächtigung.